Reh Kendermann blickt auf herausforderndes Jahr zurück: 2023 ein Umsatzminus von 3 Millionen Euro gegenüber 2022
Das Exportgeschäft hat besonders gelitten – Umsatzminus bei Weinkellerei Reh Kendermann
Black Tower Reh Kendermann
Black Tower ist seit Jahrzehnten die beliebteste deutsche Weinmarke im Ausland und für die internationale Kellerei Reh Kendermann mit Sitz in Bingen nach wie vor das wichtigste Standbein.
GRANT PAYNE. Grant Payne

Bingen. Die Reh Kendermann GmbH Weinkellerei schaut auf ein turbulentes Geschäftsjahr (1. Juli 2022 bis 30. Juni 2023) zurück.

Sie erwirtschaftete einen Umsatz von rund 87 Millionen Euro. Dies bedeutet ein Minus von etwa 3 Millionen Euro im Vergleich zum Vorjahr. Dennoch blicken die Binger zuversichtlich in die Zukunft.

Aktuell startet Reh Kendermann eine strategische Partnerschaft mit dem renommierten Weingut Vollmer aus der Pfalz. Der Standort Bingen wird durch Investitionen weiter gestärkt, hieß es bei der Jahrespressekonferenz. „Bewegend“, so bringt Geschäftsführer Alexander Rittlinger das Geschäftsjahr 2022/23 und die bisherige Entwicklung des laufenden Wirtschaftsjahres auf den Punkt. Inflation, steigende Rohstoffpreise und hohe Zinsen, volatiles Verbraucherverhalten: Die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen waren für Reh Kendermann – wie für die Weinbranche insgesamt – keineswegs ideal.

Neue Weichen in der Distribution stellen

Umsatz- und absatzmindernd wirkten sich zusätzlich der Wegfall von Handelsware aus Italien und der Ausstieg bei einem Discounter aus. Und doch zeigt sich das Unternehmen verhalten optimistisch. Es sei gelungen, wichtige Erfolge in der Distribution zu erzielen und Weichen zu stellen. „Wir schauen trotz der enormen Herausforderungen optimistisch in die Zukunft. Der Markt wird sich erholen“, prognostiziert Alexander Rittlinger.

Aus seiner Sicht ist allerdings ein neues Denken und Handeln in der Branche zwingend notwendig. Winzerinnen und Winzer sollten nicht zum Aufgeben gezwungen sein, weil sich der Weinanbau für sie nicht mehr lohne. „Nur gemeinsam können wir Wein zukunftsfähig halten. Winzerinnen und Winzer, Kellereien und Handel müssen an einem Strang ziehen“, ist Alexander Rittlinger überzeugt. Die Branche kämpfe aufgrund der generell gestiegenen Preise mit einem starken Konsumrückgang, wie die Marktzahlen bestätigen. Daher solle es das Ziel sein, das Kulturgut Wein zu stärken, die Qualität hoch zu halten und die Verbraucher für Wein (wieder) zu gewinnen: „Der Preisdruck muss sinken, der Wert des Produkts muss wieder im Vordergrund stehen. Das gilt für alle Akteure.“

Export in vielen Ländern rückläufig

Vor allem das Auslandsgeschäft belastete das Geschäftsjahr der Kellerei. Nach wie vor exportiert Reh Kendermann in 39 Länder. Das Asiengeschäft konnte sich deutlich erholen, vor allem China legte erfreulich zu. Hingegen tat sich die Weinkellerei mit dem Nordamerikageschäft schwer. Der wichtige kanadische Markt litt überproportional. Auch die skandinavischen Länder entwickelten sich rückläufig. Ursächlich für die Kaufzurückhaltung waren für Alexander Rittlinger eindeutig die hohe Inflation, gestiegene Logistikkosten und Steuern. „Mit der aktuell sinkenden Inflation steigt auch gerade wieder der Absatz“, erläutert er.

Der britische Markt ist für Reh Kendermann traditionell sehr bedeutend. Aufgrund der nach wie vor überaus angespannten Wirtschaftslage und der Verschiebung des Geschäfts zugunsten der Discounter blieb der Absatz bei den großen Händlern hinter den Erwartungen zurück. Auch hier konnte die Kellerei die gestiegenen Kosten nur moderat und stark verzögert weitergeben. Lebensmitteleinzelhandel und Discounter lieferten sich seit Jahren regelrechte Preisschlachten: „Wir erleben eine systematische Wertevernichtung“, berichtet Alexander Rittlinger. „So eine Entwicklung ist immer gefährlich.“

In den vergangenen Jahren hat sich Reh Kendermann klar auf das Premiumsegment konzentriert und realisiert im In- und Ausland Premium- und Terroirkonzepte. Die Serie Weinhaus Reh Kendermann konnte im Geschäftsjahr deutlich an Absatz zulegen und hat insgesamt ein „all time high“ erreicht.

Black Tower als Standbein

Black Tower ist seit nunmehr Jahrzehnten die beliebteste deutsche Weinmarke im Ausland und für Reh Kendermann nach wie vor das wichtigste Standbein. In Folge des schwächelnden Geschäfts in Skandinavien und im Vereinigten Königreich musste allerdings auch Black Tower Verluste hinnehmen. Derzeit arbeitet die Kellerei an einem Relaunch der Marke Black Tower sowie an Sparkling-Varianten.

Modern, leicht und unkompliziert ist das Profil der Marke Strandgut, die im Geschäftsjahr 2022/23 erneut Rekordabsätze verzeichnete mit knapp 1,3 Millionen verkauften Flaschen. Die Kellerei arbeite am Standort in Bingen an nachhaltigen Produktionsmethoden und reduziere den Verpackungsmüll sowie den Energieverbrauch. Eine Absage hat Rittlinger dem Fairtrade-Siegel erteilt. Es wurde für Weine aus dem südafrikanischen Weingut Napier erreicht. Nun steigt man aus. „Dieses Siegel ist so teuer, an jeder einzelnen Stufe wird verdient.“ red

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