Kisselbach
Das Stromnetz der Zukunft entsteht in Kisselbach

Intelligente Stromzähler, wie hier in der Spedition Herbert Susenburger in Kisselbach, sollen dabei helfen, die unterschiedlichen Belastungen der Stromnetze durch die erneuerbaren Energien auszugleichen. Foto: Werner Dupuis

Kisselbach. Mit den erneuerbaren Energien ist das so eine Sache: Mal scheint die Sonne, mal nicht. Mal bläst der Wind, dann wieder nicht. Wie viel Strom über Windräder und Fotovoltaikanlagen ins Netz eingespeist wird, schwankt daher stark. Darauf sind die Kapazitäten der örtlichen Leitungen nicht ausgerichtet. Ein intelligentes Stromnetz soll das Problem lösen: In der kleinen Hunsrückgemeinde Kisselbach wird die Energieversorgungstechnik der Zukunft jetzt getestet.

Von unserer Redakteurin Martina Koch

Kisselbach ist damit neben Wincheringen an der Mosel und Wertachau in Bayern eine von drei Pilotgemeinden in Deutschland. Am Freitag installierten Mitarbeiter des Verteilnetzbetreibers Westnetz in der Spedition Herbert Susenburger die letzte von insgesamt 130 Kommunikationsboxen. In den Privathaushalten und Unternehmen, die an dem von RWE entwickelten Forschungsprojekt teilnehmen, erfassen intelligente Stromzähler den Energieverbrauch.

Über das Glasfasernetz übertragen sie die gesammelten Daten an den sogenannten Smart Operator. Dieser Minicomputer wertet die Informationen über den Stromverbrauch in der ersten Phase des Projekts zunächst nur aus. Neben dem Stromverbrauch sammeln die Zähler auch Daten zur Stromerzeugung, etwa durch die beiden Fotovoltaikanlagen, die die Spedition Susenburger auf dem Firmengelände installiert hat.

Wenn der Smart Operator ausreichend Zahlenmaterial zur Energieerzeugung und zum Verbrauch in der Gemeinde gesammelt hat, soll er in der zweiten Phase des Projekts einzelne Komponenten des Stromnetzes steuern. „Der Strom wird hier in der Gemeinde nicht unbedingt zu dem Zeitpunkt erzeugt, zu dem er auch verbraucht wird“, erklärt Projektkoordinator Achim Schneider. Der Smart Operator soll hier einen Ausgleich schaffen: Im Frühjahr 2014 bekommt Kisselbach einen Batteriespeicher, der immer dann, wenn zu viel Strom im Netz unterwegs ist, Energie speichert und diese an sonnenarmen oder windstillen Tagen wieder abgibt.

Der Smart Operator steuert diesen Prozess und kommuniziert außerdem mit den zwei Stromtankstellen im Ort, an denen Kunden ihre Elektrofahrzeuge aufladen können. Die Technik wird dabei von einer Wetterstation unterstützt, die Prognosen über die Sonnenscheindauer und Windstärken der kommenden Tage abgibt. „Ohne ein intelligentes Stromnetz bliebe nur die Lösung, weitere Leitungen zu verlegen, die dann aber nur zu Spitzenzeiten genützt würden“, gibt Achim Schneider zu bedenken.

Der Smart Operator gleicht zwischen den Zeiten mit hoher und niedriger Stromerzeugung aus und erspart dem Betreiber so kostspielige Investitionen in die Stromnetze. Die Erforschung des intelligenten Stromnetzes lassen sich RWE Deutschland und die beteiligten Partner bis Ende 2014 daher rund 7 Millionen Euro kosten.

In Kisselbach ließen sich die meisten Einwohner gern auf das Experiment für die Energiewende ein. Die Abdeckung ist mit 130 Kommunikationsboxen auf 565 Einwohner gut. Die Testhaushalte sollen später ebenfalls Zugriff auf die Daten über den eigenen Stromverbrauch haben, um Einsparpotenziale erkennen zu können.

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