Genüssliche Fortbildung
Wein und Essen: Da kann vieles stören
Udo Bamberger (links) weihte die Gäste mit zwölf ausgesuchten Weinen in die Geheimnisse der Geschmacksharmonie ein. Küchenchef Michael Göckel servierte passend dazu ein leckeres Vier-Gang-Menü. Foto: Kurt Knaudt
Knaudt Kurt. Kurt Knaudt

Gutes Essen, guter Wein – am besten aber schmeckt das Menü, wenn die Kombination mit Bedacht gewählt wird und echte Harmonie bedeutet.

Welcher Wein passt zum Essen? Woran man sich bei dieser ewig aktuellen Frage orientieren kann, erläuterte Weinexperte Udo Bamberger den insgesamt 100 Gästen bei zwei komplett ausgebuchten Veranstaltungen des Oeffentlichen Anzeigers in den Räumen des Partyservice Creative von Küchenchef Michael Göckel im Bad Kreuznacher Stadtteil Winzenheim.

„Die Geschmacksharmonie zwischen Essen und Wein entscheidet, ob es schmeckt oder nicht“, lautete die zentrale Botschaft von Udo Bamberger bei seinem einleitenden Ausflug in die Welt der Sensorik. Klingt einfacher, als es ist. Süße, Säure, Bitterstoffe, Alkohol und Schärfe: Das alles kann dazu führen, dass diese Harmonie im Mund und auf der Zunge gestört ist. Auch Kohlensäure kann viel verderben: Im Extremfall „spielt sie mit den Geschmackspapillen Polo“, bringt es der Moderator plastisch auf den Punkt.

Plädoyer für gereifte Weine zum Essen

Seine wichtigsten Thesen: Junge Weine tun sich in Kombination mit dem Essen meist schwerer als gereifte Weine. Bei jungen Jahrgängen sind die Geschmacksrichtungen halbtrocken oder feinherb im Vorteil. Kleine trockene Billigweine gehen zum Essen gar nicht, sagt er. Große trockene Weine brauchen drei bis fünf Jahre Reife. „Je fetter sie sind, desto mehr Zeit benötigen sie.“ Und abschließend: Weißweine und Roséweine kann man leichter zum Essen kombinieren als Rotweine.

Viele Gastronomen wollen davon nichts wissen. Sie setzen einseitig auf trocken, kritisiert Udo Bamberger. Er wünscht sich inständig, dass die Restaurants so kalkulieren, dass die mittelpreisigen Weine nicht zu teuer sind: „Denn die passen fast immer besser zum Essen als die einfachen Schankweine.“

Als Bestätigung für seine Ausführungen wertet Udo Bamberger das Ergebnis der Abstimmungen nach den einzelnen Gängen: Dann will er von den Gästen wissen, welcher der drei gereichten Weine ihnen am besten zum Essen geschmeckt hat. Das ist manchmal auch eine Typfrage: Wer eher ruhig und auf Ausgleich bedacht ist, bevorzugt eher Burgunderweine. Wer es eher etwas peppiger und anregender mag, tendiert zum Riesling.

Empfehlungen, aber bloß kein Geschmacksdiktat

Die Wertung fällt meist gemischt aus – mit einem leichten Vorsprung für den Tropfen, den auch der Experte favorisiert. Auch wenn er überzeugend begründen kann, warum er das tut, lässt der Experte abweichende Voten gelten: „Ich will kein Geschmacksdiktat ausüben.“ Er wirbt allerdings leidenschaftlich dafür, sich nicht von gängigen Vorurteilen leiten zu lassen. Eins davon lautet: Wer was vom Wein versteht, trinkt trocken – ein Mythos, gegen den Udo Bamberger schon seit vielen Jahren kämpft. Hartnäckig hält sich auch das Gerücht, dass zum Käse nur Rotwein passt. Auch da empfiehlt er Weine mit viel Restsüße. Michael Göckel kann ihm da nur beipflichten: „Selbst die Engländer“ beträufeln schließlich ihren Stilton mit einem süßen Portwein, argumentiert er.

Die zwölf Weine wurden vorab bei einem Probeessen so ausgewählt, dass es bei den Gästen einen Lerneffekt gibt. Es sind durchweg gute Weine, teilweise hoch prämiert: Aber nicht alle passen zum Essen. Udo Bamberger ist dabei nicht um einprägsame Formulierungen verlegen. Ein trockener Riesling zur cremigen Selleriesuppe als zweitem Gang: „Da hätten sich die Fußnägel gerollt.“ Zur Mousse au Chocolat als Dessert, die Michael Göckel als Überraschung serviert, gibt es keinen Wein, sondern nur einen heißen Tipp von Udo Bamberger: „Unter einer Beerenauslese geht hier nichts. Wenn Sie was anderes dazu trinken wollen: Lassen Sie’s besser bleiben.“

Bereits 15 Veranstaltungen in diesem besonderen Format

Offenbar besteht großes Interesse an diesem Thema. Denn die beiden Abende waren innerhalb von zwei Tagen ausgebucht. Seit 2016 hat es – mit einer coronabedingten Zwangspause zwischendurch – 15 Veranstaltungen mit diesem besonderen Format gegeben. Manche sind davon so angetan, dass sie am liebsten gleich für nächstes Jahr gebucht hätten. Dann sind zwei weitere Weinkulinarium-Abende geplant.

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