Wer macht künftig die Fotos für Ausweise und Reisepässe? Ab dem 1. Mai dürfen Passfotos für Reisepässe, Personalausweise und elektronische Aufenthaltstitel nur noch digital übermittelt werden. Die Bilder müssen direkt in den zuständigen Behörden oder in zertifizierten Fotostudios erstellt werden. Grundlage für die Umstellung ist das Gesetz zur Stärkung der Sicherheit im Pass- und Ausweiswesen, das bereits 2020 verabschiedet wurde. Die entsprechenden Regelungen treten jedoch erst jetzt in Kraft.
Ziel der Neuregelung ist es, Manipulationen und Fälschungen von Passbildern zu verhindern. Insbesondere soll das sogenannte Morphing unterbunden werden – eine Technik, bei der Gesichter digital verschmolzen werden, um etwa zwei Personen die Nutzung eines einzigen Ausweisdokuments zu ermöglichen.
Übergangsfrist läuft am 31. Juli ab
Da viele Behörden zum Stichtag noch nicht über die nötige Technik verfügen, gilt bis zum 31. Juli eine Übergangsfrist. In dieser Zeit können Ausnahmen gemacht werden. Dennoch: So macht der Staat den Fotostudios der freien Wirtschaft Konkurrenz und gefährdet deren Existenz.
CDU-Stadtrat und Landtagsmitglied Helmut Martin fordert, dass diese Veränderung nicht zulasten der Fotostudios in der Stadt gehen darf. Martin, der zudem wirtschaftspolitischer Sprecher seiner Fraktion ist, hat sich deswegen ein Bild der Lage gemacht und das bekannte Fotostudio Sawatzki besucht.
„Passfotos sind quasi das ’Brot-und-Butter-Geschäft’ der meisten Fotostudios.“
Markus Schmidt, Inhaber des Fotostudios Sawatzki in Bad Kreuznach
„Passfotos sind quasi das ’Brot-und-Butter-Geschäft’ der meisten Fotostudios. Wenn dieses Geschäft weitgehend wegfallen würde, wäre das für viele inhabergeführte Betriebe existenzgefährdend. Bundesweit geht die Branche davon aus, dass circa zwei Drittel der Studios gefährdet sind“, erzählt Markus Schmidt, der Inhaber des Fotostudios, wie aus einer Pressemeldung des Büros von Martin zu entnehmen ist.

Martin hofft natürlich, dass diese düstere Prognose nicht auch in Bad Kreuznach eintritt und ein so traditionsreiches Geschäft wie Foto Sawatzki einmal schließen müsste. „Als Wirtschaftspolitiker setze ich mich im Landtag seit Jahren für Programme und Ideen zur Förderung der Innenstädte ein. Dazu gehört ein vielfältiges Angebot an Geschäften und Dienstleistungen – zum Beispiel auch ein Fotostudio. Wenn jetzt ein Konkurrenzangebot der Verwaltung solche Betriebe in Bedrängnis bringt, läuft das den Bemühungen zur Wirtschaftsentwicklung auch im zuständigen städtischen Ausschuss entgegen“, ordnet der Landtagsabgeordnete die Situation ein.
Martin: Müssen die Innenstadt stärken
Tatsächlich ist das Studio Sawatzki, das seit 120 Jahren am Markt ist, inzwischen das einzige Studio in der Stadt. Es sei natürlich für Bürger eine bequeme Option, wenn man das Foto gleich im Amt erledigen könne, schreibt Martin, der sich mit dem zuständigen Dezernenten der Stadtverwaltung, Markus Schlosser, dazu verständigt. „Aber es ist ähnlich wie beim Online-Handel. Der auf den ersten Blick bequemere Weg führt dann dazu, dass die inhabergeführten Geschäfte in der Stadt schließen und der Leerstand zunimmt. Und das wollen die wenigsten. Außerdem ist es doch wichtig, wenn es noch Fotografen gibt, die auch Haus- und Heimbesuche anbieten oder andere Sonderleistungen wie zum Beispiel, wenn kleine Kinder fotografiert werden müssen. Dafür ist die Verwaltung nicht vorbereitet. Ich appelliere an alle, das doch bitte zu berücksichtigen“, fasst Martin zusammen.
Künftige Kosten: 6 Euro pro Fotosatz – da kommt kein Fotograf mit
Auch Dezernent Markus Schlosser (parteilos) plädiert dafür, die Fotografen weiter zu stärken. Als Behörde müsse man aber die Regelungen umsetzen. „Es fallen für den Bürger 6 Euro Kosten für die Lichtbilder an. Werden Reisepass und Personalausweis gleichzeitig beantragt, ist die Gebühr in Höhe von 6 Euro nur einmalig zu erheben“, erklärt Schlosser. Klar ist: Preislich kommt da kein Fotograf mit.
Stadt nimmt 4200 Euro mehr ein
Die Gebühren von 6 Euro verbleiben nun in voller Höhe bei den Passbehörden. Zum einen, um die Schnittstellenkosten abzudecken (rund 60 Euro pro Monat), zum anderen, um die erhöhten Verwaltungsaufwände zu kompensieren. „Bei der aktuellen Anzahl von rund 700 Passanträgen pro Monat ergibt das Erlöse von rund 4200 Euro pro Monat“, nennt Schlosser Zahlen.