Bad Kreuznacher Schwätzchen
Von Politikern und Panzern, Utopien und Zumutungen
Wenn die Brückenhäuser erzählen könnten: Sanft spiegelt sich das Wahrzeichen der Kreis- und Kurstadt an der Nahe im Mühlenteich.
Markus Kilian

Spitzen und Notizen aus Stadt und Kreis von Harald Gebhardt

Klarer kann man es in der Zeit von Narzissten wie Donald Trump, seiner Ministerriege und Milliardärsclique sowie des Kreml-Despoten Wladimir Putin kaum ausdrücken: „Herrschende Philosophen sind eine Utopie, philosophierende Herrscher eine Zumutung.“ Festgestellt hat dies der Publizist und Autor Josef Bordat in „Aphorismen, Gedanken, Kurzgedichte (1990-2007)“.

Sozia Julia Klöckner

Mitte der 1990er-Jahre stieg die damalige Deutsche Weinkönigin Julia Klöckner beim Hombes hinten auf.
Sammlung Rudolf Hornberger

„Demokratie ist im besten Sinne auch eine Zumutung“, befand Julia Klöckner in ihrer Antrittsrede nach ihrer Wahl zur neuen Bundestagspräsidentin. Die heimische CDU-Politikerin bekleidet nun das protokollarisch zweithöchste Staatsamt in Deutschland hinter Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier. Für Julia Klöckner „schließt sich damit der Kreis“, findet unser Leser Norbert Wortmann: „Sie erweckt ihren Familiennamen wieder in seiner ursprünglichen Bedeutung. Klockner, Klöckner ist ein niederdeutscher Amtsname für den Beruf des Glöckners. Als Bundestagspräsidentin vertritt und leitet sie das Parlament. Dabei hilft ihr zuweilen die Glocke des Bundestags, wenn ihre Stimme einmal nicht mehr ausreichen sollte – was noch selten vorgekommen sein soll.“ Klöckners neues Amt ist ohne Zweifel auch eine Werbung für ihren Wohnort Bad Kreuznach. In ihrer Rede erwähnte sie wieder „meine Heimatstadt Bad Kreuznach“, wo sich „ Konrad Adenauer und Charles de Gaulle zum ersten Mal auf deutschem Boden getroffen haben“. Die Kreisstadt an der Nahe national und sogar darüber hinaus bekannt zu machen, dafür hat die inzwischen 52-jährige Winzertochter, die in Guldental aufwuchs und am Stama ihr Abitur gemacht hat, schon früher gesorgt: als Bundestagsabgeordnete, Ministerin und nicht zuletzt als Deutsche Weinkönigin 1995/1996. Zu dieser Zeit stieg sie auch schon mal beim Mundartpoeten Rudolf Hornberger, dem Hombes, auf sein Motorrad, einer 43 PS starke Yamaha 535 Virago, hinten auf, fuhr als Sozia mit und hielt sich mit einem Griff um seine Hüfte an ihm fest, wie er jüngst in seiner Rubrik „Em Hombes in die Fiiß gelaaf“ erzählte. Im „Schwätzchen“ gibt es jetzt auch das Foto zu der Anekdote. Auf zwei Rädern war Julia Klöckner auch schon allein unterwegs – auf einem Roller. „Heute fährt sie in großen Limousinen, und die Motorräder fahren vorneweg und hinterher“, kommentiert der Hombes. So ändern sich eben die Zeiten.

Erinnerung an März 1945

Ein Panzer im März 1945 in den Weinbergen bei Volxheim
Heimatwissenschaftliche Zentralbibliothek Bad Kreuznach/Repro: Christine Jäckel

Eine schrecklich-schlimme Zeit waren die Jahre von 1933 bis 1945 in Deutschland. Bei der Frühjahrstagung des Vereins für Heimatkunde referierten Michael Vesper und Rainer Seil anlässlich des 80. Jahrestags des Kriegsendes über den Vormarsch der amerikanischen Streitkräfte in der Region im März 1945. „Letzte Kämpfe und die Sehnsucht nach Frieden“, so titelte der „Oeffentliche“ seinen Bericht. Die damaligen Ereignisse beschäftigen auch heute noch viele Leser. So erinnert sich der Bauunternehmer Hans-Ernst Gerharz (sen.) an diese Zeit. Er schreibt uns dazu: „Von Ende 1944 bis Mai 1945 wohnten wir in Spabrücken, weil in der Einflugschneise Salinenstraße zur Eisenbahnbrücke Bad Münster laufend Bomben fielen. Am letzten Tag, bevor die Amerikaner 1945 dort eintrafen, wollte mein Vater mit seinem Lkw nach Kreuznach fahren. Weil Flugzeuge laufend über Spabrücken flogen, stellte er den Lkw vor der Ortseinfahrt Dalberg ab und ging zu Fuß zurück. Als er den Lastwagen nach dem Durchmarsch der Amerikaner am nächsten Tag holen wollte, lag er im Bachbett. Die Amis hatten eine ,Panzersperre’ vermutet und ihn weggeschoben.“ Und zu unserem Bericht über den alten Schutzraum am Kauzenberg und der Vermutung, der ehemalige Bunker sei 1935 ausgebaut worden, merkt er an: „Der Luftschutzstollen unterhalb der Kauzenburg wurde 1942/43 von der Klappergasse aus hergestellt (der Eingang wurde vor Jahren mit der vorhandenen Betonstützmauer geschlossen), übrigens zeitgleich mit der Herstellung des Luftschutzstollens unterhalb des Viktoriastiftes hinter der ehemaligen Wäscherei Stock von der heutigen Andreas-Wilhelmy-Straße aus mit einem Notausgang (der zugemauert ist) bis zu der damaligen viergleisigen Bahnstrecke zwischen Bad Kreuznach und Bad Münster.“

