Hochstetten-Dhaun
Über hundert zornige Bürger bei Abwasser-Infoabend in Hochstetten-Dhaun
Über hundert zornige Bürger besuchten den Informationsabend zu den Abwasserpreisen in Hochstetten-Dhaun im Haus Horbach.
Robert Neuber

Beim nunmehr fünften Informationsabend zum Thema Abwasserkosten bevölkerten über hundert Bürger den Saal des Hauses Horbach. Bürgermeister Thomas Jung und Werkleiter Jochen Stumm hatten einen schweren Stand - und das, obwohl sie deutliche Änderungen bei der Berechnungssatzung ankündigten.

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Bürgermeister Thomas Jung hatte am Montagabend zwar seine erkältungsbedingt über einige Tage verlorene Stimme wieder, aber die brauchte er auch. Denn der Saal des Hauses Horbach war gut gefüllt, es mussten zusätzliche Stühle aufgestellt werden. Über hundert Bürger waren im Raum – und sie waren geladen, das hörte man schon an Wortwahl und Stimmlage, bevor die Diskussion überhaupt eröffnet worden war.

Jung und Stumm gaben zunächst den mittlerweile bekannten historischen Hintergrund: der fusionsbedingte Zwang zur einheitlichen Berechnung in der Verbandsgemeinde Kirner Land und in der Stadt, die Beauftragung der externen Ingelheimer Firma mit der Erfassung von Grundstücksdaten – die sich in der Folge als fehlerhaft dargestellt hatten. Alleine schon der sachlich gegebene Hinweis von Werkleiter Stumm, diese Firma sei fachlich anerkannt und könne entsprechende Referenzen aufweisen, wurde mit zornigem Gelächter quittiert.

Es gab aus den Reihen der Gäste unterschiedliche Einlassungen. Im Grunde genommen versteht man zunächst nicht, warum nun ein neu gefasster wiederkehrender Beitrag für Schmutzwasser erhoben werde. Warum denn nicht eine durch den tatsächlichen Verbrauch bemessene Gebühr zur Zahlung genutzt werde, und sonst nichts. Das wäre doch eine faire Berechnung, die auch das Sparen des kostbaren Wassers berücksichtigen würde. Und es wurde von diversen Gästen darauf verwiesen, dass genau diese Berechnungsweise schließlich in ganz Deutschland angewandt werde – nur eben in Rheinland-Pfalz nicht. Doch selbst in Rheinland-Pfalz gebe es Gemeinden, die sich nur an der Nutzungsgebühr orientierten, etwa Boppard.

Volles Haus und kochende Stimmung - so war es beim Info-Abend zum Abwasser im Haus Horbach (Hochstetten-Dhaun).
Robert Neuber

Hier wandten Jung und Stumm ein, dass es in Boppard eben eine durchgängig urbane Struktur im Abwassersektor gebe, so dass die einheitliche Gebührenberechnung passe – das sei in der VG Kirner Land mit den unterschiedlichen Grundstücksgrößen in Stadt Kirn und Orten wie Heinzenberg eben anders.

Was die Bürger auch nicht verstehen: Dass über die neue Satzung für ein vor fünfzig Jahren gebautes einstöckiges Haus, für dessen Grund der Bebauungsplan mehrere Geschosse erlaube, nun mit 1,5 Stöcken berechnet werde (Vollgeschosszuschlag) – obwohl doch nur ein Geschoss vorhanden ist und ganz sicher nie ein weiteres auf das alte Haus gesetzt werde. Ja, das sei eben ziemlich komplex und schwer zu verstehen, so Stumm – der Saal brach in wütendes Gelächter aus, die Erklärung ging unter.

Was von den zürnenden Besuchern allerdings auch zur Kenntnis genommen wurde: Sowohl von Jung als auch von Stumm kamen deutliche und auch ehrlich klingende Worte der Entschuldigung für den gesamten Schlamassel. „Wir wollten eine ausgewogene Verteilung der Abwasserkosten erreichen, das ist uns nicht gelungen“, so Jung – tosender Applaus. „Ich beiße mit wirklich selbst in den A...“, fügte Jung deutlich hinzu. Gern gehört wurde im Publikum natürlich auch sein Versprechen, man werde ganz sicher zu „Entschärfung der Belastungsspitzen“ kommen.

Allerdings, und das sorgte natürlich wieder für hochgezogene Augenbrauen bei den Bürgern, bleibe es beim politisch beschlossenen Ziel, nun auch bislang „nicht veranlagte und nicht berücksichtigte Grundstücke in die Berechnung hineinzunehmen“.

Schon vor einigen Tagen wurde im Werksausschuss der Verbandsgemeinde über die Abwasserthematik diskutiert - unter den Augen diverser Bürger, von denen sich üblicherweise keiner in dieses Gremium verirrt...
Sebastian Schmidt

Von der Bürgerinitiative Limbachtal kam der wütende Hinweis darauf, dass sich die VG Kirner Land von der Lobby-Organisation des Städte- und Gemeindebundes beraten lasse, der es eben nicht um Fairness gegenüber den Bürgern gehe, sondern um die Bevorteilung der beauftragenden Werke.

Besonders lautstark („falsch!“) trat Dr. Friedrich Rohwer aus Andernach auf, der die Mustersatzung des Gemeinde- und Städtebundes für juristisch nicht tragbar hält („der lügt!“).

Bürgermeister Jung hatte seine politische Antenne ausgefahren. Es sei definitiv nicht so, dass er auf Teufel komm raus die neu ausgearbeitete Satzung beibehalten wolle, entgegnete er einer zornigen Kritik aus dem Saal. Es würden alle Varianten analysiert und geprüft...

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