Unter dem Dach der spätgotischen Kapelle gibt es seit fünf Jahren die einzige Kapellenbrauerei Deutschlands, dazu die Kapellenküche als Eventlocation und draußen den Biergarten, der fast ganzjährig geöffnet ist. Und schließlich gehört der Nahegarten am Barfußpfad zum Denkmalz.
Vergessenes Kleinod
„Wie die Jungfrau zum Kind“ sei er zum Denkmalz gekommen, blickt der Unternehmer zurück. Die verfallene Disibodenberger Kapelle im Ortskern war lange Zeit in Vergessenheit geraten. Erst 2005 wurde sie als Teil der Projektentwicklungsfläche wieder entdeckt, auf der das Merxheimer Bauunternehmen Schneider-Bau ab 2007 das Fachmarktzentrum baute. Da Bruno Schneider nicht nur Baufachmann, sondern auch Denkmalschützer aus Leidenschaft ist, erwachte in ihm der Ehrgeiz, das Kleinod wieder mit Leben zu erfüllen. Ursprünglich durch die Zisterziensermönche des Disibodenbergs genutzt, war der Sakralbau in späteren Jahrhunderten umgebaut, mit Zwischendecken versehen als Lagerraum und Getreidespeicher genutzt worden.
Viele Ideen, die Gastronomie blieb übrig
Doch wie sollte der Spitzbogenbau nach der kostspieligen Sanierung genutzt werden, war die alles entscheidende Frage des Projekts. „Die erste Idee war, sie als Kolumbarium, also als Grabstätte zu nutzen.“ Aber das hätte sich nicht gerechnet. Auch als Museum oder für kulturelle Nutzungen hätte sich der Bau nicht getragen.
„Das Denkmalz ist mir eine Herzensangelegenheit.“
Bruno Schneider
Doch dann kam dem Bierliebhaber die zündende Idee: In der spätgotischen Kapelle sollte eine Craftbier-Brauerei mit Restaurant entstehen. Nachdem Schneider 2010 das Nachbargrundstück erwerben konnte, und dadurch auch Platz für einen Biergarten und Parkplätze war, konnte es an die konkrete Umsetzung gehen.
2012 wurde ein Architektenwettbewerb ausgeschrieben, den die Baufrösche Kassel für sich entscheiden konnten. Bis 2018 investierten Schneider und seine Gesellschafter einen „einstelligen Millionenbetrag“ in das Projekt. Knifflig war vor allem die Sanierung des Dachstuhls aus dem Jahr 1453. Schließlich war alles fertig, der Bau liebevoll restauriert und herausgeputzt und das Denkmalz konnte eingeweiht werden.
Coronazeit war dramatisch
Doch kurz darauf war wieder eine Vollbremsung nötig, denn die Pandemie hatte das Denkmalz erreicht. „Dramatisch war das“, sagt Schneider, und man sieht ihm an, dass diese Zeit noch lange nicht vergessen ist. Zum Glück standen trotz der Krise seine Mitgesellschafter, Schneiders beide Söhne und Joachim Schmitt aus Staudernheim, fest hinter dem Projekt, betont der Unternehmer.
Aber Schneider ist nun mal ein Macher, er selbst nennt sich Start-up-Unternehmer, und so sorgte er zunächst mit seinem Team dafür, die 7000 Liter Bier im Keller, die nicht mehr ausgeschenkt werden konnten, unter die Leute zu bringen. Sie füllten das Bier in Flaschen ab und bauten vor der Kapelle eine Hütte als Werksverkauf auf. Später kamen Stände in Martinstein und Waldböckelheim dazu.
Flaschenvertrieb als neues Standbein
Letztlich wuchs dem Denkmalz aus dem Flaschenvertrieb ein zweites Standbein zu. Heute finden sich Denkmalz-Biere in Verkaufsregalen zwischen Mainz, Rockenhausen, Birkenfeld und Emmelshausen, berichtet er und wirkt über den Vertriebserfolg noch immer verblüfft. „Das war ja anfangs gar nicht unser Ziel, wir wollten das Bier im Biergarten und im Restaurant ausschenken.“
„Der Personalmangel wird immer schlimmer, das ist nicht nur in unserer Region so.“
Bruno Schneider
Kaum waren die Corona-Turbulenzen überstanden, folgte der Ukrainekrieg, die Energie- und die Einkaufspreise zogen massiv an – und Personal war für die Gastronomie kaum noch zu finden. Also musste das Denkmalz wieder umsteuern. In der Kapelle gibt es kein À-la-carte-Geschäft mehr, stattdessen konzentriert sich der Betrieb auf Events. Hochzeiten mit bis zu 120 Gästen, Geburtstage und andere Feiern sorgen wochenends für ein ausgebuchtes Haus. Hinzu kommen Firmenveranstaltungen, Weihnachtsfeiern und eigene Events wie das Gansessen. „Die Personaldecke ist so dünn, da macht alles andere keinen Sinn.“
Leuchtturmprojekt für Region
Dass die Politik in dieser Situation die Mehrwertsteuer der Gastronomie wieder von 7 auf 14 Prozent anheben will, kann er nicht verstehen. „Wenn das politisch gewollt ist, wird es umgesetzt“, sagt er. Aber der Staat müsse sich bewusst werden, „was daran hängt“.
Trotz allem ist Schneider mit seiner Entscheidung für das Denkmalz zufrieden. „Das ist mir eine Herzenssache“, betont er. Klar sei der wirtschaftliche Aspekt für den Betrieb wichtig, „aber ich will damit diesem Leuchtturmprojekt auch was für die Region tun, nachdem ich hier viele Jahre gutes Geld verdient habe“.
Hopfenblütenfest zum Jubiläum
Schon das ganze Jahr über feiert die Kapellenbrauerei Denkmalz ihr fünfjähriges Bestehen. Höhepunkt des Festjahrs ist das erste Hopfenblütenfest des Denkmalz am Samstag, 23. September, ab 14 Uhr in und um die Kapellenbrauerei. Besucher können stündlich an Führungen durch die 600 Jahre alte Kapelle und die moderne Brauerei teilnehmen und die Craftbiere des Denkmalz verkosten, darunter das eigens zum Fest gebraute Hopfenblütenbier. Zum Auftakt stimmt der Musik- und Unterhaltungsverein Lauschied schon am Freitag, 22. September, ab 19.30 Uhr mit einem Auftritt die Gäste ein. Am Samstag sorgt ab 20 Uhr die Coverband Pocket Rock für lockere Stimmung. sjs