Über diesen Termin soll die Stadtverordnetenversammlung am Donnerstag, 2. Juli, abstimmen. Damit werden nun nach langer Verzögerung die Bürger über das zentrale Verkehrsvorhaben von Wiesbaden entscheiden.
Die Citybahn sollte eigentlich schon ab 2022 die beiden Landeshauptstädte Mainz und Wiesbaden über die Theodor-Heuss-Brücke hinweg verbinden. Besonders für die hessische Landeshauptstadt ist das Projekt das zentrale Verkehrsprojekt. „So, wie der Istzustand ist, kann es nicht weitergehen“, betonte Mende. Wiesbaden sei stolz auf seine historische Innenstadt, aber für die heutigen Verkehrsmengen sei sie eben nicht gebaut.
Doch die Citybahn ist in Wiesbaden weiter hoch umstritten. Vielen Bürgern ist die Vorstellung, eine schienengebundene Bahn durch die historischen Straßen rollen zu lassen, ein Dorn im Auge. Auch die Linienführung über Biebrich wird vielfach als unnötig abgelehnt, die Industrie- und Handelskammer sprach sich schon mit großer Mehrheit gegen das Projekt aus: Die Versammlung befürchtet Nachteile für Handel und Wirtschaft. Bürgerinitiativen fordern stattdessen den Ausbau eines leistungsfähigen und umweltfreundlichen Bussystems.
Ein Bürgerentscheid war schon im Februar 2017 beschlossen worden. Die Umsetzung verzögerte sich wegen juristischen Tauziehens. Aber auch, weil die Stadt Wiesbaden lange eine Niederlage befürchtete. Der im April 2017 nach Wiesbaden gewechselte Verkehrsdezernent Andreas Kowol (Grüne) schaltete deshalb erst einmal die Entwicklung eines Mobilitätsleitbildes vor die Abstimmung. Nun könne man über die verkehrliche Entwicklung von Wiesbaden bis 2030 diskutieren, sagte Kowol am Dienstag und betonte: „Ich habe einen großen Optimismus, dass wir diese Abstimmung zugunsten einer Citybahn gewinnen können.“
Er glaube, dass in Wiesbaden noch sehr viele Bürger dem Projekt Citybahn unentschlossen gegenüberstehen, sagte OB Mende, um diese Bürger wolle man werben. Eine Citybahn sei „komfortabel, zuverlässig, nachhaltig und barrierefrei“, warb Mende. Die Bahn trage zur Emissionsminderung bei und sei „ein gutes Instrument, um die Pendlerproblematik zu kanalisieren und dem Verkehr abzuhelfen, der durch die Stadt geht“.
Die Citybahn sei zudem ein wichtiges Projekt zur Vernetzung der Region zwischen Mainz und Wiesbaden. „Das ist kein Projekt gegen Autofahrer, sondern ein Projekt für Mobilität in der Stadt“, betonte der OB. Im Mobilitätsleitbild seien zudem alle Alternativen umfassend geprüft worden. „Und zwar von Seilbahnen bis Flugtaxis“, unterstrich Mende. „Es gibt keine Alternative, die dem Vergleich mit der Citybahn wirklich standhält.“ Kein anderes Verkehrsmittel habe dieselbe Leistungsfähigkeit und Umweltfreundlichkeit.
Nun sollen also die Wiesbadener am 1. November über das Projekt abstimmen, der Termin bestimmte sich durch die Corona-Pandemie: Man habe bereits im März die Unterlagen für einen Beschluss der Stadtverordnetenversammlung fertig gehabt, dann kam aber die Pandemie – und die Entscheidung des Gesetzgebers, alle Direktwahlen und Bürgerentscheide bis zum 1. November auszusetzen, sagte Mende. Nun soll die Abstimmung am erstmöglichen Zeitpunkt stattfinden.
Verzögert hatte sich das Bürgervotum aber auch im Streit um die genaue Fragestellung. Der Wiesbadener Magistrat einigte sich nun auf diese Formulierung: „Soll der Verkehr in Wiesbaden, zur Vermeidung von Staus und weiteren Verkehrsbeschränkungen für den Autoverkehr, durch eine leistungsfähige Straßenbahn (Citybahn) von Mainz kommend durch die Wiesbadener Innenstadt bis Bad Schwalbach weiterentwickelt werden, um Verkehrszuwächse aufzufangen und Umweltbelastungen (Luftverschmutzung, Lärmbelastung) zu verringern?“
Die Formulierung solle das Projekt in einen Gesamtzusammenhang einordnen. „Ich halte das ausdrücklich für legitim“, betonte Mende. Gleichzeitig sei die Fragestellung aber so klar, dass sie jeder Bürger versteht. Die Stadt werde ab sofort in eine breite Information der Öffentlichkeit einsteigen, und das auf allen Kanälen. „Ich will eine positive Grundstimmung wecken und keiner Debatte aus dem Weg gehen“, sagte Mende. Auch unter Corona-Bedingungen seien Formate mit Bürgern möglich. „Wir brauchen jetzt eine breite öffentliche Debatte über die Kernfrage“, betonte Mende: „Wie wollen wir Mobilität in dieser Stadt bestmöglich organisieren?“