Unterricht im Kuhstall auf dem Aschbornerhof: Melken steht für die Grundschüler der Geschwister-Scholl-Schule heute auf dem Stundenplan. Landwirt Rudolf Thilmann zeigt den Kindern im Melkstand, wie es geht, zuerst mit der Hand, dann mit der Melkmaschine. Freitags zwischen zehn und zwölf Uhr ist für die Grundschüler der Geschwister-Scholl-Schule Wallhausen immer „Lern(t)raumzeit. Und eines von derzeit ungefähr 15 Lern(t)raum-Projekten ist der Bauernhof von Familie Thilmann in Spabrücken.
Vor dem Melken kommt das Säubern
Zwei Kühe hat Rudolf Thilmann für die kleine Gruppe in den Melkstand geführt. Wie das mit dem „Ein- und Ausparken“ in dem Gestänge funktioniert, wissen die Tiere selbst. Jeden Morgen und jeden Abend werden die 170 Kühe gemolken. „Wollen die das, oder ist das Tierquälerei?“, fragt ein Schüler. Wie sich herausstellt, gehört mindestens ein Produkt, das Milch enthält, zu seinem täglichen Frühstück. Die beiden Milchkühe, denen die Prozedur im Melkstand tägliche Routine ist, verlieren durch die Schülergruppe keine Sekunde ihre Ruhe. Familie Thilmann nimmt mit ihrem Betrieb am Programm Lernort Bauernhof teil, denn es ist dem jungen Ehepaar ein Anliegen, vor allem Kindern zu vermitteln, wie Nahrungsmittel hergestellt werden. Ganz wichtig: Bevor es mit dem Melken losgehen kann, muss das Euter der Kühe sauber gemacht werden.

„Die dürfen sich bei uns im Stall frei bewegen und dann wird das schon mal ein bisschen schmutzig“, erklärt Landwirt Thilmann. Mit einem Lappen wischt er über die Zitzen, das überlassen die Schüler, mit einer Ausnahme, lieber ihm. Aber bei der Frage, wer es mit dem Melken probieren will, gehen alle Finger hoch. In der Schule haben es alle schon einmal am „Modell“ ausprobiert. Janina Thilmann hatte dafür einen Gummihandschuh mit Wasser gefüllt. Das geht an der echten Kuh einfacher, sagen später die Kinder unisono. „Man nimmt die Zitze zwischen Daumen und Zeigefinger und drückt mit dem Mittelfinger nach unten“, erklärt Rudolf Thilmann. Es klappt bei allen und nach kurzem Anmelken dürfen die Kinder auch den Melkautomaten anschließen. Dann versorgt Rudolf Thilmann die Euter der Kühe noch mit einem Jod-Pflegemittel, das schützt.
Projekt fördert nachhaltiges Lernen
Für Lukas, der sich intensiv vorbereitet hat, hat das Melken auch einen Aha-Effekt. „Ich habe gelesen, dass die Milch schneller kommt durch das Hormon Oxytocin und ich weiß jetzt auch, warum man an dem Euter so richtig stark die Adern sehen kann“, erzählt Lukas. Die Gruppe hat sich mit der Anatomie der Kühe beschäftigt, mit dem Unterschied zwischen Milchvieh und Rind und mit dem Futter, das die Tiere brauchen, fasst ein anderer Schüler, der auch Lukas heißt, zusammen. „Das war schon krass, was die am Tag fressen, so einen Haufen“, zeigt er mit Armen und Händen. Im Anschluss an das Melken steht noch Misten auf dem Plan, heute werden die Hasen- und Kälberställe ausgemistet und bekommen frische Einstreu.

„Das Projekt läuft jeweils über ein halbes Jahr, wir sind heute zum dritten Mal da und Frau Thilmann war schon mehrmals bei uns in der Schule für theoretischen Unterricht“, sagt Lehrerin Ronja Thiltges. Die Projektgruppe wird später auch noch alles über Klauenpflege lernen. Der auf ein halbes Jahr angelegte Projektunterricht ist nachhaltig, betont Janina Thilmann. Die Umweltingenieurin hat auch viele Gruppen, die einen Vor- oder Nachmittag zu Besuch sind, oder an einem Kindergeburtstag teilnehmen. Es dauert schon immer ein wenig, bis sich die Kinder an die meist ungewohnte Umgebung, an die Tiere, die Gerüche und Geräusche gewöhnt haben. Dann weicht, zumindest bei dieser Gruppe, die Befangenheit der Neugier und dem Spaß. Nicht nur bei den Kühen, auch die Schafe, die rund um den Melkstall grasen, haben die volle Aufmerksamkeit der Kinder.