Denn nachdem die aktuellen Entwurfsplanungen Anfang April in einer Einwohnerversammlung in Dellhofen vorgestellt wurden, formierte sich Protest gegen den Entwurf, über den der Stadtrat und der mit ihm gemeinsam tagende Bau- und Planungsausschuss eigentlich abstimmen wollten.
Seit 2015 Thema in Dellhofen
Zur Vorgeschichte: Seit 2015 wurden in der Heilig-Kreuz-Kirche keine Gottesdienste mehr abgehalten. Zwei Jahre später war klar, dass das Bistum Trier keine Sanierung des maroden Gebäudes plante – stattdessen sah es den Abriss des Kirchenschiffs vor, der Kirchturm aber sollte erhalten bleiben. Kommune und Kirche einigten sich darauf, dass die Stadt Oberwesel das Kirchenumfeld übernehmen und im Rahmen der Dorferneuerung neu gestalten kann, die Kirche aber sollte den Turm sanieren und eine Gebetskapelle in seinem Inneren einrichten.
So plante die Kommune mit dem Architekten Hubertus Jäckel zunächst den Anbau eines Mehrzweckraums mit barrierefreier Toilette und Stauraum für Stühle und Mobiliar – den sogenannten Glaskasten. Zwischenzeitlich wurde dieser Entwurf jedoch verworfen. Die ursprüngliche Idee hingegen, die Umrisse des alten Kirchenschiffs als Relief zu bewahren, besteht nach wie vor.
Zwei Varianten als Ersatz für „Glaskasten“
In der Einwohnerversammlung Anfang April habe Architekt Jäckel zwei neue Varianten als Ersatz für den „Glaskasten“ vorgestellt, berichten Dellhofener Bürger und Ratsmitglieder im Gespräch mit unserer Zeitung: Bei einer Variante sollten fest installierte Schirmhülsen für Beschattung des Platzes sorgen, eine andere Idee sei eine Art Carport gewesen, ein Traggestell mit Faltdach.
Im Anschluss an die Versammlung, bei der sowohl Stadtbürgermeister Stiehl als auch die Beigeordnete Silke Hüttner sowie einige dort anwesende Ratsmitglieder offenbar den Eindruck erhielten, die Vorschläge träfen auf breite Zustimmung seitens der Bevölkerung, nahm Jäckel noch kleine Änderungen vor. Er ergänzte den Entwurf etwa um weitere Bäume und eine WC-Box mit Stauraum, in dem 15 bis 20 Tischgarnituren und einige Sonnenschirme Platz fänden. Auch er habe ansonsten den Eindruck gehabt, die Bevölkerung sei mit dem eigentlichen Entwurf – insbesondere mit dem Relief – einverstanden gewesen, versicherte der Architekt während der jüngsten Stadtratssitzung.
Liste mit 200 Unterschriften überreicht
Ein anderes Bild aber zeichnete eine Ortsbeiratssitzung Ende Mai. Dort überreichten Dellhofener Bürger dem Rat eine Liste mit rund 200 Unterschriften, die sich für einen kompletten Neustart in Sachen Planungen ausgesprochen hatten (siehe Infokasten). „Damit wurde ein neues Kapitel aufgeschlagen, mit dem wir nicht gerechnet haben“, machte Stiehl in der Stadtratssitzung deutlich. Daraufhin hatte der Ortsbeirat dem Stadtrat empfohlen, das Thema von der Tagesordnung zu nehmen.
200 Dellhofener unterschreiben Wunsch nach „Neustart“ der Planungen
Gut 200 Unterschriften sammelte ein Team rund um Gerlinde Serr, die die Liste in der Stadtratssitzung an Bürgermeister Marius Stiehl überreichte. Der Wunsch der Dellhofener: ein „Neustart in Bezug auf die Neugestaltung des Kirchenumfelds im Stadtteil Dellhofen“.
