Vielseitige Pflanze ist ein Genuss mit Tücken: 59-jähriger Mann stirbt nach dem Verzehr von Herbstzeitlosen
Verwechslung von Bärlauch kann tödlich sein
Bärlauch ist ein geschätztes Wildgemüse. Beim Sammeln sollte allerdings wegen Verwechslungsgefahr Vorsicht walten. Foto: picture alliance/dpa
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Region. Die Dosis macht das Gift, heißt es in Abwandlung eines Satzes des Gelehrten Paracelsus. Manchmal ist es aber auch die pure Verwechslung: Im Glauben, frischen Bärlauch gepflückt und verzehrt zu haben, hatte sich kürzlich ein Ehepaar aus Vallendar eine akute Vergiftung zugezogen. Beide wurden in einem Krankenhaus auf der Intensivstation behandelt. Der 59-jährige Mann starb noch am selben Tag an den Folgen der Vergiftung. Dabei ist der Bärlauch (lateinisch: Allium ursinum), der grade noch Saison hat, ein äußerst schmackhaftes und vielseitiges Gewächs – wenn es der echte ist und wenn er nicht mit ähnlichen grünblättrigen Pflanzen verwechselt wird. Wir haben nachgefragt.

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Irrtum endete tragisch

Weil zunächst der Verdacht bestand, die Eheleute hätten mit Viren oder Bakterien belastete Lebensmittel gegessen, stellten Mitarbeiter des Gesundheitsamtes des Landkreises Mayen-Koblenz und die Polizei diverse Lebensmittel in der Wohnung des Ehepaars sicher und brachten sie zum Landesuntersuchungsamt (LUA). Noch bevor allerdings eine mikrobiologische Untersuchung im Labor in Betracht gezogen wurde, fiel den Lebensmittelexperten eine Tüte mit grünen Blättern auf, die Bärlauch ähnelten. Gärtner der Stadt Koblenz identifizierten die Pflanze als Herbstzeitlose.

Eine toxikologische Analyse des Bluts der Betroffenen in der Klinik bestätigte den Verdacht: Das Blutbild zeigte eindeutige Hinweise auf eine Vergiftung mit Herbstzeitlosen. Trotz des schnellen gemeinsamen Handelns aller Beteiligten kam für den Mann jede Hilfe zu spät.

Knoblaucharoma ist typisch

Kulinarik und Katastrophe liegen bisweilen dicht beieinander. Nicht nur beim Pilzesammeln: Der leckere Bärlauch hat zumindest bei seinen Blättern eine gewisse Ähnlichkeit mit den für Menschen giftigen Herbstzeitlosen und Maiglöckchen. Allerdings zeichnet er sich durch sein knoblauchähnliches Aroma aus, das er verströmt. Letzte Sicherheit beim Sammeln gibt das aber auch nicht, erzählt unser Pflanzenexperte und Kolumnist Hans-Willi Konrad vom Dienstleistungszentrum Ländlicher Raum (DLR): „Wenn man die erste Handvoll Bärlauch gesammelt hat, nehmen die Hände den Geruch an – und man merkt eventuell nicht, dass die fälschlich gepflückten giftigen Pflanzen anders oder gar nicht riechen.“

Vielzahl an Rezepten

Bärlauch wächst an vielen Stellen wild, bevorzugt an schattigen bis halbschattigen Plätzen wie im Wald und an Bachufern. Pflücken ist erlaubt, die Verwendung ist vielfältig möglich. In Publikationen und Kochbüchern der Landfrauen und „Kräuterhexen“ beispielsweise findet man eine Fülle an Rezepten für Brotaufstriche, Suppen, Salate, Öl, Pesto, Quark, Kräuterbutter, Salz und vieles andere mit Bärlauch. Er lässt sich auch „unveredelt“ einfrieren. Seinen Namen soll er daher haben, dass er einst die bevorzugte erste Speise der aus dem Winterschlaf erwachenden Bären gewesen sein soll, die damit ihren Blutkreislauf und die Verdauung anregten.

Gesund und vitaminreich soll das Liliengewächs auch für Menschen sein. „Doch man sollte die Blätter kennen“, mahnt Hans-Willi Konrad, und auch wissen, dass die giftige Herbstzeitlose eher auf Grünland wächst. Gesammelt und verarbeitet wird der Bärlauch – der sich im Winter ganz auf seine Zwiebel zurückzieht – meist im April und Mai. Dann beginnt die hübsche Blüte mit der Samenbildung, und die Blätter verlieren an Aroma. Nutz- und essbar ist jedoch die ganze Pflanze. „Und nach rund sechs Wochen ist der ganze Zauber wieder vorbei“, resümiert Konrad. Dann allerdings haben kundige Köche bereits ihre Vorräte angelegt, von denen sie das ganze Jahr über zehren. Bei der Verarbeitung der bevorzugt jungen Blätter darf das Waschen nicht vergessen werden, um Staub, aber in Einzelfällen auch die Eier des Fuchsbandwurms abzuspülen.

Der Naturschutzbund Nabu mahnt allerdings zur Mäßigung beim Sammeln und schreibt: Wildkräuterfreunde sollten neben dem Schutz der eigenen Gesundheit beim Sammeln des Bärlauchs und anderer Wildpflanzen auch auf den Schutz der Natur achten. Pro Pflanze sollte möglichst nur ein Blatt geerntet werden und zwar ganz unten am Stiel. Der Rest sollte stehen bleiben, damit sich die Pflanze weiter entwickeln kann. Daher gilt, so der Nabu: „Bitte nicht in Naturschutzgebieten sammeln und nur so viel mitnehmen, wie man zum Essen benötigt. Dann ist dafür gesorgt, dass wir auch in den kommenden Jahren das leckere Frühjahrsgemüse genießen können.“Rainer Gräff

Polizei und Landesuntersuchungsamt raten beim Sammeln von Bärlauch zu Sorgfalt. Er kann mit hochgiftigen Pflanzen wie Herbstzeitlosen, Maiglöckchen oder Aronstab verwechselt werden.

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