Umfrage an Fahrschulen im Kreis: Zwischen geringerem Vorwissen und gestiegenen Preisen
Umfrage unter Fahrschulen im Kreis Kreuznach: Ist der Stellenwert des Führerscheins gesunken?
Fahrschule Steinbrecher Bad Kreuznach
Sind Teil des Teams der Fahrschule Steinbrecher (von links): Thiemo Steinbrecher (Fahrlehrer), Nils Graffe (Fahrlehrer), Eric Bechtoldt (Kaufmann für Büromanagement) und Armin Steinbrecher (Inhaber und Fahrlehrer) Foto: Lena Reuther
Reuther Lena. Lena Reuther

Jeder Fahrschüler muss neben den individuellen Übungsstunden zwölf Sonderfahrten absolvieren: fünf Überlandfahrten, vier Autobahnfahrten und drei Fahrten bei Dunkelheit. Aber wie viele der sogenannten Übungsstunden brauchen die Fahrschüler im Kreis Bad Kreuznach? Und ist der Führerschein teurer geworden? Wir haben uns in einzelnen Fahrschulen umgehört.

Ramazan Önal, Inhaber und Fahrlehrer der Academy Fahrschule in Bad Kreuznach, findet es schwierig einzuschätzen, wie viele Fahrstunden seine Schüler im Durchschnitt brauchen, sagt er im Gespräch mit dem „Oeffentlichen“. Denn das sei von vielen Faktoren abhängig. Manche Fahrschüler haben mehr Vorkenntnisse als andere. Zudem kommen bei manchen sprachliche Barrieren hinzu. „Wir haben auch Fahrschüler, die gerade aus Afghanistan gekommen sind“, erklärt Önal.

Nimmt das Vorwissen der Fahrschüler ab? „Auf jeden Fall“, sagt Önal. Er findet, dass es einen Wertewandel gegeben hat und der Führerschein früher einen anderen Stellenwert hatte. „Es kommt selten jemand rein, der sagt: ,Ich mache jetzt den Führerschein, weil ich richtig Lust darauf habe'“, berichtet er. Die Leute kommen dann, wenn sie den Führerschein brauchen oder wenn Druck von den Eltern ausgeübt werde, meint er. Der Betrag pro Übungsstunde liegt bei der Academy Fahrschule bei 65 Euro. Etwa seit der Corona-Pandemie habe Önal die Preise anheben müssen. Das liege beispielsweise an erhöhten Sprit-, Inspektions- und Personalkosten.

Personalkosten gestiegen

Auch die Fahrschule Steinbrecher in Bad Kreuznach musste „Preisanpassungen“ vornehmen, erklärt Inhaber Armin Steinbrecher im Gespräch mit unserer Zeitung. Grund dafür sind zum einen die Personalkosten, die den größten Kostenpunkt bilden, sagt er. Hinzu seien zum anderen beispielsweise teurere Kraftstoff- und Reparaturkosten gekommen.

Vor dem Jahr 2022 konnte man einen Führerschein in der Klasse B bei Steinbrecher noch für 1200 Euro machen. Aktuell beziehungsweise etwa seit 2022 koste der geringste Satz insgesamt 2600 Euro, sagt Steinbrecher. Die Kosten müsse man aber auch im Verhältnis sehen, meint Fahrlehrer Thiemo Steinbrecher. Er findet, dass die Bereitschaft, für den Führerschein viel Geld auszugeben, geringer sei als beispielsweise für ein Smartphone. Für den Führerschein gebe man allerdings im Gegensatz zum Smartphone nur einmal Geld aus und könne ihn Jahrzehnte nutzen.

Weniger Vorwissen als früher

Außerdem bringen die Fahrschüler weniger Vorwissen mit als früher, sagt der Inhaber. Die meisten wüssten, wie man das Smartphone mit dem Auto verbindet, um Musik zu hören, ergänzt Thiemo Steinbrecher. Komplexes Denken, etwa das Verständnis für Verkehrsabläufe oder das Einschätzen von Geschwindigkeiten, fehle vielen aber, erklärt Armin Steinbrecher weiter.

Wie viele Fahrstunden die Schüler im Durchschnitt benötigen, sei schwer einzuschätzen. „Wir versuchen, die Fahrschüler mit 28 bis 30 Stunden durchzubringen“, sagt er. Manche Fahrschüler haben aber aktuell auch 50 bis 60 Stunden auf dem Konto. Oft gebe es auch Sprachbarrieren zu überwinden, erzählt Thiemo Steinbrecher. Während der Fahrstunden seien teils Dolmetscher dabei, in der praktischen Prüfung allerdings nicht.

Im Durchschnitt 25 Übungsstunden

Bei der Fahrschule Fahrwerk mit Standorten in Bad Sobernheim und Bad Kreuznach brauchen die Fahrschüler durchschnittlich 25 Übungsstunden, sagt Inhaberin und Fahrlehrerin Isabel Seckler. Auch sie bestätigt, dass das Vorwissen abgenommen habe. Es sei allerdings nicht zwingend so, dass die Fahrschüler mit weniger Vorwissen automatisch mehr Fahrstunden bräuchten. Damit Sprachbarrieren nicht zu einer sehr hohen Anzahl an Fahrstunden führen, nimmt die Fahrschule nur Personen an, die ein Deutsch-Niveau von mindestens C1 vorweisen können.

Die Fahrschule Fahrwerk habe zuletzt die Preise im Herbst 2023 angehoben, sagt die Inhaberin. Gründe hierfür seien beispielsweise gestiegene Reparaturkosten und Spritpreise. Nimmt man einen Durchschnitt von 25 Übungsstunden an, so koste der Führerschein in der Klasse B mit Sonderfahrten, Prüfungen und allem, was dazugehört, 3759 Euro. Ein sehr guter Fahrschüler, der zum Beispiel nur 15 Übungsstunden benötige, wie Seckler erklärt, müsse 3109 Euro zahlen. Die Preiserhöhung habe allerdings nicht zu weniger Andrang geführt, berichtet sie ferner.

Bei Mehrheit Motivation eher gering

Auch sie hat den Eindruck, dass der Führerschein einen anderen Stellenwert bekommen hat. Vereinzelt kommen Personen aus Interesse, aber bei der Mehrheit sei die Motivation eher gering. „Ich bin jetzt seit zehn Jahren dabei“, sagt sie. Auch habe das Verständnis für komplexe Verkehrsabläufe abgenommen. Aber: Die Quote derjenigen, die beim ersten Versuch bestehen, liege bei der Fahrschule in der Theorieprüfung bei 95 Prozent und in der Praxis bei 85 Prozent. „Das ist überdurchschnittlich gut“, betont Isabel Seckler.

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