Zehn bis 15 Jahre sei es her, dass der erste Biber am Simmerbach gesichtet wurde. „Damals waren alle froh, dass sich der Nager hier angesiedelt hat“, erinnert sich Michael Külzer, Sachgebietsleiter Umwelt bei der Kreisverwaltung. Mittlerweile ist die Population im gesamten Kreis auf ein recht hohes Maß angewachsen – und es könnten noch mehr Biber werden, die sich hier wohlfühlen, vermutet Florian Rech von der Unteren Naturschutzbehörde. „Aber irgendwann kommt der Punkt, an dem sich die Freude in Grenzen hält – vor allem bei Landwirten und Wanderern“, räumt Külzer ein. Und auch beim Katastrophenschutz, wie sich kürzlich zeigte.

Betroffen von seinen Baukünsten waren kürzlich Landwirte im Bereich des Simmerbachs und Grundbachs bei Kisselbach, Steinbach und Riegenroth. Dort hat sich Castor fiber, so der lateinische Name des Europäischen Bibers, niedergelassen und eifrig Burgen und Dämme gebaut. In der Folge standen landwirtschaftliche Flächen unter Wasser. Etwa die des Biolandhofs Sehnenmühle, wo das Wasser auch auf eine Hühnerweide gedrückt wurde. „Die Wiesen dort sind arg flach und drainagiert“, berichtet Landwirt Josef Mayer. Zum einen müsse das Wasser aus der Weide, zum anderen seien auch die Drainagen zugeschwemmt, erklärt er die Problematik. Er habe vor, nun entlang der Einzäunung einen Graben zu ziehen, um die Hühnerweide wieder nutzen zu können.
Schlimmer betroffen aber war sein Kollege Jan Mühlberger. „Komplett überflutet waren zwei Hektar, insgesamt waren vier Hektar betroffen“, berichtet der Budenbacher. Dabei handele es sich um Weideland, das so weder nutz-, noch bearbeitbar war. Ausgleichszahlungen sehe das Land Rheinland-Pfalz nicht vor, Ausgleichsflächen gebe es keine. „Im Moment sind wir mit den durchgeführten Maßnahmen aber sehr zufrieden“, sagt Mühlberger. „Bis jetzt hält sich der Biber an die Spielregeln“, sagt er.

Hinter den „Spielregeln“, die der Landwirt anspricht, stehen Maßnahmen, die die Untere Naturschutzbehörde der Kreisverwaltung in Abstimmung mit der Oberen Naturschutzbehörde SGD Nord, der Unteren Landwirtschaftsbehörde, dem Biberzentrum, dem Umweltministerium und den betroffenen Landwirten eingeleitet hat. Im Falle einer betroffenen Fläche von Jan Mühlberger hieß das etwa, den Damm an zwei Seiten abzubauen, um das Wasser abfließen zu lassen. Doch nicht nur die Weide profitierte von dieser Maßnahme, auch der Katastrophenschutz im Landkreis konnte aufatmen. Denn das gestaute Wasser ließ den oberhalb liegenden Pegelmesser am Simmerbach bei Steinbach in die Höhe schießen. „Diese Anlage dient der Messung des Wasserstandes und Ermittlung des Abflusses“, steht auf dem Schild an der Tür der Messstation. „Die Messwerte sind Voraussetzung für vorbeugenden Umweltschutz und eine wichtige Grundlage für den Hochwassermeldedienst“, heißt es weiter. „Der Pegel lag etwa 50 Zentimeter höher als üblich“, berichtet Külzer.
In letzter Zeit hätten die Kollegen bei der Verwaltung den Pegel immer umgerechnet, auf Dauer aber sei das keine gute Lösung. „Durch die Maßnahme konnte er um 30 bis 40 Zentimeter abgesenkt werden, das war schon mal beruhigend für den Katastrophenschutz“, sagt er. „Wichtig dabei ist aber, dass bei solchen Maßnahmen die etwaige Biberburg nicht beschädigt wird“, macht Külzer deutlich. Die Frage sei nur: „Wie lange lässt sich der Biber das gefallen?“

Ziel sei es, solche Dämme sukzessive abzutragen, damit die Maßnahme auch weiterhin Wirkung zeige, sagt Florian Rech. „Es besteht aber zum einen die Gefahr, dass eine Burg trockenfällt, zum anderen die, dass der Biber den Damm wieder aufbaut“, sagt er. Je nach Vorgehensweise könne es aber gut sein, dass es den Biber nicht weiter stört. Eine andere Möglichkeit sei, auf einer bestimmten Höhe Durchlassrohre durch den Damm zu legen, die mit einem Gitterkorb geschützt werden, damit der Nager sie nicht wieder zubaut. „Das ist dann aber eine größere Maßnahme, bei der die Störung recht groß ist“, sagt Rech. Für solch eine Maßnahme brauche es eine Genehmigung seitens der SGD Nord, denn der Biber stehe unter strengem Schutz. Im Bereich des Simmerbachs aber scheint die einfachere Methode bisher erfolgreich gewesen zu sein, berichtet Landwirt Mühlberger. „Wir konnten den Biber so besänftigen“, sagt er. Langfristig aber könne es sein, dass auch größere Maßnahmen nötig werden, vermutet Rech.

„Irgendwann stoßen wir auch an unsere Grenzen“, sagt Külzer. Die Verwaltung könne es auf Dauer nicht leisten, alle zwei bis drei Wochen Maßnahmen an Biberdämmen durchzuführen. „Es müsste ein Konzept erstellt werden“, sagt er. Es müsse etwa festgelegt werden, wann Kontrollen der bekannten Stellen durchgeführt werden sollten. „Auf Zuruf? Oder fahren wir sie regelmäßig ab?“, fragt Külzer. Auch stelle sich die Frage, wie frühzeitig eingegriffen werden müsse. „Bei einem Starkregenereignis etwa kann ein Biberdamm eine große Rolle spielen“, sagt er. Dabei sei der Nager eigentlich gerade in dieser Hinsicht auch wichtig, räumt Rech ein. „Er sorgt für einen natürlichen Wasserrückhalt“, sagt er – für den andernfalls häufig viel Geld in die Hand genommen werde. Aber es gebe eben oft Konflikte, nicht nur mit der Landwirtschaft, sondern auch, wenn Wege oder Straßen betroffen seien. Oft aber bekomme man von den Tieren gar nichts mit. „Sie bevorzugen naturnahe Ecken“, sagt Rech. „Und auch auf Retentionsflächen fällt er nicht auf“, ergänzt Külzer.