„Im Projekt werden anhand unterschiedlicher Methoden Bedarfe der Bewohner erhoben und eine aktive Beteiligung ermöglicht“, heißt es im Förderantrag. Quartiersmanagement wird dort als „Brückenbau zwischen den Bevölkerungsgruppen“ bezeichnet. Was zunächst theoretisch klingen mag, füllt Julian Wagemeier als neuer Quartiersmanager zügig mit Leben: Im Gespräch mit Einwohnern und Firmen hätten sich schon konkrete Handlungsansätze und erste Schritte herauskristallisiert, aber auch manche Vision, berichtet der Caritasverband.
Fruchtbar sei etwa der „Stadtrundgang der (Un-)Möglichkeiten“ gewesen, den Wagemeier Anfang Mai anbot: 17 Teilnehmer flanierten mit ihm durch die Kernstadt und nahmen dabei auch weniger schöne Ecken und Fleckchen in den Blick. Rege sprudelten die Ideen, wie sich dieser Platz oder jene Straße ansprechender oder praktischer gestalten ließen.
Mülleimer wichtig, Markise wünschenswert
Ein Beispiel dafür, wie man mit wenig Aufwand viel bewirken kann, ist der „Hügel der Weitsicht“, wie Julian Wagemeier ihn nennt. Der erhaben gelegene Treffpunkt mit Blick auf die St. Goarer Kirche, Teile des Ortes und Weinberge im Hintergrund wird durchaus rege frequentiert. Für noch mehr Attraktivität fehlt es bloß an kleineren, leicht machbaren Dingen, befand die Gruppe beim Rundgang: Wichtig wäre ein Mülleimer, eine Überdachung oder Markise wären wünschenswert.
Wagemeier rät den Entscheidern indes, diese Dinge nicht einfach anzuschaffen. Er plädiert dafür, bei Planung und Umsetzung auch die hiesigen Menschen einzubeziehen. „Wie könnte die Markise oder die Überdachung denn aussehen?“ Solche Fragen dienen dem Interesse und helfen, die Hügel-Besucher – mehrheitlich Teenager – einzubinden.
Zusammenarbeit mit Uni Koblenz
Angesichts der zusehends alternden Bevölkerung müsse es ohnehin darum gehen, junge Menschen verstärkt anzusprechen, so Wagemeier. In einer Stadt, die zum Leben und Arbeiten einladen soll, muss Wohnraum verfügbar sein – bezahlbar und menschenwürdig. Das ist nur ein Aspekt, der den Caritas-Mitarbeiter mit der ehrenamtlichen Flüchtlingshilfe am Ort verbindet: Der Zuzug von rund 200 Geflüchteten schaffte in der Stadt mit gut 2900 Einwohnern manche Herausforderung.
Ein möglicher Ansatzpunkt: Um freie Wohnungen gezielter anbieten zu können, gilt es, Leerstände zu erfassen. Eine solche Bestandsaufnahme existiert für St. Goar bis dato nicht. Das soll sich bald ändern, denn das Projekt „Urbane Lücken“ von der Universität Koblenz wird in Zusammenarbeit mit der Gemeinde den hiesigen Leerstand erfassen, dessen Ursachen analysieren und Strategien zur Lösung des Problems entwickeln.
Neues “Multi-Kulti-Netzwerk"
Um weitere Mitstreiter zusammenzuführen und Kräfte zu bündeln, hat Julian Wagemeier jüngst das erste Treffen des neuen „Multi-Kulti-Netzwerkes“ initiiert und begleitet. Die Ehrenamtler hoffen auf proaktive Unterstützung. Darin sieht er eine seiner Kernaufgaben: „Quartiersmanager sind Vermittler zwischen Bürgern, der Verwaltung und Organisationen“, erklärt er. Dass Stadtbürgermeister Falko Hönisch das Projekt unterstützt und ihm ein Quartiersbüro im Rathaus bereitstellt, schaffe kurze Wege für alle Akteure. red
Sprechstunde im Quartiersbüro im Rathaus St. Goar (Heerstraße 130) ist jeden Donnerstag von 9 bis 15 Uhr, Besuche sind ohne Anmeldung möglich. Außerdem erreicht man Julian Wagemeier unter Telefon 01590/443 90 56 oder per E-Mail an j.wagemeier@caritas-rhn.de