Frank Gross von Pro Rheintal hat eine Studie veröffentlicht
Bahnlärm im Rheintal: Dem Terror endlich Einhalt gebieten
Frank Gross, Vorsitzender von Pro Rheintal und Verfasser des Werks „Bürgerbuch Bahnlärm“, überreichte der Ersten Beigeordneten des Rhein-Hunsrück-Kreises, Rita Lanius-Heck, ein Exemplar seines Buchs. Foto: Monika Pradelok
Monika Pradelok

Oberwesel. „Unverantwortlich!“, „Terror an den Bürgern!“, „Lebensgefährlich!“: Frank Gross’ Meinung über die Güterwaggons, die durch das Rheintal mit „Vollspeed“ brettern, wie er es nennt, hat sich nicht geändert. Wie auch? Für den Vorsitzenden der Initiative Pro Rheintal steht fest, dass sich in puncto Bahnlärm bis heute nichts geändert hat.

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„Es ist nicht leiser geworden im Rheintal oder im Rheingau, weder durch die Bremsumrüstung der Güterwaggons noch durch Schienenschleifen oder Schienendämpfer. Auch der Verkehr wird nicht weniger, sondern mehr“, stellt er klar. „Für die Menschen in der Region wie auch für die touristischen Betriebe und die Wirtschaft ist der Lärm zu einer nicht länger tragbaren Belastung geworden.“

Seit 17 Jahren setzt sich Gross bei Pro Rheintal ein. Er selbst lebt in Boppard nah der Schienen und weiß, wie zermürbend der Bahnlärm ist. Um die Aussagen seiner Initiative noch mehr Aussagekraft zu verleihen, hat er daher eine Studie mit dem Namen „Bürgerbuch Bahnlärm – Das Ende der Lügen“ veröffentlicht. Sein Werk übergab er in einer kleinen Runde an die Erste Beigeordnete des Rhein-Hunsrück-Kreises, Rita Lanius-Heck. Treffpunkt: der Bahnübergang der nördlichen Ortseinfahrt in Oberwesel. Für Gross ein „historischer Moment“, da er mit diesem mehr als 100-seitigen Bericht eine realistische Chance sieht, „den Lärm im Rheintal in die Schranken zu weisen“.

Seine Worte versiegen, als ein Gütertransport an der Gruppe vorüber schnellt. Nachdem das Donnern verhallt ist, erzählt Gross, dass mehr als 2000 Anwohner aus dem Rheintal bei der Befragung teilgenommen hätten. Bis zu 100 Optionen konnten sie ankreuzen und zudem ihre persönlichen Situationen schildern. So gaben die Teilnehmer unter anderem an, unter Schlafstörungen, hohem Blutdruck oder Kopfschmerzen zu leiden. „Schienengüterverkehrslärm sorgt Tag und Nacht für Stress und lässt die Menschen nicht zu Ruhe kommen“, weiß Gross.

Zudem wurde abgefragt, wann und wo es den Teilnehmern zu laut ist. „Das sind Erfahrungen aus erster Hand“, sagt Gross und fragt sich zugleich, warum die Politik die krankmachende Wirkung infrage stelle. In seinem Vorwort schreibt er: „Dass Menschen, die keine Nacht mehr vernünftig schlafen können, im Laufe der Jahre dadurch ernsthaft krank werden, leuchtet selbst Primanern ein – aber Staatsbeamten im Bundesverkehrsministerium scheinbar nicht.“

„Für die Menschen in der Region wie auch für die touristischen Betriebe und die Wirtschaft ist der Lärm zu einer nicht länger tragbaren Belastung geworden.“

Frank Gross, Vorsitzender Pro Rheintal und Verfasser der Studie „Bürgerbuch Bahnlärm“

Mit dem Bürgerbuch Bahnlärm möchte Pro Rheintal „Aufklärung leisten“, so Gross, um die Bundesregierung endlich zu einem Einschreiten in Sachen Bahnlärm am Rhein zu bewegen und durch Tempolimits und Nachtfahrverbote der Bahn Zeit einzuräumen, ihre Waggons und Strecken in Ordnung zu bringen und die erforderlichen Lärmschutzmaßnahmen umzusetzen. Denn: „Nachts, wenn die Güterzüge nicht von Personenzügen aufgehalten werden und mit freier Fahrt mit mehr als 100 Kilometern pro Stunde durch die Wohngebiete ratterten, ist der Lärmpegel am höchsten – genauso wie das Risiko für Unfälle“, weiß Gross zu berichten.

Und mehr: „Bei voller Fahrt liegen die Spitzenwerte immer noch bei 110 dB(A) und in Wahrheit bei bis zu 120 oder 130 dB(A), wenn man die Dämpfung durch die A-Filter-Bewertung weglässt.“ Daher spreche sich Pro Rheintal für ein 50er-Tempolimit aus. „Wir haben lange genug den Lärm ertragen. Es ist Zeit, etwas zu ändern“, so Gross.

Als erneut ein Zug über die Schienen poltert und jedes Wort unter dem dröhnenden „Ratatatam“ verschluckt wird, sagt Rita Lanius-Heck im Nachgang: „Das geht gar nicht!“ Sie sieht in der neuen Bundesregierung und vor allem in Verkehrsminister Volker Wissing (FDP), einem Rheinland-Pfälzer, eine neue Chance, das Thema vorzubringen. „Der hat in den ersten Wochen seines Amtsantritts erst einmal andere Dinge zu tun“, wirft Frank Gross ein. Dass Volker Wissing sein Buch jemals in Händen halten wird, bezweifelt er. „Das landet bei anderen.“ Dennoch wird ein Umschlag seine Reise Richtung Berlin antreten, um dem „Terror“ und der „Unverantwortlichkeit“ endlich Einhalt zu gebieten.

Das „Bürgerbuch Bahnlärm“ soll laut Frank Gross in Rathäusern und Tourist-Informationen ausgelegt werden. Wer sich für ein Exemplar interessiert, wende sich an: Pro Rheintal, Telefon 06742/801 06 90.

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