Fünfte Auflage von Heimat Europa geht zu Ende - Schauspieler Burghart Klaußner verleiht Edgar für "The quiet girl"
3400 Zuschauer bei Filmfestspielen – Burghart Klaußner verleiht Edgar für „The quiet girl“
Strahlende Gesichter beim Finale der fünften Heimat Europa Filmfestspiele am Samstagabend (Foto oben von links): Peter Huth, Ursula Stemann (beide Pro-Winzkino), die künstlerische Leiterin Sabine Schultz, Margit Klein (Kino), Programmkurator Lukas M. Dominik, Edgar-Gewinner Colm Bairéad, Klaus Endres (Kino), Stadtbürgermeister Andreas Nikolay, Wolfgang Stemann (Kino), Burghart Klaußner (Juror), Annette Prinz (Kino), Kulturministerin Katharina Binz und Jürgen Prinz (Kino).
Werner Dupuis

Die fünften Heimat Europa Filmfestspiele sind am Samstagabend mit der großen Preisverleihung für den besten Film des Festivals zu Ende gegangen.

Strahlende Gesichter beim Finale der fünften Heimat Europa Filmfestspiele am Samstagabend (Foto oben von links): Peter Huth, Ursula Stemann (beide Pro-Winzkino), die künstlerische Leiterin Sabine Schultz, Margit Klein (Kino), Programmkurator Lukas M. Dominik, Edgar-Gewinner Colm Bairéad, Klaus Endres (Kino), Stadtbürgermeister Andreas Nikolay, Wolfgang Stemann (Kino), Burghart Klaußner (Juror), Annette Prinz (Kino), Kulturministerin Katharina Binz und Jürgen Prinz (Kino).
Werner Dupuis

Noch einmal war der Fruchtmarkt gut gefüllt, als Schauspieler Burghart Klaußner den Edgar für den Besten Modernen Heimatfilm überreichte. Den von Schirmherr Edgar Reitz ins Leben gerufene Filmwettbewerb gewann in diesem Jahr der Ire Colm Bairéad für „The quiet girl“. Der Regisseur und Drehbuchautor war zur Preisverleihung aus Dublin angereist. Die Statue stiftete der Simmerner Rotary Club.

Burghart Klaußners Begründung für seine Wahl stand auf der Urkunde, die Bairéad in Empfang nahm: „,The quiet girl' braucht nur wenig Worte, um uns zu bewegen. Umso deutlicher werden wir durch die genaue Beobachtung der Kamera in eine Welt geführt, in der Scheu, Angst, Trauer und Freude im Leben eines kleinen Mädchens beinahe wie im Märchen erzählt werden. Chatherine Clinch, die auf höchst wundersame Weise das Mädchen Cáit spielt, schenkt uns einen tiefen Blick in ihr Herz. Ihr Schicksal zwischen Einsamkeit und Fremdbestimmung ist ebenso formbewusst wie mitfühlend geschildert. Dass es dabei auch um die Sicht einer Nation Irland auf sich selbst geht, wird auf eine unscheinbar mühelose Weise miterzählt.“

Eine wunderbare Hommage an die Ikone des französischen Chansons, Charles Trenet, boten Burghart Klaußner und seine exzellente Band.
Werner Dupuis

Der Filmemacher danke im Namen all derer, die an „The quiet girl“ beteiligt waren und erzählte dem Publikum von der Affinität seiner Familie zu Deutschland, die darauf gründe, dass sein Vater als Deutschlehrer in Irland eine Satellitenschüssel installiert habe, um deutsche Fernsehkanäle empfangen zu können. Neben Filmen wie unter anderem „Die Blechtrommel“, die ihm ebenso im Gedächtnis geblieben seien wie die Sketche von Loriot, seien es die „Heimat“-Filme von Edgar Reitz gewesen, „die mein Vater als Meisterwerke immer gepriesen hat“, sagte Bairéad.

Hier schloss sich somit ein Kreis; „Ich nehme diese Auszeichnung daher mit tiefem Verständnis und Respekt für die Leistungen und das außergewöhnliche Vermächtnis von Herrn Reitz an und fühle mich zutiefst geehrt, dass unser Film eine Auszeichnung erhalten hat, die seinen Namen trägt.“

Regisseurin Milena Aboyan (unten von links) freute sich über den eigens von Burghart Klaußner gestifteten Nachwuchspreis.
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Und das hat daran gelegen, „dass der Film des Preisträgers mich am meisten ins Herz getroffen hat“, bekannte die Ein-Mann-Jury Burghart Klaußner. Überhaupt habe er sich bei der Auswahl der Filme für die Prämierung emotional leiten lassen: „Die Filme waren sehr bewegend. Ich wurde konfrontiert mit sehr großen Kunstwerken, die mich tief ins Herz getroffen haben“, sagte Klaußner.

Fünf der elf Filme im Wettbewerb um den Edgar seien Erstlingswerke von jungen Regisseuren gewesen, hatte die künstlerische Leiterin der Filmfestspiele, Sabine Schultz, zuvor bemerkt. Und offenbar wollte Juror Burghart Klaußner die starke Einbeziehung junger Filmemacher in die Heimat Europa Filmfestspiele fördern. Er hatte sich daher spontan entschlossen, einen Nachwuchspreis auszuloben.

Dotiert mit 1000 Euro stiftete Klaußner den Preis und überreichte ihn der armenischen Regisseurin Milena Aboyan für ihren eindringlichen und mutigen Debütfilm „Elaha“. Nach einer Anreise von München mit Hindernissen traf die Regisseurin noch später am Abend in Simmern ein, um den Nachwuchspreis in Empfang zu nehmen.

