Das Debakel rund um den Solarpark auf der sogenannten „Itzbacher Höhe“ zwischen St. Johannisberg und Oberhausen bei Kirn ist beileibe kein lokales Phänomen. Es hat – übrigens genauso wie der abgelehnte Solarpark bei Königsau oder die Ablehnung in Schwarzerden – deutliche Signalwirkung, was die regionale Planung der Solar- und Windkraftanlagen betrifft.
Natürlich wird energisch mit Fakten und ihrer Interpretation diskutiert, aber was hier quasi „von oben“ wirkt, sind zwei sehr deutsche Neigungen, die insbesondere von den Kämpfern für die Energiewende nicht ernstgenommen wurden – aber zunehmend an Einfluss gewinnen.
Die bremsende Liebe zum Wald und zum Grün
Die erste grundsätzliche Neigung, die sich hindernd und bremsend auswirkt, ist ausgerechnet die deutsche Liebe zur Natur, zum Wald, zum Grün. Es ist nicht verwunderlich, dass sich in Kirn – und übrigens in der gesamten Region – besonders naturverbundene Menschen kritisch mit der Veränderung der Kulturlandschaft auseinandersetzen. Die Bürgerinitiative in Kirn nennt sich nicht umsonst „Heimat und Natur – rettet den Dhauner Wald“. Der Wald hatte schon in der deutschen Romantik eine identitätsstiftende Bedeutung, und das wird auf die Kulturlandschaft, das Grün allgemein, übertragen. Diese emotionale Bindung ist weit stärker als die Überzeugungskraft ökonomischer Argumente, von Zahlen.

Womit man bei der zweiten, sehr deutschen Neigung wäre, die bremst: die Arbeitsmoral. Hier gibt es einen deutlichen Unterschied zum angelsächsischen Kulturbereich, wo das Geldverdienen an sich mit Applaus bedacht wird. In Deutschland jedoch gibt es nur Respekt, wenn für das eingenommene Geld eine nachvollziehbare Arbeitsleistung sichtbar wird. Eben das fehlt bei den Solaranlagen.
Kasse machen ohne Arbeitsaufwand
Hier wird einfach nur Land verpachtet, das nicht mehr „beackert“, sondern wo über Einspeisevergütungen Kasse gemacht wird. Ohne einen Finger zu rühren. Das kommt „an der Basis“ überhaupt nicht gut an. Von den Investoren und vor allem Grundeigentümern wird das natürlich gerne und simpel als Neid gebrandmarkt. Aber das trifft es nicht.
Diese beiden Entscheidungsfaktoren nehmen an Bedeutung zu und sorgen in der Energieprojektplanung für eine Schwingung des Pendels in die entgegengesetzte, einschränkende Richtung. Im Gespräch mit VG-Bürgermeister Thomas Jung und Beigeordnetem Hans Helmut Döbell wird auch eingeräumt, dass die Wirkung auf die Landschaft einen „Konflikt“ auslöse, der „abgearbeitet“ werden müsse. Aber das sei doch in den vergangenen Jahren bereits geschehen.

In der Erklärung des Hochstetten-Dhauner Gemeinderats wird auf die Historie verwiesen. Es habe bereits im Jahr 2022 eine Anfrage für Flächen zum Bau einer Photovoltaik-Anlage auf der Itzbacher Höhe gegeben, mit zunächst 24 Hektar. Dazu wurde ein Bebauungsplan beschlossen, der in der Folge gesplittet wurde – weil es in einem Bereich Bedenken bezüglich des Naturschutzes gegeben habe. Der Plan für den anderen Bereich am Nickelshof wurde ergänzt, weil ein weiterer Interessent anregte, die Anlage um acht Hektar zu erweitern. Dem habe der Gemeinderat zugestimmt.
Alle Baumaßnahmen sind genehmigt
Es wird eindringlich darauf verwiesen, dass es für alle Baumaßnahmen eine Genehmigung gebe. Es geht schlicht um eine kleine zusätzliche Fläche für einen Batteriespeicher oberhalb des „Nickelhofs“ (2037 Quadratmeter). Das aber wird von der BI kritisch beurteilt: Die Erweiterung sei notwendig geworden, weil das Umspannwerk nun größer gebaut werde, ein Batteriespeicher komme hinzu. Das aber sei im Umweltbericht nicht geändert worden. Und da der Bebauungsplan sich aus dem Flächennutzungsplan ableite, der in seiner Fortschreibung nun vom VG-Rat verhindert wurde, sei der Bebauungsplan der Ortsgemeinde „rechtswidrig“.
Dorf oder Verbandsgemeinde – wer trägt das Zepter?
Das sorgt in der Ortsgemeinde für Zorn, denn man fühlt sich in der Planungshoheit als Kommune eingeschränkt. Und auch hier kommt es zu politisch übergeordneten Fragestellungen. Denn die Gemeinderäte sehen ihren ehrenamtlichen Arbeitseinsatz als sinnlos an, wenn ihnen quasi „von oben“, also durch den Flächennutzungsplan der VG, ein Baustopp angeordnet wird.
Auf der anderen Seite ist eben die Flächennutzungsplanung als Instrument eingeführt worden, um eine übergreifende Projektierung der Baumaßnahmen in Kommunen vorzugeben. Es soll eben nicht jedes Dorf „für sich“ machen, was es lokal für wünschenswert hält. Sollte nun aber in Hochstetten-Dhaun beschlossen werden, dass das nicht vorliegende Okay zum Flächennutzungsplan keine Rolle spielt und die Gemeinde einfach weitermachen kann wie gewünscht, dann stellt sich die Frage nach der Sinnhaftigkeit einer übergeordneten und übrigens administrativ auch sehr aufwendigen Flächennutzungsplanung.
Gott weiß alles – Manfred Kuhn weiß alles besser. Deine Aussagen sind, um bei deinen eigenen Worten zu bleiben, „erbärmlich“.
Hans Helmut Döbell
Die Debatte ist heiß, und es wird auch persönlich. In der Erklärung des Hochstetten-Dhauner Rats wird Cornelia Dhonau-Wehner und CDU-Ratsmitglied Manfred Kuhn vorgeworfen, falsche Zahlen und Fakten zu publizieren. Die Fläche der Solaranlagen und der Erweiterungen werde zu hoch angesetzt, und die Kritik des Architekten Kuhn, dass zu wenig Solaranlagen auf den Dächern öffentlicher Gebäude installiert wurden, sei falsch: Bereits 2007 habe Hochstetten-Dhaun die Dachfläche des Gemeindebauhofes mit einer Anlage bedacht, es folgte 2010 die Schulturnhalle, die Schule und die gemeindeeigenen Häuser Dhauner Str. 17 und 19, dann die Kindertagesstätte im Jahre 2022. Die VG Kirner -Land habe in Hennweiler, Simmertal, Weitersborn, Otzweiler und weiteren Orten Anlagen auf VG-eigenen und gemeindlichen Häusern installiert.
Der Streit setzt sich fort
Es sei von Kuhn auch falsch, fehlende Entwässerungen zu bemängeln: Zweimal seien die Bebauungspläne in der Offenlage gewesen, es habe keine fachlichen Einwände gegeben. Döbell formuliert gegenüber Kuhn bissig: „Da fällt mir nur ein Satz ein: Gott weiß alles, Manfred Kuhn alles besser. Deine Aussagen sind, um bei deinen eigenen Worten zu bleiben, erbärmlich.“
Der „Solarstreit“ dürfte noch nicht vorüber sein...