Eis für die Gordi-Singers

Die Gordi-Singers aus Planig treten bei dem Benfizkonzert im Kurhaus am 5. April als Vorgruppe auf.
Hansjörg Rehbein/Stadtverwaltung

Wesentlich erfreulicher ist dieses Engagement: „Der Kinderschutzbund leistet in Bad Kreuznach großartige Arbeit und hat jede Unterstützung verdient.“ Oberbürgermeister Emanuel Letz ist froh, dass die Stadt als Veranstalter des Benefizkonzertes mit Django H. Reinhardt & Orchester am 5. April im großen Kursaal dazu einen großen Beitrag leisten kann. „Das ist aber nur möglich, weil wir dafür Sponsorinnen und Sponsoren gewonnen haben“, betont er. Stefan Pallesch (Küche Creativ) hat 40 Logenplätze erworben, die an ehrenamtlich engagierte Menschen in der Jugendarbeit verschenkt werden, die Hälfte davon an den Kinderschutz, die andere Hälfte verteilt sich auf Sportvereine. Zudem verkauft Vadirito an diesem Abend Eis an die Besucher, der Erlös geht komplett an den Kinderschutzbund, so Geschäftsführer Niklas Heblich. Freuen können sich schon die Kinder und Jugendlichen der Gordi-Singers aus Planig, die als Vorgruppe auftreten. Sie bekommen ihren Dank und Lohn in Form einer großzügigen Portion Eis. OB Letz bedankt sich beim Hauptsponsor Lotto Rheinland-Pfalz und den lokalen Sponsoren von Küche Creativ, Parkhotel Kurhaus, Sparkasse Rhein-Nahe, Vadirito, Gewobau und Meffert. Der Erlös aus den Kartenverkäufen geht zu 100 Prozent an den Kinderschutzbund. Karten für „Swing & Weltmusik“ am Samstag, 5. April, Großer Kursaal (Einlass 18 Uhr, Beginn 19 Uhr), gibt es übrigens zum Preis von 25 Euro in der Touristinfo im Haus des Gastes, über www.ticket-regional.de sowie an allen anerkannten Vorverkaufsstellen.

Kein Stadtratständchen

Von einem Dachfirst in Kreuznach-Süd sondiert dieser Graureiher die Lage. Dabei wurde er in der Abendsonne von der Potsdamer Straße aus fotografiert.
Elisabeth Büttner

Vielleicht lassen sich ja auch einige Stadtratsmitglieder bei dem Konzert blicken und unterstützen damit ebenfalls den Kinderschutzbund. Für den Hobbyhistoriker Steffen Kaul war es übrigens die erste Stadtratssitzung, die er live mitverfolgte. „Ich wollte mir das Kasperl-Theater mal anhören.“ Oder höflicher formuliert: Er sondierte mal die Lage – wie der Graureiher auf dem Foto. Ob Kaul sein Kommen bereut hat? Ganz bis zum Ende blieb er jedenfalls nicht. Damit wären wir auch schon wieder beim Stichwort Zumutungen. Für Kreuznacher Stadtratsverhältnisse hielten sie sich diesmal in Grenzen – auch wenn das Herunternehmen des Punktes Modernisierung Bahnhof Bad Münster von der Tagesordnung bei Birgit Ensminger-Busse (CDU) auf Unverständnis und Verärgerung stieß. Die Ortsvorsteherin echauffierte sich nicht nur darüber, dass ihr OB Letz dazu nicht das Wort erteilte, sondern sie – wie später auch Hans Gerhard Merkelbach (Faire Liste) bei seiner Anfrage dazu – mit der eher dürftigen Begründung abspeiste, was über die bekannten Kosten hinaus an freiwilligen Leistungen noch auf die Stadt zukomme, werde noch erarbeitet. Diese Art von Informationspolitik ist in der Tat eine Zumutung, öffnet Spekulationen breiten Raum und lässt Verschwörungstheoretiker jubeln. Dabei hätte die Ratssitzung so schön beginnen, die Ratsmitglieder zeigen können, dass sie außer der üblichen Kakophonie auch den harmonischen Chorgesang perfekt beherrschen: Norbert Welschbach (CDU) fehlte, weil er Geburtstag hatte. Doch auf Letz’ Vorschlag „Sollen wir anrufen und ein Ständchen singen?“ reagierte niemand. Also wurde nicht gesungen, sondern wieder nur fürchterlich viel geredet ...

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