Wenn es den Reben zu trocken und zu heiß wird, kann man sie doch einfach gießen, könnte man denken. Doch das Problem und mögliche Lösungen sind hochkomplex. Das bestätigte das Nahe-Fachforum „Weinbau in Zeiten des Klimawandels – Nachhaltiges Bewässerungsmanagement“ mit Experten am Dienstleistungszentrum Ländlicher Raum (DLR) in Bad Kreuznach.
„Wasser ist Garant für Leben“, sagte Nahe-Weinbaupräsident Dr. Thomas Höfer zur Begrüßung der recht überschaubaren Zuhörerzahl. Die Winzer hätten die Notwendigkeit erkannt, sich des Themas im Spannungsfeld zwischen Hochwasserschutz und Wasserrückhaltung anzunehmen. Höfer sprach auch mögliche Interessenkonflikte zwischen der Gesellschaft sowie Landwirtschaft und Weinbau an. Das Fachforum sah er als Auftaktveranstaltung für eine gemeinsame Anstrengung über Jahrzehnte.
Die Wetterphänomene und die Klimabeobachtungen seien „ein Achtung-Zeichen einer dramatischen Entwicklung“, betonte Joachim Gerke von der Struktur- und Genehmigungsdirektion Nord. Auch er bezeichnete die Wasserwirtschaft im Bezug auf den Weinbau in Zeiten des Klimawandels als eine Generationenaufgabe. Unwetter im Sommer und Trockenheit im Winter seien der schlimmste denkbare Fall, denn „Grundwasserneubildung findet nur im Winter statt“. Der Klimawandel fresse die Reserven der Quellschüttungen und den Zuwachs auf.
Beim Weinbau müssten Überschuss und Mangel an Wasser möglichst ausgeglichen werden durch Verbesserung des Bodenwasserhaushalts, Speicherung von Winterabflüssen und von Starkregen. Joachim Gerke machte aber auch klar: Bewässerung ist aktuell nur zur Qualitäts-, nicht zur Mengensicherung erlaubt. Und: Vorrang hat im Zweifel die öffentliche Wasserversorgung. Alleinige Lösungen zur Bewässerung von Rebflächen seien nicht zielführend. Es brauche Antrags- und Genehmigungsverfahren.
Strukturen müssen geschaffen werden, etwa über das DLR. Ralph Gockel von der Landwirtschaftskammer wies einen erprobten Weg: die Gründung von Wasser- und Bodenverbänden als Organisationsform. Weinbaupräsident Höfer nahm diesen Denkanstoß auf. Und auch Dr. Daniel Heßdörfer von der Bayerischen Landesanstalt für Weinbau und Gartenbau Veitshöchheim stellte fest: „Es geht nicht ohne Boden- und Wasserverbände.“ In Franken gibt es Projekte mit nachhaltigem Bewässerungsmanagement für den Weinbau, so etwa in Volkach und Iphofen.
Experimentiert wird mit Frostbewässerung und Tropfbewässerung bei Wasserentnahme aus dem Main oder aus Uferfiltrat und Zwischenspeicherung in der Höhe. Notwendig sind große, zusammenhängende Flächen und eine gemeinsame Organisationsform. Die hohen Kosten wurden bei den Modellprojekten durch Zuschüsse abgefedert.
Weinbergbewässerung ist dort auch wissenschaftliche Gemeinschaftsanstrengung. Grundlagenmessungen, technische Einrichtungen, Verrohrung, Digitalisierung, Mess- und Regeltechnik summieren sich zu Kosten, die manchen interessierten Praktiker in der DLR-Aula doch sichtlich ins Grübeln und Zweifeln brachten. Doch Nichtstun ist keine Lösung: „Der Anpassungsbedarf an den Klimawandel ist die größte Herausforderung des Weinbaus seit den Verwüstungen der Reblausplage“, sagte Daniel Heßdörfer.
Einen anderen Aspekt des Wassermanagements brachte Dr. Jörn Schultheiß von der Hochschule Geisenheim ein: die Schwammregion. Städte müssten zu sinnvoll Wasser haltenden Schwammstädten werden – doch zugleich setze man damit an Symptomen an. Die Ursachen des Wassermissmanagements sei an den Oberläufen und in den Landschaften von Wäldern bis Feldern zu suchen. Dort seien heilende Eingriffe und Rückbauten von Strukturen notwendig.