Im Anschreiben zur Unterschriftenliste heißt es, die bisherige Vorgehensweise und die bisherigen Planungen zum Kirchenumfeld hätten viele Fragen offen und viele Bedarfe unbeachtet gelassen. „Die Ergebnisse aus der Arbeitsgruppe finden sich in den jetzigen Entwürfen leider nicht wieder.“ Ein solcher Neustart bedeute konkret: „1. dass der derzeitige Planungsvorschlag vom Büro Hubertus Jäckel, der bei der Einwohnerversammlung am 4. April 2024 vorgestellt wurde, insbesondere im Hinblick auf den Anbau an den Kirchturm von den Verantwortlichen grundlegend überdacht und im Sinne der Einwohner überarbeitet wird,
2. dass innerhalb des bereits vergebenen Budgets ein Neustart in der Planung vollzogen wird,
3. dass die Einwohnerinnen und Einwohner von Dellhofen bei diesem Neustart von Beginn an aktiv in die Gestaltung des Kirchenumfelds einbezogen werden, indem ihre Ideen und Bedarfe in einer erneuten Einwohnerversammlung und/oder einem moderierten Workshop gesammelt und zur Abstimmung gebracht werden,
4. dass alle relevanten Daten zur Neugestaltung (wie auch die schon ausgegebenen Kosten, Fördermittel, Zeitplanung bis zur Fertigstellung) ab sofort transparent gemacht werden und regelmäßig über den Fortschritt informiert wird.“
Begründet werden diese Forderungen damit, dass weder der ursprüngliche Planungsvorschlag (Glasanbau) noch der jetzige Planungsvorschlag (Anbau als Teilüberdachung des alten Kirchenschiffs) den Wünschen, Vorstellungen und Bedarfen der Unterzeichner entspreche. „Die Einwohner wurden lange Zeit nicht ausreichend informiert und sehen Ihre Interessen übergangen“, heißt es weiter. So habe der bisherige Prozess für Unmut, Unzufriedenheit und auch Resignation gesorgt. „Daher setzen wir uns für einen Neustart ein, mit aktiver Bürgerbeteiligung, Transparenz und einem hoffentlich guten Ergebnis!“ Wichtig sei, dass eine neuerliche Planung nicht förderschädlich vollzogen werde, „und dass wir am Ende einen zentralen Platz in Dellhofen haben, an dem wir uns viele Jahrzehnte gemeinsam erfreuen können“, heißt es abschließend. red
Zudem hatten die Unterzeichner betont, dass sie mit einem Neustart keinesfalls die Förderung im Rahmen der Dorferneuerung in Gefahr bringen wollten. Diese „Förderschädlichkeit“ habe Stiehl jedoch nicht sicher prüfen können bis zur Stadtratssitzung. Damit begründet drängten er und die CDU-Fraktion auf eine Entscheidung.
Gefährdet Änderung die Förderung?
„Es war mir nicht möglich, das bis heute grundlegend zu klären“, sagte er – auch mit Verweis auf den vorangegangenen Feiertag. Da er bei der Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion (ADD) niemanden erreicht habe, habe er sich an die Kreisverwaltung gewandt, die ihn wiederum an die ADD verwiesen habe. Denn es handle sich um eine „nicht unerhebliche Änderung“, bei der die ADD zu entscheiden habe, ob ein Änderungsantrag möglich sei oder ob die Maßnahme komplett neu beantragt werden müsse. Als Stichtag nannte Stiehl hier den 1. August.
Ilka Hündorf (SPD) hingegen, die dem Bau- und Planungsausschuss angehört, entgegnete, sie habe mit einer Mitarbeiterin der ADD sprechen können. Diese habe versichert, dass Änderungen beantragt und ein separater Antrag für etwaige Mehrkosten gestellt werden könnten. Die bisher nicht abgerufenen Fördergelder würden verfallen, so sie nicht im Jahr 2024 abgerufen würden. „Ich verstehe also nicht, warum hier so ein Druck gemacht wird“, sagte Hündorf. Stiehl aber genügte diese mündliche Auskunft der Mitarbeiterin der ADD nicht: „Der Förderbescheid kommt vom Ministerium, nicht von der ADD. Ich traue einer solchen telefonischen Auskunft nicht. Ich kann also nicht garantieren, dass die Förderung mit einem Änderungsantrag tatsächlich bestehen bleibt“, so Stiehl.
