Überraschende Tour auf der Hunsrückquerbahn
Zugtestfahrt im Schritttempo: Überraschende Tour auf Hunsrückquerbahn von Langenlonsheim nach Stromberg
Früh übt sich, was einmal eine Eisenbahnfotografin werden will. Die Bahnstrecke führt unmittelbar an den Häusern vorbei. Fotos: Dieter Ackermann
Dieter Ackermann

Langenlonsheim/Stromberg. Testfahrten an Fronleichnam, von denen kaum einer was wusste: Anwohner von Langenlonsheim, Guldental, Windesheim, Schweppenhausen und Stromberg fühlten sich am Donnerstag von lauten Zugsignalen an den Bahnübergängen in ihrer Feiertagsruhe „gestört“.

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Grund war eine kurzfristig angesetzte Probezugfahrt des Schweizer Unternehmens WRS (Widmer Rail Services mit Deutschland-Sitz in Karlsruhe) auf der Hunsrückquerbahnstrecke von Langenlonsheim nach Stromberg.

Die Nachmittagsfahrt mit einer Diesellok, die fünf offene Güterwaggons mit Kohleresten transportierte, zog rund 80 Hobbyfotografen aus nahezu allen Landesteilen an – über diverse Foren im Internet hatten sich die Testfahrtzeiten wohl rumgesprochen.

Während die Schranken an den Bahnübergängen in Guldental, Windesheim und Schweppenhausen per Handbetrieb gut funktionierten, mussten die defekten Lichtsignalanlagen an den Übergängen zwischen Guldental und Langenlonsheim sowie zwischen Windesheim und Schweppenhausen per Hand mit orange-grauen Absperrseilen ersetzt werden. Der Zug kam pünktlich um 15 Uhr aus Richtung Bad Kreuznach in Langenlonsheim an. Die angekündigte Ankunft um 16.15 Uhr in Stromberg konnte nicht eingehalten werden. Am Freitag um 12 Uhr ging’s von Stromberg aus wieder zurück.

Unrealistische Bedingungen

Im Gespräch mit unserer Zeitung sprachen Ruth und Wolfgang Kochanowski von der Windesheimer IG „Hunsrückbahn – so nicht“ von einem „gut gewählten Termin“. Denn durch den Feiertag war nicht mit Staus an den Bahnübergängen zu rechnen. Gerade die sich kreuzenden Durchgangsstraßen direkt neben dem Bahnübergang seien in Windesheim ein Problem. Bedingt durch die Schrittgeschwindigkeit des Zuges habe sich der Lärm in Grenzen gehalten.

„Wie aber hört sich so ein Zug mit alter Diesellok und Waggons an, wenn die Geschwindigkeit hochgeht?”, fragen die Kochanowskis. Beide erinnerten daran, dass in den Planfeststellungsunterlagen im unteren Guldenbachtal und so auch bei den Ortsdurchfahrten in Windesheim und Guldental eine Geschwindigkeit von 100 km/h angestrebt werde. Das verursache mit Sicherheit mehr Lärm; sind die Waggons schwer beladen, seien auch die Erschütterungen größer.

Geht's nur um Ausgleichzahlungen?

Warum der Zug von Langenlonsheim nach Stromberg gefahren ist, blieb offen. „Was macht das für einen Sinn, wenn der Rest der Strecke hinauf in den Hunsrück noch gesperrt ist und die Holztransporte von den Sägewerken bis nach Morbach stattfinden sollen?”, fragen Ruth und Wolfgang Kochanowski. Ihnen sei zu Ohren gekommen, dass die DB Netz AG Zahlungen an die WRS zum Ausgleich dafür tätigen musste, dass die Hunsrückquerbahn weiter nicht befahrbar ist und das Vorhaben der Karlsruher, Gütertransporte durchzuführen, bisher nicht möglich sei. Da liege der Gedanke nahe, dass die Fahrt des WRS-Zugs auch dazu diene, die Nichtbefahrbarkeit der Streckenabschnitte zu dokumentieren, um weitere Ausgleichszahlungen einfordern zu können.

Ihre Vermutung außerdem: Der Güterverkehr auf dieser Strecke werde immer defizitär bleiben.

Von unserem Reporter Dieter Ackermann

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