Ausschuss hat noch Fragen
Verpachtung der Kreuznacher Michelinstraße vertagt
An dieser Stelle ist ein Kreisverkehr vorgesehen, das hätte für die Michelintransporte einen Vorteil, aber auch für die Stadt: Die Linksabbiegespur zum Wertstoffhof könnte deutlich verlängert werden.
Harald Gebhardt

Der Reifenhersteller Michelin muss noch warten, bis er „seine“ Straßen pachten und sein Betriebsgelände erweitern kann.

Das war dann erst einmal nichts: Nach eineinhalbstündiger Diskussion und einigem Hin und Her zu den einzelnen Punkten der Beschlussvorlage hat der Ausschuss die Entscheidung, die Michelinstraße an den gleichnamigen Reifenhersteller für 30 Jahre zu verpachten, vertagt. Zu deutlich zeichnete sich ab, dass die Beschlussvorlage der Verwaltung abgelehnt würde: Strittige Punkte waren vor allem der Bau eines Kreisverkehrs an der Einmündung in die Gensinger Straße, die vorgesehene Kostenverteilung zwischen Michelin und der Stadt sowie die Zunahme des Verkehrs um täglich 4300 Fahrzeuge in der Otto-Meffert-Straße. Neu hinzu kam die Forderung, parallel dazu die Industriestraße an den Kreisverkehr B428/Mainzer Straße anzubinden.

Bei der Sperrung der Michelinstraße würde der Verkehr über die Otto-Meffert-Straße ins Gewerbe- und Industriegebiet geleitet.
Harald Gebhardt

Der Kreuznacher Standort ist für den Konzern nicht nur von strategischer Bedeutung, er ist auch der einzige Produktionsstandort von Michelin in Deutschland, führte der technische Leiter André Vogelaar aus. Und der Reifenhersteller ist einer der wichtigsten Arbeitgeber der Stadt. Daher ist es notwendig, den Standort zu erhalten. Das beteuerten Sprecher aller Fraktionen. Auch, dass sie grundsätzlich den Plan unterstützen, die Michelinstraße zur Werkstraße zu machen. Doch wie so oft entzündete sich der Streit an den Details. Viele davon, das stellte sich in der Diskussion schnell heraus, sind noch nicht geklärt.

Über eine Öffnung der Industriestraße über diesen Weg zum B428-Kreisel (hinten) wird schon lange diskutiert. Passiert ist noch nichts.
Harald Gebhardt

Michael Hübner (FDP) stellte einen Änderungsantrag: „Die Michelinstraße wird erst dann dem öffentlichen Verkehr entzogen, wenn der Anschluss der Industriestraße an den Bauhauskreisel an der B428 hergestellt ist.“ Später schwächte er ihn insoweit ab, dass die Verwaltung dies prüfen und zur Finanzierung mit den Anliegern der Michelinstraße verhandeln solle. Carsten Schittko, Stadtplanung, wies darauf hin, „dass das nicht so einfach ist“. Da müssten entsprechende Voruntersuchungen gemacht werden. Oberbürgermeister Emanuel Letz fand den Ergänzungsantrag „charmant“. Man müsste es prüfen. Er rate aber davon ab, den Radweg zwischen Kreisel und Industriestraße zu streichen. Wenn der Platz nicht ausreiche, könne er sich aber eine Einbahnstraße vorstellen.

Stefan Butz (PBK) hielt es für falsch, daraus ein Junktim zu machen: „Das bedeutet eine recht große zeitliche Verzögerung.“ Er sei dafür, Michelin jetzt die Möglichkeit zu geben, sein Werksgelände zu erweitern. Stephanie Otto (Grüne) fragte sich, ob man in der jetzigen Haushaltssituation dort einen Kreisel brauche oder „ist das ein Stück weit auch Luxus?“ Denn da werden Beträge aufgerufen, die an anderer Stelle, wie dem Löwensteg, fehlten. Letz erwiderte, die Gensinger Straße sei aktuell an dieser Stelle nur provisorisch geflickt worden und muss definitiv irgendwann gemacht werden. Es frage sich nur in welcher Form: „Erneuern wir die Deckschicht komplett oder nutzen wir die Chance und bauen das entsprechend um?“

Manfred Rapp (CDU) sah für die Michelin schwarz, wenn man das mit der Anbindung der Industriestraße koppeln wollte, weil es sich dadurch weiter verzögere. Von den gut 660.000 Euro Gesamtkosten – vor allem für den Kreisverkehr – soll nach der Vorlage die Stadt mit 429.000 Euro den Großteil zahlen, Michelin nur 229.000 Euro. Er frage sich, ob Michelin bereit wäre, der Stadt dabei entgegenzukommen. Sein Parteikollege Norbert Welschbach stieß ins gleiche Horn: Das müsse irgendwie in Relation sein. Auch bei der notwendigen Bebauungsplanänderung trage Michelin nur 9 Prozent der Kosten. Das könne nicht zulasten der Stadt gehen. „Da muss neu verhandelt werden“, forderte er. Auch Rolf Schneider (FDP) sah die Kostenverteilung „nicht als fair“ an. Der Kreisverkehr bringe fast ausschließlich Vorteile für Michelin.

Beinbrech-Geschäftsführer Georg Böcking, der ursprünglich nicht wie Vogelaar ein Rederecht hatte, erhielt von Letz dann doch das Wort. Böcking fand es „befremdlich, dass die Firma Michelin zu Wort kommt und ich als eingeladener Anlieger eigentlich kein Rederecht habe“. Deshalb sei er froh, jetzt etwas sagen zu dürfen.

„Ein Händler lebt von Frequenz und Erreichbarkeit.“
Beinbrech-Geschäftsführer Georg Böcking fordert eine Anbindung der Industriestraße an die B428

Des einen Vorteils, Michelin, dürfe nicht der Nachteil anderer sein. Er halte die Meffert-Straße für nicht groß genug, um den ganzen Verkehr aufzunehmen. Von Anfang an sei klar gewesen, dass die Öffnung der Industriestraße zur B428 Voraussetzung sei, um die Michelinstraße zu sperren. Auch seine Kunden hätten sonst einen längeren Weg. „Das ist ein Nachteil. Ein Händler lebt von Frequenz und Erreichbarkeit.“ Deshalb sollte man jetzt alle Kraft daran setzen, diesen Engpass zu öffnen. Das nutze allen Betrieben im Gewerbe- und Industriegebiet.

Der Vorschlag, die Vorlage noch einmal zurückzuziehen, machte Karl-Heinz Delaveaux (FWG). Er kam damit dem OB zuvor, der das auch vorschlagen wollte: „Bevor das hier scheitert, nehmen wir es noch mal runter.“ Dem folgte der Ausschuss einstimmig. Jetzt soll die Verwaltung nachverhandeln, vor allem über die Kostenverteilung, und damit dann möglichst schnell erneut in den Ausschuss kommen.

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