Bad Kreuznach - Zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und drei Monaten wegen Totschlags in einem minderschweren Fall hat die Schwurgerichtskammer des Bad Kreuznacher Landgerichts eine 40-jährige zweifache Mutter verurteilt. Sie hatte in der Nacht zum Rosenmontag 1998 ihr neugeborenes Baby in eine Plastiktüte gesteckt und im Bad Kreuznacher Schlosspark in den Ellerbach geworfen. Das Mädchen schlug am Ufer auf und starb an seinen schweren Kopfverletzungen.
Staatsanwältin Christine Mossem hatte vier Jahre Haft gefordert, Pflichtverteidigerin Rechtsanwältin Anna Roeren-Bergs für eine Bewährungsstrafe plädiert. Eine solche kam für die Kammer indessen nicht in Betracht, betonte Vorsitzender Richter Dr. Bruno Kremer. „Dafür wiegt ihre Schuld zu schwer.“ Immerhin habe die Mutter ein „absolut hilfloses Wesen umgebracht, ein junges Leben einfach weggeworfen.“ Dass das Mädchen zwei bis vier Stunden gelebt hat, daran ließ das Obduktionsergebnis der Rechtsmedizin keinen Zweifel. Nach dem Sturz aufs Bachufer muss das Baby aber sofort tot gewesen sein. Als strafmildernd wertete die Kammer, dass die Angeklagte die Tat und die Tötungsabsicht gestanden habe, sie nicht vorbestraft ist und das Ganze schon lange zurück lag. Wegen ihrer verminderten Intelligenz, ihrer psychischen Belastung durch die unglückliche Ehe und die Trennung sowie der besonderen Konfliktsituation durch die überraschende Geburt „war sie überfordert“. „Doch das Warum der Tat ist letztlich im Dunkeln geblieben. Man kann sie nicht verstehen“, sagte Richter Kremer in der Urteilsbegründung.
Staatsanwältin Christine Mossem beschrieb die Angeklagte als eine Frau, die sich „erschreckend emotionslos“ gab, kein Mitleid und nicht den Ansatz von Reue gezeigt habe. „Nicht einmal eine Anstandsträne ließ sie rollen.“ Sie habe ihr Kind getötet, weil es ihr neues sorgloses Leben nach der Trennung von ihrem Mann hätte beeinträchtigen können. Und: Sie war dabei noch so klar im Kopf, um die die Spuren der Geburt zu beseitigen, und in der Lage, ihr weiteres Vorgehen zu koordinieren. „Planmäßig und überlegt“ sei sie vorgegangen.
Die Kammer wertete es dagegen als ein Zeichen der Reue, dass die Angeklagte zwölf Jahre nach der Tat, als durch einen Vaterschaftstest ihres Ex-Mannes ihre Mutterschaft erst ans Licht kam, sie diese sowie die Tötung zugab und sich nach dem Geständnis „erleichtert“ zeigte. Es täte ihr leid, sagte sie vor dem Urteil. Beim Betreten des Gerichtssaals vor der Urteilsverkündung hielt sich die Hände vors Gesicht. Die Verhandlung hatte sie bis dahin still und fast teilnahmslos, uninteressiert verfolgt. Nur als die heutige Lebensgefährtin ihres Ex-Mannes aussagt, wandte sie sich ab.
Die Verteidigerin berief sich in ihrem Plädoyer vor allem auf die Aussagen von Christoph Summa in seinem psychiatrischen Gutachten. Er attestierte der Angeklagten nicht nur eine verminderte Intelligenz, sondern führte auch den Schock der plötzlichen Geburt sowie ihre extremen psychischen und emotionalen Belastungen an. „Sie war traumatisiert, sagte Roeren-Bergs, und müsse zumindest subjektiv Angst vor ihrem Mann empfunden haben. Laut Summa hat eine Kombination aus all diesen Faktoren zu dieser akuten extremen Belastungssituation geführt, aus der die Angeklagte keinen Ausweg mehr sah: „Ihre Steuerungsfähigkeit war dabei erheblich eingeschränkt“, so Dr. Summa. „Sie hat gewusst, was sie tat“, doch befand sich in einem Schockzustand, wollte sich einfach nur des Problems entledigen. Ihre Verteidigerin formuliert es so: „Sie war schlicht kopflos, verwirrt.“ (hg)