Große Kultur in der Heimat
Ausstellung würdigt 40 Jahre Pro-Winzkino in Simmern
Zum 40. Geburtstag des Pro-Winzkinos findet im Edgar-Reitz-Filmhaus eine Ausstellung statt. Viele Kinofreunde waren bei der Eröffnung dabei.
Dupuis Werner. Werner Dupuis

Sie wollten Kino machen – und sie haben Kino gemacht: Vor 40 Jahren gründeten neun engagierte Menschen das Pro-Winzkino, es war der Beginn einer Erfolgsgeschichte. Die wird jetzt in einer Ausstellung lebendig.

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Die Eröffnung der Ausstellung „40 Jahre Pro-Winzkino“ des Hunsrück-Museums im Edgar-Reitz-Filmhaus in Simmern bildete den Auftakt zu mehreren Veranstaltungen zum runden Geburtstag des Simmerner Kinos. Museumsleiterin Kristina Müller-Bongard hat zwar „nur“ eine Art Chronik der Filmschaffenden in Simmern zusammengestellt, mit vielen Fotos und Dokumenten, die die vergangenen vier Jahrzehnte aus Sicht der unermüdlichen Pro-Winzler beleuchten, doch wie viel mehr sich dahinter verbirgt, offenbarte sie selbst in ihrer Eröffnungsrede, ebenso der Simmerner Stadtbürgermeister Andreas Nikolay und nicht zuletzt Wolfgang Stemann vom Pro-Winzkino.

Nikolay bezeichnete die Ausstellung „ein bisschen als Auftakt“ zum Jubiläumsjahr. Eine offizielle Jubiläumsfeier gebe es nicht, sondern eben mehrere kleinere Events. Und doch durfte man nach den drei Grußworten und nach dem Betrachten der Ausstellung durchaus von einem besonderen Akt der Würdigung des Pro-Winzkinos sprechen. Dass dieser sich im Verlauf des Samstagabends besonders herzlich, liebevoll und familiär gestaltete, war sicher weder vorgesehen noch bewusst beabsichtigt. Aber der Abend sollte genau diesen besonderen emotionalen Verlauf nehmen.

Ihr als Kino und wir als Stadt profitieren voneinander.
Andreas Nikolay

Der Stadtbürgermeister lieferte dazu den Auftakt, indem er keine trockenen Daten oder Statistiken bemühte, sondern, einfach seine Anerkennung darüber zum Ausdruck brachte, wie die neun Gründungsmitglieder es geschafft haben, über 40 Jahre durchzuhalten, und nicht müde wurden, ihr unablässiges Engagement für das Kino beizubehalten – für das Kino als Genre und für das eigene Lichtspielhaus. Es sei einerseits die kontroverse Diskussion unter den neun Pro-Winzlern, die es über die vielen Jahre hinweg ermöglicht habe, immer wieder ein hochwertiges Programm auf die Beine zu stellen. Aber vor allem sei es die dauerhafte Präsenz, die heraussteche: „Man muss einfach immer da sein, und das ist eine ganz besondere Leistung, die ich bewundere und wofür ich mich ausdrücklich bedanke“, sagte Nikolay. Natürlich lebe das Pro-Winzkino auch von der Kooperation. „Ihr als Kino und wir als Stadt profitieren voneinander“, sagte Nikolay und betonte, dass das Engagement der Pro-Winzler auch in die Jugend hineinwirke.

Kristina Müller-Bongard skizzierte im Anschluss den Werdegang der Kinobetreiber: „Ihr neun Pro-Winzler gestaltet Kino in Simmern seit 40 Jahren.“ Die Stadt habe 1919 ihr erstes Kino erhalten, damals im Gasthof zum Lamm am Kandelaber. „Dann ist das Kino immer ein Stückchen weiter die Stadt hoch gewandert.“ Mitte der 1930er-Jahre sind die Postlichtspiele gegründet worden, in den 1980er-Jahren übergab die Familie Vollrath das Kino an die Pro-Winzler, 1990 wurden die Post-Lichtspiele geschlossen und abgerissen, und schließlich wurde 1990 das neue Haus in Betrieb genommen, am heutigen Standort am Fruchtmarkt.

