Courtney Swain in Sobernheim
Wo zeitlose Klanglandschaften zum Träumen einladen
Sängerin und Multiinstrumentalistin Courtney Swain ist beim Bad Soberheimer Kulturforum in der Matthiaskirche aufgetreten. Nicht nur am Flügel, sondern auch auf einer Loopmaschine zeigte sie sich virtuos.
Markus Kilian

Eine Musik nicht zum Mitsingen, sondern zum Mitfühlen: Den schwebenden Klängen der Sängerin und Pianistin lauschten mehr als 100 Zuhörer in der Matthiaskirche gebannt. Dass Swain der Einladung des hiesigen Kulturforums folgte, war ein Glücksfall.

Fast unbemerkt geht es los. Zunächst wabern einzelne Töne aus dem schwarzen Korpus des Flügels nacheinander durch die Bad Sobernheimer Matthiaskirche, bis sich der Klang stetig verdichtet und fast unbemerkt nicht mehr nur Akkord, sondern vielmehr ein Teppich aus Stimmungen und Nuancen ist. Dann erst breitet Sänger-Songwriterin Courtney Swain ihre sanfte und zugleich kräftige Stimme darüber aus. Losgelöst von rhythmischen Korsetten, losgetreten von dem Mut, über die Klanglandschaft auch leicht reibende Ton ins Mikrofon zu hauchen. Es war ein Abend zum Träumen, den das hiesige Kulturforum in dem Gotteshaus organisiert hatte. Dabei konnte Vorstand Sascha Müller kaum glauben, dass Swain auf ihrer ersten Solo-Europatour zwischen Stationen in Zürich, Prag und Berlin die Felkestadt besucht. Aber dazu später mehr.

Eine Leinwand für Klangfarben

Eigentlich singt die junge Frau, die da mit Latzhose und Haarspange am Flügel sitzt, in einer Rockband namens Bent Knee. Doch von treibenden Taktschlägen und lauten Gitarren fehlt an diesem Abend jede Spur. Vielmehr schafft Courtney Swain das Gegenteil von Hektik – eine Musik, die in der Zeitlosigkeit verweilen will. So kreieren ihre Songs am Flügel eine Leinwand, die Swains Stimme in aller Ruhe mit verschiedenen Klangfarben bestreicht. Mal melancholisch, mal mutig, aber dabei immer virtuos.

Das Kulturforum Bad Sobernheim hatte den Auftritt der Songwriterin in der Matthiaskirche organisiert.
Markus Kilian

Dabei ist die US-amerikanische Swain eine Frau vom Fach: Nach ihrer Ausbildung als klassische Pianistin in ihrer Jugend legte sie den Bachelor of Music am namhaften Berklee College of Music mit einem Doppelabschluss in klassischer Komposition und zeitgenössischem Schreiben und Produzieren nach. Seit 2015 lebt die Künstlerin in Rhode Island und arbeitet als Pianistin und Musikdirektorin unter anderem für verschiedene Theater und Universitäten.

„Dann habe ich sie einfach gefragt. Ich war überrascht, dass sie zugesagt hat.“
Sascha Müller, Vorstand des Kulturforums Bad Sobernheim

Mit großer Raffinesse lässt Courtney Swain zahlreiche Einflüsse in ihr geistreiches Songwriting einfließen. So erinnert im Konzert eine Solopassage des Flügels mal an den impressionistischen Debussy, mal an den klagend-romantischen Chopin. Zugleich finden Pop- und Jazzelemente Einzug in die Kompositionen, deren Inspiration sich im persönlichen Umfeld der Sängerin findet: Sei es die Einsamkeit der Corona-Zeit, der Verlust von Freunden oder die Landschaft Islands, wie Courtney Swain an diesem Abend erzählt.

Frauenchor aus nur einer Stimme

Es ist eine Musik nicht zum Mitsingen, sondern zum Mitfühlen, die die Sängerin in einem Klangbild irgendwo zwischen Enya und Katie Melua in dem knapp eineinhalbstündigen Konzert vorträgt. Ein musikalischer Höhepunkt zeigt sich in der zweiten Hälfte, als Swain zeitweise die Finger vom Flügel lässt und mithilfe einer Loopmaschine nach und nach einen dichten Chorklang bastelt, indem sie nur mit ihrer Stimme mehrere Spuren aufnimmt und wiederholen lässt. Und plötzlich singt ein sanfter Frauenchor im dazu wunderbar passenden Ambiente der Matthiaskirche – sehr zur Faszination der mehr als 100 Zuhörer, die den Weg zu dem kostenlosen Vortrag gefunden haben.

Die Matthiaskirche bot ein stimmungsvolles Ambiente für das Konzert der US-Amerikanerin.
Markus Kilian

Dass Courtney Swain überhaupt den Weg ins Gotteshaus gefunden hat, ist für Sascha Müller vom Kulturforum noch immer ein kleines Wunder, wie er im Gespräch mit unserer Zeitung durchblicken lässt. „Ich war überrascht, dass sie zugesagt hat“, erzählt er sichtlich erfreut. Doch wie kam es überhaupt zum Kontakt von Bad Sobernheim nach Rhode Island?

Zunächst war Müller auf Swains Band gestoßen und wusste: „Das ist genau mein Musikgeschmack.“ Auf einem Livekonzert in Deutschland war er „völlig geflasht“. Dann kam Corona, die Zeit, in der viele Künstler übers Internet (finanzielle) Unterstützer suchten. Zu Courtney Swains Fans zählte dabei auch Sascha Müller. „Da hat sich der Kontakt aufgebaut, man ist da vernetzt“, beschreibt er und fügt mit Blick auf das Konzert in der Bad Sobernheimer Kirche hinzu: „Dann habe ich sie einfach gefragt.“

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