Tipps der Verbraucherberatung, die eine "Missbrauchsaufsicht" durch die Kartellbehörden vermisst
Verbraucherzentrale rät auch den Bürgern des Kreises Bad Kreuznach: Energiepreise nicht einfach schlucken
Tipp der Verbraucherzentrale: Zählerstände kontinuierlich und vor allem am Jahresende ablesen, um eigenes Zahlenmaterial zu haben.
Stefan Munzlinger​

Bangen, hoffen, wehren: Die Strom- und Gaspreise gehen durch die Decke. Ein weiterer finanzieller Schlag für viele Familien im Kreis Bad Kreuznach. Sind die Erhöhungen tatsächlich gerechtfertigt? Da kann Antje Kahlheber (Feilbingert) von der Verbraucherzentrale Mainz nur mutmaßen.

Lesezeit 2 Minuten

Tipp der Verbraucherzentrale: Zählerstände kontinuierlich und vor allem am Jahresende ablesen, um eigenes Zahlenmaterial zu haben.
Stefan Munzlinger​

Die Krux: Es gibt keine „Preis-Missbrauchsaufsicht“, sagt die landesweit tätige Energiekostenberaterin, die eine kontinuierliche Überprüfung der Konzerne durch die Kartellbehörden fordert.

Klar ist: Wer einen Vertrag mit einer Preisgarantie hat, muss eine angekündigte Erhöhung, selbst wenn sie mit höherer Gewalt oder sonstigen blumigen Erklärungen von den Versorgern begründet wird, nicht hinnehmen. Er kann sich wehren und einen sofortigen Widerspruch einlegen, denn preisanheizende externe Faktoren wie zurzeit seien nunmal das Risiko, das die Versorger tragen müssten.

Antje Kahlheber, landesweit tätige Energiekosten-Expertin bei der Verbraucherzentrale in Mainz.
Stefan Munzlinger

„Momentan läuft eine Wahnsinnserhöhungswelle der Versorger, aber auch Abmahnwelle der Verbraucherzentrale“, sagt Antje Kahlheber und informiert: „Wir suchen Betroffene, die sich an einer Musterfeststellungsklage gegen ungerechtfertige Preiserhöhungen beteiligen.“ Über den folgenden Link kann man Kontakt zur Verbraucherberatung aufnehmen: www.musterfeststellungsklagen.de/energie/umfrage

Ferner: Mit Blick auf den zwar nicht gesetzlich festgelegten, aber als gesellschaftlichen Tenor empfundenen „Weihnachtsfrieden“, der erst im Dezember einsetzt, sperren zahllose Versorger schon jetzt säumige Strom- und Gaskunden, beobachtet die Energiekostenberaterin.

Nun soll auch mit der ab März 2023 rückwirkend für Januar und Februar geltenden Strompreisbremse die finanzielle Last der Verbraucher reduziert werden. Das bedeutet: 80 Prozent des Strombedarfs aus dem Vorjahr wird bei 40 Cent die Kilowattstunde gedeckelt. Den Rest zahlt der Staat – so die Theorie.

Für Antje Kahlheber verbirgt sich hinter dem bundespolitisch gerade vereinbarten Bremskonstrukt ein unglaublich bürokratischer Moloch, der nicht ausschließe, dass Vielverbraucher besser gestellt würden als bislang sparsame Familien. Grund: In Deutschland würden solche Gesetze so gestrickt, dass sie generell für alle gelten; in anderen EU-Ländern zahle der Stadt direkte Hilfen an bedürftige Haushalte, was eine ungerechtfertigte Entlastung beispielsweise von Großverdienern ausschließen helfe.

Drei weitere Tipps der Energiekostenberaterin für die geschöpften Verbraucher:

1Die Zählerstände kontinuierlich ablesen, vor allem zum Jahresende, um über ein eigenes Zahlenmaterial zu verfügen.

2Ein erstes Urteil gegen drastische Preisanhebungen nutzen. Es ist vor einem Jahr in Nordrhein-Westfalen ergangen. Es könnte die Rechtsgrundlage für Klagen darstellen, bis ein Urteil auf Bundesgerichtsebene vorliegt: Auf Antrag der Verbraucherzentrale NRW hat das Landgericht Köln der Rheinische Elektrizitäts- und Gasversorgungsgesellschaft Leverkusen per einstweiliger Verfügung unlautere Geschäftspraktiken mit der Marke „immergrün“ untersagt (Beschluss vom 8.12.2021, Aktenzeichen 33 O 226/21).

So dürfe der Energieversorger lediglich unter Verweis auf erhöhte Beschaffungskosten die monatlichen Abschläge weder erhöhen noch sie in Rechnung stellen oder einziehen, „wenn er zuvor nicht ordnungsgemäß die Preise erhöht hat“. Auch Kundennachfragen zur Erhöhung in „Sonderkündigungen“ umzudeuten und die Nachfragenden vom Stromnetz abzumelden, wurde diesem Versorger untersagt. Weitere Infos: Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz, Telefon 06131/284 80; oder per E-Mail: energiekosten@vz-rlp.de

3Wer von seinem Grundversorger zum mit weit höheren Entgelten operierenden Ersatzversorger abgeschoben werde, könne sich dagegen ebenfalls wehren. Eine solche Verschiebung aus der Grundversorgung sei nur möglich, wenn „unklare Vertragsverhältnisse“ vorlägen.

Top-News aus der Region