Beim Publikumspreis klappte das nur telefonisch. Annette Prinz vom Pro-Winzkino verkündete den Publikumssieger. Er ging an Adrian Goiginger für seinen Film „Der Fuchs“. „Es ist die wahre Geschichte seines Urgroßvaters, die Adrian Goiginger mit großer Wucht erzählt. Mit seinem zutiefst berührenden Film konnte er die Herzen der Zuschauer gewinnen“, hieß es in der Laudatio.

Wolfgang Stemann vom Pro-Winzkino berichtete von 3400 Zuschauern während der Festspieltage vom 11. bis 26. August.
Werner Dupuis

Edgar, Publikumspreis, Kurzfilmwettbewerb (Bericht folgt) und nun auch noch bester Nachwuchsfilm: Kulturministerin Katharina Binz freute es, „dass es nun einen Preis mehr gibt“. Es sei ihr ein großes Anliegen, junge Talente zu fördern. „Den Nachwuchspreis wird es auch in den nächsten Jahren geben, gestiftet vom Kulturministerium Rheinland-Pfalz“, sagte die Ministerin. Ihr Eingangssatz, der zunächst wie höfliche Nettigkeit anmutete („Ich freue mich, dass ich wieder bei Ihnen sein kann“) war alles andere als Routine einer Ministerin-Begrüßung.

Denn was folgte, klang nicht nur ehrlich, sondern war auch so gemeint: „Als ich vor zwei Jahren das erste Mal hierherkam, habe ich sofort gemerkt, hier ist eine ganz besondere Atmosphäre. Da ist ganz viel Herzblut dabei. Und man merkt, dass diese Veranstaltung ganz vielen Menschen wichtig ist.“

Wenn so viele Ehrenamtliche anpackten, wie zum Beispiel Ratsmitglieder, die am Weinstand bedienten, so Binz, und dass die Freiwilligen vom Publikum einen besonders starken Applaus erhalten haben, als ihnen beim Finale von der Bühne gedankt worden sei – „das hat man nicht überall“, sagte Binz und ergänzte: „Wir fördern das Festival sehr gern.“

Burghart Klaußner stiftete spontan einen Nachwuchspreis.
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Die Filmfestspiele seien in Simmern ein Baustein von vielen, die ineinandergreifen. „Wenn alle Städte in Rheinland-Pfalz Kultur so begreifen würden, dann wären wir kulturell im Land ein Stück weiter. Ich wünsche mir das an anderen Orten auch, und deswegen fördern wir das“, sagte Binz.

Das klang wie Musik in den Ohren von Stadtbürgermeister Andreas Nikolay – obwohl der musikalische Beitrag des Abends ja eigentlich noch anstand: „Ich habe dieses Festival als eine rauschende Zeit erlebt.“ Die Grundatmosphäre habe ihn genauso begeistert wie das Glück mit dem Wetter, das während der „zwei

Wochen Kulturarbeit“ bestens mitgespielt habe. Sein Dank galt den Sponsoren, ohne die das Festival nicht zu realisieren sei. Neben den lokalen Unternehmen sicherten die Finanzierung vor allem auch die Stadt selbst, die Verbandsgemeinde Simmern-Rheinböllen und nicht zuletzt das Land: „Wir merken, dass Sie das schätzen, was wir hier machen, und wir danken herzlich für 20 Prozent mehr Förderung, die wir in diesem Jahr vom Land erhalten haben“, sagte Nikolay in Richtung Binz.

Der Nachwuchspreis werde künftig vom Kulturministerium Rheinland-Pfalz gestiftet, versprach Ministerin Katharina Binz.
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Angesprochen auf die besondere Atmosphäre am Fruchtmarkt erklärte die Ministerin gegenüber unserer Zeitung, dass sie die besondere Freude, die Freundlichkeit und das Engagement aller am Festival beteiligten Akteure spüre: „Und deswegen fühle ich mich sehr wohl in Simmern“, sagte Katharina Binz.

Die positive Resonanz in Simmern hatte die künstlerische Leiterin der Filmfestspiele mehrmals schon betont, und auch am Finalabend sagte Sabine Schultz: „Ich habe viele Festivals erlebt, aber so viel Zuspruch seitens des Publikums wie hier noch nicht.“

Programmkurator Lukas M. Dominik stimmte dem zu. Auch er habe viel positives Feedback erfahren. Dominik dankte den Veranstaltern, dem Pro-Winzkino und der Stadt Simmern „und den vielen Volunteers und Beschäftigten des Pro-Winzkinos“. Dafür brandete spontan lang anhaltender Applaus auf.

Der Vertreter des Pro-Winzkinos, Wolfgang Stemann, sagte beim Finale auf der Festspielbühne: „Es erfüllt mich mit Freude, an diesem Platz zu stehen. Dies ist quasi das Kulturquartier der Stadt Simmern.“ Es sei die Authentizität, die dieses Festival ausmache. Die Heimat Europa Filmfestspiele seien im Hunsrück angekommen – mit steigenden Gästezahlen: „3400 Besucher, das ist ein Wahnsinn“, sagte Stemann und erklärte gegenüber unserer Zeitung, dass die Pläne für 2024 bereits konkrete Formen angenommen hätten: „Heimat Europa blickt im nächsten Jahr nach Süden. Wir werden erneut zwei Wochen im August über drei Wochenenden hinweg die Festspiele in Simmern veranstalten. Der genaue Zeitplan fürs nächste Jahr werde in Zusammenarbeit mit der Stadt zeitnah fixiert.

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