„Auch wenn das musikalische Ergebnis der Probe im Freien nicht das gleiche war wie in einem Raum, ich kann nur Positives berichten“, zieht Bade eine erste Bilanz. Etwas zaghaft hätten die Sänger begonnen – immerhin haben sie die eigene Stimme lange nicht gehört, räumt der Chorleiter ein –, doch am Ende habe der Abend richtig Spaß gemacht. Trotz der vielen Vorgaben, die Sänger und Chorleiter einzuhalten haben. Das Hygienekonzept des Landes sieht neben der dringenden Empfehlung, im Freien zu proben, etwa vor, dass der Mindestabstand zwischen den Sängern aufgrund des verstärkten Aerosolausstoßes beim Singen drei Meter betragen soll. Hierzu muss der Verein eine verbindliche Sitzordnung festlegen. Zudem muss der Sicherheitsabstand zwischen Chorleiter und Chor mindestens vier Meter betragen. Der Abstand könne auf zwei Meter minimiert werden, wenn ein Spuckschutz zwischen Chor und Chorleiter vorhanden ist, heißt es. In Ausnahmefällen ist eine Probe in Innenräumen erlaubt, diese müssen dann ausreichend belüftet werden.
Das alles sind Vorgaben, die für Angelika Hilgert, Kreischorleiterin des Kreischorverbands Hunsrück, nichts mit eigentlichem Chorgesang zu tun haben. „Ein Problem ist, dass sich die Sänger bei diesem Abstand gegenseitig kaum hören“, begründet Hilgert. Auf diese Weise einen guten Zusammenklang herzustellen, scheint der Chorleiterin unmöglich. „Mit meiner Vorstellung von Chorgesang hat das jedenfalls nichts zu tun“, sagt sie. Davon abgesehen sei kaum ein Raum zu finden, in dem ein Chor unter den Vorgaben des Landes proben könnte. Zudem ginge durch den Abstand der Sänger zueinander viel zu viel Klang im Raum verloren. Und im Freien sei das noch problematischer. Hinzu kommt: Viele der Sänger gehören aufgrund ihres Alters zur Risikogruppe. In einem der Chöre Hilgerts etwa sind allein fünf Männer älter als 80 Jahre, in anderen Chören ist die Situation ähnlich. „Da haben schon einige Angst, wieder zusammenzukommen“, weiß die Chorleiterin.
Dass Bade sein Ensemble trotzdem wieder gemeinsam singen lässt, liegt auch daran, dass er den sozialen Aspekt einer solchen Probe nicht außer Acht lassen will. Getreu dem Motto „Wer da ist, ist da“ stellte er selbstverständlich allen Sängern die Teilnahme frei. Dennoch trauten sich auch ältere Mitsänger nach Emmelshausen. „Es ist wichtig, dass diese Laienkultur erhalten bleibt und wir damit ein Signal setzen“, findet Bade. Eine seiner großen Sorgen etwa ist, dass aktive Sänger in der langen Corona-Pause feststellen könnten, dass sie den Probenabend eigentlich doch auch ganz gut anders verbringen könnten und ihn anderweitig verplanen. So will er ihnen – wenn auch unter Abstrichen beim Klang – wenigsten den geselligen Aspekt bieten können. So sieht er gern darüber hinweg, dass gerade auch das gute Hören des Nebenmanns, das unter den derzeitigen Bestimmungen wegfällt, für einen guten Chorgesang wichtig ist. „Das ist uns jetzt mal egal“, sagt er.
Auch wenn die Probe unter freiem Himmel eine normale Probe keinesfalls ersetzen könne, besser als digital, wie Bade es in den vergangenen Wochen auch schon ausprobiert hatte, sei es allemal. Denn am Ende des Probenabends sind alle Sänger frohen Mutes nach Hause gefahren, versichert der Chorleiter. Und allein dafür hat sich der Aufwand schon gelohnt.