Vor 150 Jahren bewirtete Jakob Becker die ersten Gäste am heutigen Standort. Eigentlich war der Gründer des Gasthauses von Beruf Schmied. Während des Krieges zwischen 1870 und 1871 gegen Frankreich wurde er verletzt und konnte seinem Beruf nicht mehr nachgehen. Weil Jakob Becker ein kräftiger stämmiger Mann war, kam er auf die Idee, ein Gasthaus zu eröffnen und es nicht wie sonst üblich „Zum Bären“ oder „Zum Ochsen“ zu nennen. Stattdessen entschied er sich für die Namensgebung „Zum Lamm“, zumal er selbst lammfromm war.
Von Generation zu Generation veränderte sich der Betrieb. Sohn Nikolaus übernahm Gasthaus und Weinbergsflächen, die von der Familie bestellt wurden. Weiter ging die Gasthausgeschichte mit Heinrich, der sich für den Weinbau besonders interessierte. Er war nicht nur Gastronom, sondern auch Winzer und kaufte nach und nach weitere Weinbergsflächen hinzu.
Mit Heinrich Beckers Tochter Inge kam die erste Frau ins Spiel. Sie trat als Winzerin mit Meistertitel in die Fußstapfen der Familie. Gemeinsam mit Ehemann Dieter Dietrich wurde der Weinbau- und gastronomische Betrieb wiederum vergrößert und modernisiert. Heute bewirtschaften Inges Sohn Wolfgang Dietrich und Ehefrau Alexandra fünf Hektar Weinbergsflächen und betreiben mit familiärer Unterstützung das Gasthaus mit vier Fremdenzimmern.
2019 haben Wolfgang und Alexandra Dietrich kräftig in Weinkeller und Gebäude investiert. Dabei entstanden ist die Hofwirtschaft, die in den Sommermonaten geöffnet ist. Hier fühlen sich Wanderer und Radfahrer nach ihren Touren im Mittelrheintal oder auf den Höhenwegen wohl. Sie lassen sich mit Kind und Kegel in angenehmer Atmosphäre bewirten und genießen die edlen Tropfen aus den Oberweseler Steillagen.
Neuer Jahrgang im Ausschank
Ururenkel Wolfgang Dietrich und seine Frau Alexandra bieten über das Pfingstwochenende zum 150. Geburtstag eine Schmankerlkarte, sowie eine Vielzahl unterschiedlicher Weine an, darunter auch den neuen Jahrgang. Mit einem neuen Logo und Etiketten bekommt der Wein aus dem Gasthaus und der Weinstube „Zum Lamm“ – im Volksmund Lämmchen genannt – im Jubiläumsjahr einen Auftritt. Los geht es am Samstag, 4. Juni, ab 16 Uhr, zum Frühschoppen am Sonntag und Montag jeweils ab 11 Uhr. Wenn das Gasthaus „Zum Lamm“ auch etwas versteckt liegt, parallel zur Liebfrauenstraße, ein paar Meter von der historischen Schmiede entfernt, führt doch bei jeder Stadtführung der Rundweg am „Lämmchen“ vorbei.
Als einzige Anlaufstelle in Oberwesel ist dort das sogenannte Kästchen-Sparen mit 40 Kästchen noch aktuell. Stammkunden kommen regelmäßig nach alter Sitte auf einen Schoppen vorbei und werfen etwas ins Sparkästchen. „Wir sind die letzte Bastion in Oberwesel. Am Samstag vor dem ersten Advent erfolgt die Auszahlung zusammen mit kulinarischem Genuss“, berichtet Wolfgang Dietrich.
Inges Leberknödel sind berühmt
Bei Einheimischen und Gästen punktet das „Lämmchen“ mit seiner gut bürgerlichen Küche. Hier zaubern Alexandra Dietrich, Tante Ria Rüdesheim und Schwiegermutter Marion Hausmannskost. Wolfgang Dietrich, Mutter Inge und Cousin Dirk bedienen die Gäste. Viele helfende Familienhände stehen hinter dem Betrieb. Und das seit 150 Jahren mit mittelrheinischer Gastlichkeit und Weinen aus eigenem Anbau. Dazu gehört eine eher selten am Mittelrhein anzutreffende Rebsorte, der Frühburgunder. Im Lämmchen gehört dieser zur Spezialität. Spätburgunder in verschiedenen Ausbauvarianten und natürlich Riesling ergänzen die Weinpalette.
Die Küche bekannt gemacht haben Inges Leberknödel. Bis hinauf auf die Hunsrückhöhe werden sie geschätzt. Flaggschiff Nummer zwei aus der Lamm-Küche ist Kesselfleisch, das immer in der Fastenzeit angeboten wird, wenn Schnaps gebrannt wird. „Das Fleisch wird im Brennkessel mitgekocht. Das geht nur beim Trester“, erklärt Wolfgang Dietrich. Gekocht wird saisonal, und an Karneval gibt es Matjes.