Unternehmen will dem Betriebsratsvorsitzendem kündigen - Betriebsrat hat Zustimmung dazu verweigert
Zu unbequem? Stadtbus GmbH will Betriebsratsvorsitzenden Thomas Rockel loswerden
Thomas Rockel will gegen die Kündigung vorgehen. Foto: Heiko Siegel
verdi

Bad Kreuznach. Weil er vor dem Arbeitsgericht eine Falschaussage bezüglich seines Arbeitgebers, der Stadtbus GmbH, getätigt haben soll, hat das Unternehmen die Kündigung des Betriebsratsvorsitzenden Thomas Rockel in die Wege geleitet. Rockel, der bis auf Weiteres von seinen Pflichten als Busfahrer freigestellt ist, hatte in der Vergangenheit mehrfach unter anderem auf Missstände im Unternehmen aufmerksam gemacht. Der Betriebsrat, der einer Kündigung zustimmen muss, hat der Stadtbus GmbH diese jedoch einstimmig verweigert. Das Unternehmen muss sich die Zustimmung nun vom Arbeitsgericht ersetzen lassen.

Sollte das Gericht zu Thomas Rockels Ungunsten entscheiden, wovon dieser jedoch nicht ausgeht, wie er unserer Zeitung sagt, will der 55-Jährige gerichtlich dagegen vorgehen. Die Vorwürfe, die sein Arbeitgeber gegen ihn erhebe, seien nämlich haltlos. Man wolle ihn „mürbe machen“.

Zum Hintergrund: Die Stadtbus GmbH war erst im April in die Schlagzeilen geraten, weil sie den im Zuge der Corona-Krise geltenden Ferienfahrplan ab Mittwoch, 15. April, auf einen stark reduzierten Samstagsfahrplan umgestellt hatte – ohne Kunden, Mitarbeiter, Betriebsrat oder die Genehmigungsbehörde vorzuwarnen (wir berichteten). Zahlreiche Pendler schauten morgens in die Röhre, weil viele Frühverbindungen wegfielen. Das Verkehrsunternehmen habe den Betriebsrat bei dieser Entscheidung übergangen, sagt Rockel unserer Zeitung. Deswegen erwirkte der Betriebsratsvorsitzende beim Arbeitsgericht Mainz eine einstweilige Verfügung gegen die Stadtbus GmbH. Diese musste den Samstagsfahrplan fallen lassen und stieg bereits ab dem 17. April wieder auf den Ferienfahrplan um. Rockel schob gleich eine weitere einstweilige Verfügung hinterher: Die Stadtbus GmbH hatte dem Betriebsrat nämlich nicht den Dienstplan für Mai vorab zur Zustimmung vorgelegt. Dies gab Rockel vor Gericht auch in einer eidesstattlichen Erklärung an. Das sei eine Falschaussage und somit eine Straftat, findet wiederum die Stadtbus GmbH, denn man habe zeitnah eine E-Mail mit dem Dienstplan verschickt. Rockel kontert: „Es kam eine E-Mail. Aber darin war kein Monatsdienstplan enthalten, sondern die Dienstblätter.“ Dies sind die persönlichen Tageseinsatzpläne der Fahrer, in denen etwa die genauen Abfahrts- und Pausenzeiten vermerkt sind.

Rockel geht derzeit seiner Arbeit als Betriebsrat im Homeoffice nach. Zu tun gibt es genug. Seit die Corona-Verordnungen vor 14 Tagen gelockert wurden und wieder deutlich mehr in der Stadt los ist, dränge der Betriebsrat darauf, den Notfallferienfahrplan wieder komplett auf Normalfahrplan umzustellen, erzählt Rockel. Doch die Stadtbus GmbH „verweigert sich absolut dagegen. Klar: Wenn man weniger fährt, hat man ja auch weniger Kosten“. Außerdem sei kaum noch Personal verfügbar, der Krankenstand im Unternehmen sei exorbitant, sagt Rockel. „Die werden krank gemacht“, sagt er über den Umgang seines Arbeitgebers mit den Mitarbeitern. „Viele haben bereits innerlich gekündigt.“

Der „Oeffentliche“ hat Kontakt zu den Stadtbus-Geschäftsführern Karsten Krämer und Rüdiger Schmidt aufgenommen, damit diese ihre Sichtweise darlegen. Doch per E-Mail teilte Krämer mit, dass man sich nicht zu einem laufenden Verfahren äußern werde.

Michael Simon, Vorsitzender des Kreisvorstands Bad Kreuznach des Deutschen Gewerkschaftsbunds (DGB), zeigt sich fassungslos und verärgert über das Vorgehens der Geschäftsführung der Stadtbus GmbH: Es handele sich um ein willkürliches Agieren der Geschäftsführung, das aus Sicht des DGB völlig inakzeptabel und nicht hinnehmbar sei. Michael Simon: „Es schockiert mich und macht mich wütend, wie hier mit einem großartigen und leidenschaftlichen Vertreter der Beschäftigten umgegangen wird. Thomas Rockel hat jedenfalls die volle Solidarität des DGB-Kreisvorstandes und ausdrücklich auch von mir ganz persönlich.“ Statt einen Betriebsratsvorsitzenden, der zu Recht mit Blick auf die Unternehmenspolitik der Stadtbus GmbH den Finger in die Wunde lege, sowohl im Interesse der Busfahrer als auch der Kunden, mit einer fristlosen Kündigung zu begegnen, müsse man von einer Geschäftsführung mehr Souveränität im Handeln erwarten können. So wie die Stadtbus GmbH agiere, sei dies jedenfalls kein Ausdruck einer souveränen Betriebsführung, heißt es in der Pressemitteilung des DGB.

Auch Jürgen Locher, Fraktionsvorsitzender der Linken im Kreuznacher Stadtrat, ist auf Rockels Seite und bezeichnet die Kündigung als „eine Sauerei“. Weiter sagt er: „Das ist ein typisches Vorgehen von Unternehmen, die unbequeme Betriebsräte loswerden wollen. Man hat keine Argumente, und dann konstruiert man irgendwelche Dinge und erhebt Vorwürfe.“ Locher geht davon aus, dass die Kündigung scheitern wird.

Von unserer Redakteurin
Silke Bauer

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