Diakonie neuer Träger?
Widerstand gegen Verkauf des GZ Glantal wächst
Wie geht es weiter mit dem Gesundheitszentrum Glantal? Die Stiftung Kreuznacher Diakonie hat Interesse an einer Trägerschaft.
Roswitha Kexel

Wie geht es mit dem Gesundheitszentrum Glantal weiter? Offensichtlich hat die Kreuznacher Diakonie Interesse an einer Trägerschaft. Indessen formiert sich Widerstand gegen den Verkauf des Hauses. Eine Bürgerinitiative soll gegründet werden.

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Der geplante Verkauf des Gesundheitszentrums Glantal (GZG) hat eine Sprengkraft weit über Meisenheim hinaus: Die Kreuznacher Diakonie ist einer von offenbar zwei Interessenten, die die Trägerschaft des Hauses übernehmen möchte – wohl mit guten Aussichten. Unter dem Klinikpersonal, in der Politik und bei Unternehmen stoßen die Verkaufspläne auf Kritik. Befürchtet wird, dass das Haus in weiten Teilen ambulant weitergeführt wird ohne stationäre Versorgung. Nun formiert sich eine Bürgerinitiative.

Seitdem bekannt ist, dass das GZG als renommiertes, in der Region stark nachgefragtes Haus einen neuen Träger bekommen soll, steht die Frage im Raum: Warum eigentlich? Das möchte auch eine Interessengemeinschaft der Unternehmer im Kreis Kusel und Bad Kreuznach wissen. In einem Brief an Ministerpräsident Schweitzer schreibt die Gruppe: „Unverständlich ist es, dass ein funktionierendes, wirtschaftlich stabiles Haus, das zuletzt einen Gewinn von 1,7 Millionen Euro erwirtschaftet hat, nun veräußert werden soll – ohne erkennbare Not und ohne eine transparente Darstellung der Entscheidungsgründe.“ Begründet wurde die Abgabe der Einrichtung vom Träger, dem Landeskrankenhaus Andernach (AÖR), mit der Krankenhausreform. Das bekräftigte Sprecher Markus Wakulat. „Veränderungen wird es auf jeden Fall geben – egal, bei welchem Träger“, sagte er.

Zahlreiche Menschen, auch aus den Nachbar-Verbandsgemeinden und -kreisen demonstrierten 1997 gemeinsam gegen die Sparpläne des Landes und für den Erhalt des Krankenhausstandortes. Es fuhren sogar Sonderbusse von den Dörfern nach Meisenheim.
Roswitha Kexel

Die Stiftung Kreuznacher Diakonie kann dabei als ein Favorit im Verfahren um die neue Trägerschaft angesehen werden. Ein Käufer aus der Region wird wohl begrüßt – beste Voraussetzungen also für die Diakonie. „Als Krankenhausträger mit einer Verantwortung für die Gesundheitsversorgung der Region sind wir immer daran interessiert, die medizinische und pflegerische Versorgung nachhaltig zu sichern und prüfen deshalb alle Optionen. Mit Blick auf das Gesundheitszentrum Glantal befinden wir uns in einem guten Austausch und haben darüber Vertraulichkeit vereinbart“, erklärt Diakonie-Vorstand Andreas Heinrich auf Anfrage.

Das wiederum weckt Erinnerungen an die Übernahme des St.-Marienwörth-Krankenhauses. Dort kündigte der damalige Trägerverein, die Franziskanerbrüder vom Heiligen Kreuz, Mitarbeitern aus der Verwaltung. Auch soll medizinisches Fachpersonal von sich aus gegangen sein. Vor der Übernahme durch die Diakonie wurde zudem von den Franziskanerbrüdern die Geburtshilfe am kleineren Standort geschlossen; geburtshilfliche Leistungen wurden am Standort der Diakonie in der Ringstraße zusammengeführt. Anfang dieser Woche wurde nun bekannt, dass Stephan Backs, Kaufmännischer Direktor des GZG, freigestellt worden ist. Aus dem Umfeld des Gesundheitszentrums heißt es, Backs werde Klage einreichen. Unserer Zeitung gegenüber wollte er sich nicht dazu äußern.

