Klingt beruhigend. Doch wie ist dieser Wert zu deuten? Handelt es sich um ein gutes Zeichen, für einen sich stabilisierenden Betrieb oder eher für die Unlust der enttäuschten Kunden, sich weiter zu Wort zu melden?
Wir sind nicht zufrieden.
KRN-Geschäftsführer Uwe Hiltmann
Befürworter der Kommunalisierung wie Landrätin Bettina Dickes (CDU) und die SPD um Carsten Pörksen dürften Interpretation eins zuneigen, KRN-Kritiker wie die FDP um Thomas Bursian eher Interpretationsvariante Nummer zwei.
Erklärend, nicht um den heißen Brei redend: KRN-Geschäftsführer Uwe Hiltmann: „Wir sind nicht zufrieden.“ Nach dem 7. November informierte er den Kreistag am Montag zum zweiten Mal über den aktuellen Leistungsstand des neuen Verkehrsunternehmens, für das im Jahr 2023 ein Anlaufdefizit von satten 22 Millionen Euro erwartet wird, wie Thomas Bursian kritisierte: „Ist die Strategie der KRN schlecht?“
Im Zuschauerraum folgten Hiltmann RNN-Geschäftsführerin Silke Meyer und Rhein-Nahe-Fahrplankoordinator Marco Remy, der sich jetzt täglich mit der KRN abstimmt. Abends, 18.15 Uhr, sichte er selbst, so Hiltmann, die aktuellen Fahrdienstdaten, um direkt für den nächsten Tag reagieren zu können.
Den Beiträgen Hiltmanns wie Meyers war ein zunehmendes Selbstbewusstsein anzumerken, vor allem, wenn es um Fehler und Versäumnisse geht, die nicht auf die KRN- und RNN-Kappen, sondern auf nicht vorhersehbare Entwicklungen wie den Krankenstand (momentan bis zu 22 Prozent an den acht KRN-Standorten und frappierend vor allem im Raum Mainz-Bingen) geht.
KRN wartet noch auf Fahrzeuge
Oder die noch nicht ausgelieferten Fahrzeuge aufgrund weltweiter Materiallieferengpässe; auf 28 von 40 Bussen der MAN, das sie für Anfang Oktober versprochen hatte, wartet die KRN noch immer. Zurzeit läuft ein juristisches Verfahren der KRN, die der MAN 8400 Euro pro Tag für die Lieferverzögerung in Rechnung stellt. Silberstreif für den komplexen Fahrplan: Acht weitere Busse werden diese Woche einsatzbereit sein, der Rest komme bis Ende des Jahres auf die Straße. Anfang Januar werden die KRN-Subunternehmer ihre Flotte komplettieren können, hofft Hiltmann.
An was es außerdem fehlt: an Bordrechnern. Ohne sie sind die Busse im „Blindflug“ unterwegs. Linienanzeigen (wie von Freier Wählerin und Mutter Anke Schumann im Kreistag bemängelt) seien vielfach nicht zu sehen. Blau-weiße, rote oder andersfarbene Busse verkehrten zwar, aber für Schulkinder sei nicht zu erkennen, um welche Linien es sich handele. Hiltmanns Erklärung: Durch die nicht gelieferten Neufahrzeuge habe man rasch 30 Fremdbusse ohne die übliche KRN-Ausstattung wie die Zielanzeigen mieten müssen. Endzustand: Busse mit vier Linienanzeigen – vorne, hinten und seitlich.
Wichtigste Botschaft für Eltern: Der 3500 Fahrten umfassende tägliche Schülerverkehr zwischen 9 und 14.30 Uhr – zu 60 von ihnen gingen Kritiken ein – stabilisiere sich. Lernprozess 1: Über Jahrzehnte hinweg seien Busunternehmer nach individueller Absprache mit den Schulen gefahren, von denen keiner etwas wusste. Ob solche Gewohnheitsrechte nun in modifizierter Form in den Fahrplan aufgenommen werden können, stellte Landrätin Dickes im Kreistag infrage.
Zum 1. Dezember kommen 19 neue Fahrer
Lernprozess 2: Im Kirner Land seien vier Kinder in einem Zwölf-Meter-Bus transportiert worden; hier setze man künftig ein Taxi oder einen Kleinbus ein. Im Kontrast dazu: An anderer Stelle seien selbst lange Gelenkbusse zu klein für die Schülerzahl. Lernprozess 3: Möglich, dass hier und da wieder eigens Schulbusse eingesetzt und vom Linienverkehr abgetrennt würden.
Zu den Deutschkenntnissen der 200 Busfahrer (350 hatten sich beworben, 57 waren nicht angetreten) fragte Rainer Dhonau(Die Linken). Natürlich habe man bei der Einstellung der zwölf ausländischen Fahrer auf Sprachkenntnisse geachtet, betonte Hiltmann: „Faust müssen sie aber nicht zitieren können.“ Zum 1. Dezember werden 19 neue Fahrer eingestellt; vier Wochen dauert es, bis sie einsatzfähig sind.
Kabelbinder und Regress
Jürgen Klein (AfD) brachte die nur mit Kabelbindern befestigten Fahrpläne zur Sprache. Dazu Uwe Hiltmann: Man habe 1818 Haltestellen; sie alle mit Masten auszustatten dauere Monate. Herbert Drumm (Freie Wähler) erinnerte an eine einst prognostizierte Busauslastung von 35 Prozent; heute liege sie bei 10 Prozent: „Wenn sich das nicht ändert, ist die Kommunalisierung krachend gescheitert.“ Carsten Pörksen (SPD) bekräftigte, den Aufsichtsrat mit der momentanen Situation befassen zu müssen, auch um die KRN aus den Negativschlagzeilen herauszuholen: „Die Kommunalisierung ist der richtige Weg, doch sind den Leuten die Mehrkosten nur schwer zu vermitteln.“
Und Anke Schumann fragte nach einem finanziellen Ersatz, wenn Eltern für ausgefallene Busse einspringen und ihre Kinder fahren müssten. Früher hätte es eine Kilometerpauschale gegeben. Eine solche Regressregelung wie im Fern- und Flugverkehr gebe es bei der KRN nicht, antwortete Uwe Hiltmann, doch habe man aus Kulanz den ein oder anderen Aufwand erstattet – mit bislang insgesamt 800 Euro an Taxi- und sonstigen Fahrkosten. Weitere Info des KRN-Chefs: Am 23. November werden Fahrplanänderungen besprochen, die ab 2. Januar 2023 greifen. mz