Meisenheim – Dr. Jutta Ströter-Bender ließ das Publikum in der alten Synagoge aufhorchen. „Meisenheim ist umzingelt von Weltkulturerbe. Weshalb gehört es aber nicht selbst dazu?“ Die Professorin wohnt in der Glanstadt und lehrt an der Universität Paderborn. Mit dem von ihr entwickelten „Museumskoffer für Weimar“ hatte sie in Fachkreisen Anerkennung erworben und Preise erhalten. Sie wurde kürzlich mit ihren Studierenden eingeladen, einen solchen Koffer für die Berliner Museumsinsel zu entwickeln.
In Meisenheim konfrontierte die Wissenschaftlerin ihren Zuhörerkreis auch optisch mit der Aufforderung, sich für ein „Weltkulturerbe Benediktische Klosterlandschaft Rhein-Nahe-Glan“ stark zu machen. Von Bingen bis Offenbach-Hundheim könnte für dieses Anliegen geworben werden.
Mit eindrucksvollen Bildern öffnete die Referentin den Blick für die Hügellandschaften der Nordwestpfalz bis zum Donnersberg. Weshalb nicht römische Straßen und archäologische Stätten der Kelten zwischen Trier und Mainz in den Brennpunkt der Betrachtung stellen? Der mächtige Keltenwall bei Medard, im dritten Jahrhundert zerstört, prangte auf der Leinwand. Die Frage „Was wollen wir erben?“ bringe die Teilnehmer ihrer Lehrveranstaltungen – meist Nachwuchspädagogen – zum Nachdenken.
Belastetes Kulturerbe der NS-Zeit wolle niemand haben. Auch Meisenheim habe sich im März 2009 mit der Baggerschaufel von den Hinterlassenschaften der NS-Anlage auf dem Liebfrauenberg samt einer Hans-Breker-Statue getrennt. Der Welterbegedanke der Unesco wurde von Jutta Ströter-Bender an vielen Beispielen erläutert. Vom Place Stanislas in Nancy schlug die Fachfrau den Bogen nach Meisenheim. Der polnische König Stanisław Leszczynski lebte in der Glanstadt im Exil, bevor er in Frankreich Zuflucht fand und dort später eindrucksvoll Hof hielt.
Kulturelles Erbe seien auch Weihnachtskrippen und Festtagsschmuck, religiöses Brauchtum und Pilgerfahrten. Beim Erhalt alter Gebäude sagte die Professorin im Zusammenhang mit der aktuellen Wärmeschutzverordnung massive Änderungen bis in die Dörfer der Region voraus. Das Unesco-Kulturerbe in der weiteren Umgebung von Meisenheim wurde vorgestellt: Speyer, Kloster Lorsch, Kölner Dom, Trier, Oberes Mittelrheintal, Völklinger Hütte, Grube Messel, Klosteranlage Maulbronn.
Eine Frage ging an die Anwesenden: „Wenn die deutschen Buchenwälder um den Edersee im Sommer 2011 in das Weltkulturerbe aufgenommen werden, weshalb dann nicht auch Teile unserer hiesigen Heimat?“ Aus dem ungeschickt formulierten und deshalb zurückgezogenen Antrag der Stadt Heidelberg könne man nur lernen und es für die Gegend um Meisenheim besser machen. efp