Unternehmer wenden sich an Ministerpräsidenten

Vielen ist dabei unklar, inwieweit die Versorgungsstrukturen des Krankenhauses aufrechterhalten bleiben. Die Staatssekretärin im Gesundheitsministerium in Mainz und Aufsichtsratsvorsitzende des Landeskrankenhauses, Nicole Steingaß, sagt dazu: „Wir sehen das Haus in Meisenheim als bedarfsnotwendig an. Deshalb wird das Landeskrankenhaus nur dann an einen Erwerber veräußern, wenn sichergestellt ist, dass das Krankenhaus als Grundversorger mit Notaufnahme auch zukünftig betrieben werden wird.“

Gerade das wird derzeit sowohl in der Politik als auch in der Wirtschaft mit Sorge betrachtet. Die Unternehmergruppe um Michael Groß möchte von Schweitzer wissen: „Wie wird sichergestellt, dass medizinische Schwerpunkte wie die Neurologie – mit einem in Rheinland-Pfalz einmaligen Komplettangebot – auch künftig in vollem Umfang erhalten bleiben? Was geschieht mit der Notarztversorgung, die über 1000 Einsätze pro Jahr abdeckt? Wird die Pflegeschule weiterhin in Meisenheim bestehen bleiben? Ist es wirtschaftlich und strukturell vertretbar, das Sprachheilzentrum Meisenheim vom GZG zu trennen, obwohl hier zahlreiche Synergien bestehen?“

Außerdem ging ein zweiter Brief nach Mainz, in dem die früheren Bürgermeister der VG Meisenheim, Dietmar Kron, Alfons Schneider und Wolfgang Schumann, ihre Sorge um das Gesundheitszentrum Glantal schildern. An Fronleichnam trafen sich zudem Meisenheims Stadtbürgermeister Reinhold Rabung, sein Vorgänger Gerhard Heil, die Stadtbeigeordneten Torsten Wenzel, Eugen Krax und Martin Zimmermann sowie Alfons Schneider und Dietmar Kron im Büro des Stadtbürgermeisters und besprachen weitere Schritte. Der CDU Landtagsabgeordnete Helmut Martin stellte eine offizielle Anfrage an die Landesregierung, bemängelte aber, dass von SPD-Gesundheitsminister Clemens Hoch keine klare Antwort kam.

Neuen Gesprächstermin angeboten

Das Landeskrankenhaus Andernach wiederum hat der Interessengemeinschaft der Unternehmer einen erneuten Gesprächstermin für Montag, 2. Juni, vorgeschlagen. „Wir wollen alle dasselbe: Das Gesundheitszentrum als wichtigen Versorger der Region erhalten“, sagt Sprecher Markus Wakulat.Die Gruppe möchte den Termin aber nur wahrnehmen, wenn Landeskrankenhaus-Geschäftsführer Alexander Wilhelm vorher „klar und ehrlich“ ihre Fragen beantwortet, wie Michael Groß für den Zusammenschluss sagt, „und Stellung bezieht“. Die Gruppe kritisiert Wilhelm scharf für sein Vorgehen und fordert inzwischen sogar seinen Rücktritt. Mehreren Quellen zufolge hat auch der SPD-Stadtverband gedroht, sämtliche Ämter niederzulegen, sollte das Gesundheitszentrum nicht in öffentlicher Hand bleiben. Der Vize-Vorsitzende Klaus Dietrich wollte dazu auf Anfrage dieser Zeitung nichts sagen, betonte aber, man gehe Aktivitäten auf verschiedenen Ebenen nach.

Bürgerinitiative gründet sich

„Stoppt den Verkauf unseres Gesundheitszentrums Glantal in Meisenheim!“ Mit diesem Aufruf laden die Meisenheimer Stadtspitze und frühere Bürgermeister der ehemaligen Verbandsgemeinde Meisenheim alle Bürgerinnen und Bürger der Region, denen das Krankenhaus am Herzen liegt, für Freitag, 6. Juni, 19 Uhr, zu einem Infoabend in das Gemeindehaus Meisenheim, Obergasse, ein. Nicht nur das: Beim heutigen Altstadtfest wollen sie an einem Infostand Unterschriftslisten auslegen und weitere Schritte zur Gründung einer Bürgerinitiative erläutern.

In Erinnerung an die erfolgreiche Demonstration zahlreicher Menschen im September 1997, als der Krankenhausstandort laut dem Krankenhausplan des Landes verkleinert und die Bettenzahl massiv gekürzt werden sollte, rufen die politischen Vertreter nach dem Leitspruch „Wir dürfen nicht zulassen, dass unser Krankenhaus verhökert wird!“ nun erneut zum Aufstehen auf. „Lasst uns für unser Krankenhaus auf die Straße gehen und kämpfen!“ – so der Aufruf.

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