Das Vorhaben sorgt – wie bereits 2016 – erwartungsgemäß für Kritik. „Offensichtlich wollen die Stadtwerke die Gunst der Stunde im Schatten von Corona nutzen, um die Grundgebühren für Wasser drastisch in die Höhe zu schrauben“, befürchtet Stadtrat Wilhelm Zimmerlin, Vorsitzender des Büfep (Bündnis für soziale Energiepreise und gerechte Politik). Der Plan sehe zwar auch eine Senkung des Mengenpreises vor, doch ein einfaches Rechenbeispiel verdeutlichte dass gerade kleine Haushalte, die sparsam mit Wasser umgingen, besonders hart betroffen wären. „Der jährliche Grundpreis soll nämlich von 54,27 Euro auf 154,67 Euro um fast das Dreifache steigen, der Mengenpreis soll von 2,38 Euro auf 1,40 Euro je Kubikmeter sinken. Bei einem Trinkwasserverbrauch von beispielsweise 50 Kubikmetern würden die Stadtwerke somit insgesamt 51,40 Euro mehr kassieren, nämlich 224,67 Euro statt bisher 173,27 Euro“, rechnet Zimmerlin vor. Er befindet: „Eine derartige Gebührenerhöhung von 30 Prozent für eine Vielzahl von kleinen und sparsamen Haushalten in unserer Stadt halte ich für unsozial.“ Ebenso kritisiert er, dass die Stadtwerke „mit ihrem Monopol bei der Wasserversorgung üppige Gewinne“ machten“ – diese würden dann an die Stadtwerkegesellschafter RWE und Enovos abgeführt. Sowie an die BGK, die diese Mittel dann einsetzen würde, um zum Beispiel das Bäderhaus zu subventionieren. „Damit verstoßen sie gegen ihre Verpflichtung, die Überschüsse aus der Trinkwasser-Daseinsvorsorge innerhalb der Sparte zu belassen und für die Sanierung des Trinkwassernetzes zu verwenden.“
Eine „verdeckte Wasserpreiserhöhung“, sieht auch Gerhard Merkelbach (Fraktion FDP/Faire Liste). Er bezweifelt die Notwendigkeit, einer Umstellung, da die Stadtwerke in der Wassersparte nie Verluste eingefahren hätten.
Grundsätzliche Unterstützung für die Modellumstellung gibt es von der Fraktion der Linken. In der nächsten Sitzung des Finanzausschusses soll ein Linken-Antrag behandelt werden, der vorsieht, dass die Stadtwerke die Trinkwassersparte künftig nur noch kostendeckend betreiben und die Überschüsse nicht mehr an die Gesellschafter abgeführt werden. Mit dem neuen System würde der wirtschaftliche Fehlanreiz, möglichst viel Wasser zu verkaufen, beseitigt, finden Jürgen Locher.
Am Montagabend besprachen CDU und SPD in ihren Fraktionssitzungen das Thema. Bei beiden herrschen unterschiedliche Meinungsbilder vor.
Auch die Stadtwerke nehmen zur Kritik Stellung: „Durch die Änderung des Wasserpreissystems bleiben die Umsätze in der Sparte Wasser der Stadtwerke konstant. Die Wasserpreise werden nicht erhöht. Das Ziel des neuen Systems ist eine verursachergerechtere Verteilung der Kosten. In Summe werden die Kosten für die Vergleichshaushalte im Durchschnitt um plus oder minus 5 Prozent schwanken. Für die meisten Vergleichshaushalte bedeutet dies eine viel geringere Schwankungsbreite“, erklärt Unternehmenssprecherin Chantal Rubröder. Marian Ristow