Bei strahlendem Sonnenschein war die Teilnahme an der zentralen Gedenkfeier der Stadt Bad Kreuznach gestern Nachmittag auf dem Ehrenfriedhof „Lohrer Wald” deutlich stärker als in den vergangenen Jahren. Möglicherweise hing das auch mit dem Ukraine-Krieg zusammen. Deutlich wurde jedoch wieder einmal mehr, dass nur wenige junge Menschen etwas mit dem Gedenken zum Volkstrauertag anfangen können, fehlten sie dort fast vollständig.
Für eine Überraschung sorgte indes Oberbürgermeister Emanuel Letz, der weniger auf die verheerenden Kriege mit Millionen von Opfern des 20. Jahrhunderts einging, sondern von Lebensentwürfen sprach, die dazu dienen, kriegerische Auseinandersetzungen zu verhindern. Dabei wollte der OB keineswegs die Grauen der Kriege verdrängen. Er erinnerte allerdings daran, was Menschsein ausmacht. „Wenn wir miteinander feiern, fühlen wir uns lebendig. Wir sind einander zugewandt”, sagte Letz.
Der OB zeigte sich überzeugt, dass immer dort, wo Menschen anderen Menschen zugewandt sind, sie ein Licht in dunklen Zeiten entzünden. „Seien wir freigiebig und großzügig im verträglichen Miteinander, denn Geiz ist hier eben nicht geil”, sagte Letz. Dass Frieden ein eher unbeständiges Gut ist, wussten schon die Väter des Zweiten Vatikanischen Konzils, wie Diakon Michael Thomiczny berichtete. „Da der menschliche Wille schwankend ist, ist der Friede niemals endgültiger Besitz, sondern eine immer neu zu erfüllende Aufgabe”, heißt es im Konzilstext.
Nach dem Gebet und dem Segen des Seelsorgers folgte die traditionelle Ehrung der Opfer, wobei die Vertreter der Stadt, Parteien und Institutionen an die Kränze schritten, während die Bläser des CVJM der Matthäusgemeinde „Ich hatte einen Kameraden” spielten. Neben den Bläsern wurde die Veranstaltung musikalisch von Birgit Ensminger-Busse (Sopran) und Alexandra Gosteva (Klavier) umrahmt.
Fester Bestandteil des Gedenkens am Volkstrauertrag ist ebenso die Kranzniederlegung der Gewerkschaften auf dem Bad Kreuznacher Hauptfriedhof. DGB-Kreisvorstand und IG Metall kamen zusammen im stillen Gedenken. Vor der Gedenkstätte für und letzten Ruhestätte von 28 namentlich bekannten und weiteren Opfern eines SS-Eisenbahnzugs mahnte DGB-Kreisvorstand King Karl Bodtländer ob der aktuellen Entwicklung in Europa, dem Ukraine-Krieg, aber auch der wachsenden Tendenzen zu Faschismus und Antisemitismus: „Nie wieder Krieg, nie wieder Faschismus.“