Eine Flasche Wein vom städtischen Wingertsberg war der symbolische Dank von Bürgermeister Nikolay für die Macher des Pro-Winzkinos.
Dupuis Werner. Werner Dupuis

Dass die Eröffnung des neuen Kinos ausgerechnet am silbernen Hochzeitstag von Ursula und Wolfgang Stemann erfolgte, gehöre zu den zahlreichen Erlebnissen, die die einzelnen Pro-Winzler mit ihrem Kino verbinden. „Ihr wolltet im Hunsrück Kinoprogramm machen, nicht nur in Simmern“, erinnerte die Museumsleiterin an die Anfänge. Wie unermüdlich die Pro-Winzler dabei vorgegangen sind, verdeutliche zum Beispiel eine Kinovorführung im Februar 1986 in Emmelshausen. Draußen war es bitterkalt und drinnen fiel die Heizung aus. Die Veranstaltung sei aber keineswegs abgesagt worden. „Ihr habt Euch bemüht, habt Heizöfen aufgestellt und Decken verteilt, und kein Zuschauer ist früher gegangen“, berichtete Müller-Bongard.

In 40 Jahren gab es zahlreiche Erlebnisse, die Stoff für einen Kinofilm böten. „Ihr seid eine große Familie. Das spürt man.“ Die Menschen genießen es, daran teilhaben zu können. „Das Kino ist nicht tot. Es wird auch nie tot sein, weil es Menschen wie Euch gibt“, schloss Kristina Müller-Bongard unter großem Applaus ihr Grußwort.

In bewegenden Worten schilderte Wolfgang Stemann die Geschichte der erfolgreichen Kinoinitiative.
Dupuis Werner. Werner Dupuis

Wolfgang Stemann bekannte darauf: „Es ist schon ein Wahnsinnsgefühl, wir sind jetzt museal.“ Der Pro-Winzler blickte zurück und nannte es eine glückliche Fügung, dass die Anfänge des Pro-Winzkinos zeitlich einhergingen mit der Entstehung und Aufführung von „Heimat I“. „Edgar Reitz war unser Begleiter während der vergangenen 40 Jahre und immer wieder ein Unterstützer.“ Stemann dankte auch für die stets gute Zusammenarbeit mit der örtlichen Verwaltung und Politik und nannte explizit drei Bürgermeister. „Ohne Hans Bungenstab gäbe es kein Pro-Winzkino, ohne Manfred Faust keinen zweiten Kinosaal, und ohne Andreas Nikolay gäbe es keinen Ehrenbürger Edgar Reitz, kein Edgar-Reitz-Filmhaus und keine Heimat-Europa-Filmfestspiele – in Simmern, in der Heimat der Heimat.“

Rückblickend sei „das Narrativ der Neun bestimmend verantwortlich für unseren Erfolg, den wir haben“. Dass es unter den neun Gründungsmitgliedern weder Chefin noch Chef gebe, „hat uns immer wieder in die interne Auseinandersetzung geführt und zu einem Ergebnis, das uns in die Lage versetzt hat, nach außen zu performen“.

Haben Sie Vergnügen!
Wolfgang Stemann

Stemann blickte abschließend nach vorn. Der Wunsch der „Neun“ sei, dass „wir hoffentlich Menschen finden, die die Geschichte weitererzählen“. Stemann kündigte an, dass die Gründungsmitglieder geschlossen als Verein zurücktreten und das Terrain übergeben werden. „Wir haben ein wunderbares Netzwerk, das wir aufgebaut haben und das uns mitgetragen hat, vor allem auch in der Verwaltung. Wenn es einen affinen Kulturstandort im Hunsrück gibt, dann ist es Simmern. Wir übergeben eine gut eingeführte Marke“, betonte Stemann und schloss mit den Worten: „Haben Sie Vergnügen!“

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