Unterzeichner „überrumpelt“
Dass der Ortsbeirat dem Stadtrat empfohlen hatte, das Thema von der Tagesordnung zu nehmen, habe an der Unterschriftenliste gelegen. Doch diese Entscheidung habe sich zwischenzeitlich gewandelt, erklärte Albert Lambrich (CDU), Mitglied in Stadt- und Ortsbeirat. „Wir waren völlig perplex, haben aber daraufhin mit einigen Unterzeichnern gesprochen“, berichtete er. Einige hätten nicht genau gewusst, was sie da unterschrieben haben, sie seien überrumpelt worden und hätten den Text der Petition nicht gekannt.
Manche hätten gar ihre Unterschrift zurückgezogen. „Das relativiert die Liste“, ist Lambrich sicher. Daher sei der Ortsbeirat in Gesprächen übereingekommen, das Projekt nun doch auf den Weg zu bringen, versicherte er. Zudem seien sich viele Unterzeichner der Konsequenz – des möglichen Projektstopps – nicht bewusst gewesen, ergänzte Jan Zimmer (CDU). „Ich will, dass das endlich weitergeht“, warb er für eine Entscheidung. Der Stadtrat solle eine derart emotional geführte Debatte nicht unterstützen. „Ich will auch das Risiko nicht eingehen, Hunderttausende Euro in den Wind zu schießen“, erklärte Zimmer.
Was wollen die Dellhofener?
„Ich gehe nicht davon aus, dass die Dellhofener fahrlässig unterschrieben haben“, entgegnete Marcel D'Avis (Grüne) und forderte, die Unterschriftenaktion ernst zu nehmen. Es sei viel Dampf auf dem Kessel, ergänzte Christian Büning (Grüne). „Wir haben immer gefragt, was die Dellhofener eigentlich wollen, ein einheitliches Stimmungsbild gab es aber nie“, sagte er. Daher müsse der Rat die Unterschriften zur Kenntnis nehmen, eine Entscheidung vertagen und einen Entwurf gemeinsam mit der Bevölkerung entwickeln. Das sei in drei bis vier Monaten sicher machbar.
Zudem könne der Stadtrat beschließen, sich nicht darüber hinwegzusetzen, dass der Ortsbeirat keinen Beschluss dazu gefasst hat. „Wir müssen uns entscheiden, ob wir die Liste ignorieren oder ob wir uns noch Zeit nehmen mit dem Projekt, da das Risiko sehr gering ist“, so Büning. Die Unzufriedenheit der Bürger beziehe sich in erster Linie auf den Prozess: „Die Leute sind sauer und wollen mitgenommen werden“, ist Büning sicher.
Abstimmung über vier Beschlussvorschläge
Es sei nicht richtig, dass die Bevölkerung nicht miteinbezogen worden sei, entgegnete Stiehl. Die Platzgestaltung sei von Anfang an Konsens gewesen, die Arbeitskreise hätten offen getagt, und es hätten viele Bürger mitgewirkt. Eine Einigung nach Neustart in drei bis vier Monaten hinzukriegen, sah Beigeordnete Hüttner obendrein nicht. Allein die Antwort auf eine neuerliche Anfrage an die Kirchengemeinde habe sieben Wochen gedauert, eine vorherige Entscheidung fast sechs Monate.
Nach einer weiterhin hitzigen Debatte, bei der es mitunter laut wurde, stimmten Stadtrat und Bau- und Planungsausschuss (BPA) über vier Beschlussvorschläge ab:
- Das Projekt wird gestoppt und zurück an den Dellhofener Ortsbeirat gegeben: BPA 2 Jastimmen, 1 Enthaltung, 7 Neinstimmen; Stadtrat 6 Jastimmen, 1 Enthaltung, 10 Neinstimmen;
- Der überarbeiteten Planung zur Neukonzeption hinsichtlich der Platzgestaltung mit WC-Box und Stauraum wird zugestimmt: BPA 3 Neinstimmen, 7 Jastimmen; Stadtrat 7 Neinstimmen, 10 Jastimmen;
- Kubatur und Architektur des Anbaus an den Kirchturm sollen unter Einbeziehung der Bevölkerung nochmals überarbeitet werden: BPS 3 Enthaltungen, 7 Jastimmen; Stadtrat 7 Enthaltungen, 10 Jastimmen;
- Bürgermeister und Verwaltung werden beauftragt, eine Antragsänderung bzw. Neustellung in die Wege zu leiten: BPA 3 Enthaltungen, 7 Jastimmen; Stadtrat 7 Enthaltungen, 10 Jastimmen.