Spurensuche in Staudernheim
US-Familie erkundet Heimat ihrer jüdischen Vorfahren 
Drei Generationen einer amerikanisch-jüdischen Familie (von links): Barbara S. Kirschner, Joshua L. Kirschner und Alanna E. Kirschner, auf der Suche nach ihren Wurzeln vor der ehemaligen Staudernheimer Synagoge.
Wilhelm Meyer

Sie wollten wissen, wo ihre Vorfahren gelebt haben: Mitglieder der jüdischen Familie Kirschner aus New York und Chicago haben sich in Staudernheim auf Spurensuche begeben. Dabei haben sie einiges gesehen und erfahren, was sie noch nicht wussten.

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. Einen seltenen Besuch konnten die Mitglieder des Vorstands des Museumsvereins Synagoge Staudernheim, Werner Hahn und Susanne Bender, in der ehemaligen Synagoge empfangen. Aus New York und Chicago waren Nachfahren jüdischer Auswanderer zu Besuch an dem Ort, aus dem ihre Familie ursprünglich stammt.

Mitglieder aus drei Generationen der Familie Kirschner hatten sich auf den Weg gemacht. Das erste Mal konnten sich Barbara Kirschner, ihr Sohn Joshua und seine Tochter Alanna den Wunsch erfüllen, den Ort, in dem ihre Vorfahren gelebt haben zu besuchen und auch den Friedhof, auf dem sie begraben worden sind. Begleitet wurden sie von Joshuas Frau Suzanne Kantra und Alannas Lebensgefährten Jacob M. Ito, der in Heidelberg studiert und Reise und Besuch vorbereitet hat.

Der Eintrag ins Gästebuch der ehemaligen Synagoge erinnert an die Besucher aus Chicago und New York.
Wilhelm Meyer

Dass Barbara Kirschners Urgroßmutter, Philippina Müller, sowie deren Großvater Emanuel Maier (1790-1853) auf dem Staudernheimer Friedhof begraben sind, wusste die Familie. Dass deren Gräber problemlos gefunden werden konnten, verdankt sich den Aufzeichnungen und Recherchen, die Hans-Eberhard Berkemann über die jüdischen Friedhöfe der Region zusammen getragen hat. Zugänglich sind sie im Band 28 der Heimatkundlichen Schriftenreihe der Kreisverwaltung „Jüdische Grabstätten im Kreis Bad Kreuznach“. Dort sind nicht allein Namen und Daten der Verstorbenen, sondern auch die Lage der Grabsteine in einem Plan verzeichnet, sofern ermittelbar.

Aufzeichnungen helfen weiter

So konnten die US-Gäste ihre Kenntnis sowohl um Philippina Müllers Geburtsdatum als auch um den genauen Tag ihres Todes erweitern (23.09.1821 bis 16.12.1893). Dass Emanuel Maier im Alter vor 62 Jahren genau am 13. Februar 1853 auf dem jüdischen Friedhof begraben wurde, ist aus den Aufzeichnungen zu erfahren. Mehr noch, dass seine Ehefrau, die ihm ein knappes Jahr später nämlich am 5. Februar 1854 in den Tod folgte, direkt neben ihrem Mann begraben liegt, war eine Ergänzung der Familiengeschichte.

Noch zwei weitere Verwandte, so Barbara Kirschner, nämlich Louis Lazurus Mayer und Joseph Mayer, seien in Staudernheim geboren, dann jedoch ebenfalls schon im 19. Jahrhundert nach Brooklyn, New York, ausgewandert. Auf den Spuren der eigenen Vorfahren wurden ihre Nachkommen vor allem auf dem Staudernheimer jüdischen Friedhof berührt. „Man sieht so etwas sonst nur in Filmen“, meinten sie, „und hier sind wir direkt darin.“

Gut, dass die Lage der Gräber aufgezeichnet worden war. Ein wenig stöbern und die überhängenden Äste und Zweige wegräumen mussten die amerikanischen Besucher auf dem jüdischen Friedhof aber schon.
Wilhelm Meyer

Doch auch den Ort zu sehen, wo die Vorfahren gelebt haben und auch die Synagoge, wo die jüdischen Staudernheimer sich getroffen, gebetet und gelernt haben, fand Barbara Kirschner „zutiefst bedeutungsvoll“. Dazu, so ihre Einschätzung, gehörten aber auch die Spuren, die die ehemalige Synagoge bewahrt hat, wie etwa der Missbrauch durch die spätere Nazi-Propaganda an beiden Seiten der Thora-Nische.

Nicht weniger berührt hatte der Besuch die beiden Mitarbeiter des Museumsvereins. Nach dem, auch in Staudernheim, so unheilvollen Teils deutscher Geschichte, jüdische Menschen auf der Suche nach ihren Wurzeln fündig werden zu sehen, sei etwas Besonderes.

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