Trotz Corona in Bestform: Balkone Schneider aus Seibersbach mit vollen Auftragsbüchern
Trotz Corona Nachfrage wie nie: Balkone Schneider aus Seibersbach hat volle Auftragsbücher
Kreativität, Köpfchen und eine Leidenschaft für spannende Designs sind Qualitäten, die die Mitarbeiter von Balkone Schneider in Seibersbach bei ihrer Arbeit zum Einsatz bringen können. Foto: Dieter Ackermann
Dieter Ackermann

Seibersbach. „Metallgestalter sind Menschen mit einer kreativen Ader, die Spaß haben an Design und den Feinheiten der Detailarbeit“, sagt Fabian Schneider, Juniorchef von Balkone Schneider in Seibersbach. Wer sich für den Beruf des Metallbauers entscheidet, kann zwischen drei Tätigkeitsfeldern wählen: Metallgestaltung, Nutzfahrzeugbau oder Konstruktionstechnik. Fabian Schneider musste über seine Entscheidung nicht lange nachdenken: Für ihn kam nur die Fachrichtung Metallgestalter in Betracht.

„Inzwischen hat sich das Berufsbild des Metallgestalters mehr und mehr in das eines Metalldesigners gewandelt. Uns reizt das Außergewöhnliche; zum Beispiel komplizierte Sonderlösungen für Balkone, oder wenn Kunden von uns erwarten, dass sehr hohe ästhetische Ansprüche erfüllt werden. Für uns sind Balkongeländer mehr als eine nutzbringende Absturzsicherung, sondern kreative Designgestaltung, die gefallen muss“, sagt Fabian Schneider.

Das erklärt in seinen Augen auch, warum Balkone Schneider seit Ausbruch der Corona-Pandemie mit Auftragswünschen überhäuft wird. Der Metallbaubetrieb sei auch vor der Corona-Krise sehr gut ausgelastet gewesen. „Aber was dann geschah, hat uns bis an die Grenzen unserer Leistungsfähigkeit gebracht. Mein Vater, der unseren Betrieb führt, ist seit 40 Jahren Metallbauer. Er kann sich nicht daran erinnern, dass wir jemals eine solche Nachfrage gehabt hätten. Wir haben gerade Lieferfristen von bis zu einem Jahr“, sagt der Juniorchef.

Urlaub auf Balkonien

Weil viele Menschen wegen des Lockdown gezwungen waren, Ferienreisen zu stornieren, und stattdessen „Urlaub auf Balkonien“ machten, kam oft der Wunsch auf, den Balkon oder die Dachterrasse neu und attraktiver zu gestalten. Man bediene ausschließlich Privatkunden und nehme weder öffentliche noch gewerbliche Aufträge an. Das Ziel sei weiter, ein stark spezialisierter Kleinbetrieb zu bleiben, in dem ein gutes Betriebsklima und eine familiäre Atmosphäre herrschen. Deshalb wolle man auch nicht expandieren, obgleich die Auftragslage es erlauben würde, stellt Fabian Schneider fest. Balkone Schneider beschäftigt vier Facharbeiter und einen Hilfsarbeiter. Man bilde aus und freue sich immer wieder, auch Praktikanten zu begrüßen, um sie an den Beruf des Metallbauers heranzuführen. Bei Vater Thomas Schneider und Sohn Fabian laufen die Fäden zusammen, wenn es um Aufmaß und Planung von Balkongeländern geht; die Mutter leitet das Büro.

„Familiengeführte Betriebe stehen nicht nur für Tradition. Sie sind auch enorm wichtig für die Gestaltung der Zukunft des Handwerks. Denn im Idealfall verbinden sie als Rückgrat des Handwerks das Können von Generationen mit der modernen Technologie des digitalen Zeitalters“, sagt Kurt Krautscheid, Sprecher der Arbeitsgemeinschaft der Handwerkskammern Rheinland-Pfalz.

Vieles läuft digital

Inzwischen hat die Digitalisierung Einzug bei Balkone Schneider gehalten. Fabian Schneider plant vieles am Computer, der Vater sei noch vom „alten Schlag“ und zeichne von Hand. „So etwas sollte man als Metallbauer in Zeiten der Digitalisierung trotzdem heute noch lernen und können. Der Computer ersetzt gutes Kopfrechnen nicht immer“, meint Fabian Schneider, der seine Abschlussarbeit zum Betriebswirt über die Digitalisierung von Handwerksbetrieben geschrieben hat.

Zu Beginn der Corona-Krise sei das größte Bedenken gewesen, dass auch ihr Betrieb der Pandemie zum Opfer fallen könnte und komplett geschlossen werden müsste. In dieser Zeit setzten Vater und Sohn alles daran, ein möglichst dickes Auftragspolster zu schaffen, um selbst nach einer eventuellen vorübergehenden Zwangsschließung sofort wieder loslegen zu können. Aber es kam ganz anders. Was zu Beginn noch eine unternehmerische Vorsichtsmaßnahme war, entwickelte sich zu einem Boom.

Fabian Schneider erinnert sich, dass es ein Wochenende gab, an dem per Telefon und E-Mail allein zehn Anfragen für außergewöhnliche Balkonkonstruktionen bei ihnen eingegangen seien. Kundenwünsche erreichen Balkon Schneider nicht nur aus dem Rheinhessischen, sondern auch aus Köln, Würzburg oder Karlsruhe. Die selbst entworfene Internetseite habe sogar zu Anfragen aus Österreich und der Schweiz geführt.

Sorgen um Fachkräfte

Sorgen bereitet Fabian Schneider die Fachkräftegewinnung. Was die Handwerkskammer zur Förderung tue, sei sehr anerkennenswert. Wenn er sich etwas wünschen könne, wäre es die rückhaltlose Gleichstellung von Studium und Handwerksausbildung. Ohne mutige Fördermaßnahmen, die das Handwerk aufwerten, sei der Fachkräftemangel in Deutschland nicht aufzuhalten. Für ihn ist jedenfalls nichts anderes als der Handwerksberuf vorstellbar. „Ich freue mich darauf, unseren Familienbetrieb weiterzuführen. Das ist nicht nur Beruf, sondern auch Berufung“, sagt der Juniorchef.

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