Verwildertes Gelände birgt mittlerweile Gefahren
Alte Rebflächen verwildern: Bacharacher sorgen sich um Hänge unterhalb Burg Stahleck
Dagmar Stadtfeld

Bacharach. Verwilderte Rebflächen könnten zur Gefahr für Bacharach werden: Bergrutsche, einstürzende Trockenmauern und sogar Brände befürchtet dort mancher Einwohner wegen der vernachlässigten Grundstücke unterhalb der Burg Stahleck.

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Ehemalige Rebflächen wurden in diesem Areal von den Winzern vor Jahren aufgegeben, da die Bewirtschaftung schwierig und finanziell sehr aufwendig ist, berichtet etwa Jean-Marc Petit. Die gesamte Fläche betrage etwa 16.000 Quadratmeter und betreffe den Bereich innerhalb der alten Wehrmauer des Ortes, was in früheren Zeiten eine gesicherte Lage war. Heute werde diese zu einer Gefahr für die Bürger.

Nach der Aufgabe der Rebflächen durch die Winzer war der ursprüngliche Plan vom Dienstleistungszentrum ländlicher Raum (DLR), im Rahmen einer Flurbereinigung die Fläche vor der Verbuschung zu schützen. Viel Geld habe man damals in die Hand genommen, um Parzellen zusammenzulegen, das Gelände zu bearbeiten und einen Wirtschaftsweg anzulegen. Zudem setzte man auf Ziegenbeweidung, denn damit konnte das Areal gut bewirtschaftet werden.

Aufnahmen aus dieser Zeit zeigen ein sauberes und gepflegtes Landschaftsbild. „Heute ist es ein Schandfleck“, sagt Petit, der Grundstückseigentümer in Bacharach ist. Ihm und seinen zwei Brüdern gehört als Erbengemeinschaft Petit-Lieberz das alte Fachwerkhaus Sickingen, das in Bacharach im Laufe der Zeit zu einer Touristenattraktion geworden ist. Hinter dem Haus liegen die ehemaligen Rebflächen. „Die Ziegenbeweidung war auf zehn Jahre festgelegt“, berichtet Petit. „Aber bereits nach einigen Jahren kümmerten sich die Eigentümer nicht mehr um die Ziegen, sie verschwanden, und die Fläche fing an, zuzuwuchern“, sagt er.

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Neben einigen Privateigentümern gehöre ein Großteil dem Verschönerungsverein der Stadt. Doch die Mitglieder des Vereins vernachlässigten die Grundstücke mehr und mehr, kritisiert der Anlieger. Betroffen von der Lage seien alle Menschen in Bacharach, denn durch zunehmende Unwettergefahren drohten die alten Mauern einzustürzen und Hänge abzurutschen. Das würde alle Häuser entlang des Hanges betreffen. Auch die Brandgefahr nehme durch die zunehmende Trockenheit von Jahr zu Jahr zu. Ein Feuer jedoch wäre eine Katastrophe für den Ort, denn es würde sich rasend schnell in der ganzen Stadt ausbreiten, da viele Häuser noch aus altem Fachwerk gebaut sind.

Es gebe Einwohner, die ihre Kinder nicht mehr hinter den Häusern spielen ließen. Zu groß sei die Gefahr, dass Steine bröckeln und Mauern einbrechen. Früher, so erzählen Bacharacher, seien sie als Kinder noch den ganzen Hang durch die Weinberge bis zur Burg hoch gelaufen. Außerdem habe man einen ungetrübten Blick auf die Werner-Kapelle gehabt. Heute sehe man da nur Gestrüpp.

Bereits im Jahr 2017 gab es eine Petition der Brüder Petit-Lieberz, die an das Umweltministerium in Mainz gerichtet war und die viele Einwohner von Bacharach mitunterschrieben hatten. Damit wollten sie auf das immer größer werdende Problem der Verbuschung aufmerksam machen. Doch passiert sei bisher nichts. Mittlerweile gebe es sogar eine Rückforderung der ADD für bereits geleistete Investitionen. Weil die Ziegenbeweidung auf zehn Jahre festgelegt war, sei es rechtlich nicht in Ordnung, diese früher aufzugeben, ist Petit sicher. „Wir wollen jetzt einfach mal wissen, wie es weitergeht“, sagt er. Denn jeder kenne das Problem, aber keiner wisse genau Bescheid.

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Dass es gute Lösungsmöglichkeiten gibt, zeigt die Gartenanlage der Familie Petit-Lieberz. Die Besitzer haben auf ihrem Grundstück die alten Rebflächen durch eine neu angelegte, wunderschöne Gartenlandschaft ersetzt. Unter Verwendung regionaler Materialien haben sie die Weinberge terrassiert. Mit dieser naturnahen Gestaltung schaffen sie einen Lebensraum für die heimische Flora und Fauna und wollen damit erheblich zum Erhalt der Artenvielfalt beitragen. Dafür erhielten sie 2019 einen Preis im Rahmen des Wettbewerbs Bau- und Gartenkultur Oberes Mittelrheintal aus der Hand der Ministerin Doris Ahnen.

Im Sommer finden hier regelmäßig kulturelle Veranstaltungen statt. Somit ist der Garten auch für die Bevölkerung zugänglich. Nicht nur die Familie Petit-Lieberz hofft darauf, dass sich bald eine Lösung für das Problem findet. Viele Einwohner von Bacharach wünschten sich das ebenso, damit alle weiterhin sicher in der kleinen mittelalterlichen Gemeinde leben können. Aber auch im Hinblick auf die anstehende Buga machten sich viele Gedanken um das Ansehen der Stadt, berichtet Petit. So wie es jetzt sei, gebe Bacharach aber kein gutes Bild ab. Petit und viele weitere Anwohner seien bereit, mit anzupacken. Denn es seien sicher alle gefragt, wenn es gelte, den jetzigen Zustand zu beenden. Petit hat da eine ganz klare Meinung und sagt: „Ich wünsche mir die Ziegen wieder zurück!“

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