Bescheide Bürgermeister Heinrich (CDU) droht mit drastischen Bußgeldern - Kleine Betriebe sehen ihre Existenz bedroht
Sturm der Entrüstung: Eisdielen und Pensionen sollen Fettabscheider nachrüsten
In der „Blauen Eisdiele“ in Bad Kreuznach, wo hier Sabrina Carta gerade leckeres Eis ausgibt, könnte man mit dem Fettabscheider als Investition leben. Foto: Josef Nürnberg
Josef Nürnberg

Bad Kreuznach. Seit Anfang Februar verschickt die Abwasserbeseitigungseinrichtung der Stadt Bad Kreuznach Aufforderungen an Pensionen, Eisdielen und Kindergärten, Fettabscheider einzubauen. Während bei Pensionsbetreibern der Sturm der Entrüstung groß ist, gibt es für Bürgermeister Wolfgang Heinrich (CDU) kein Vertun, dass die Aufforderung zum Einbau durch den Paragrafen 13 der Entwässerungssatzung gedeckt ist.

In der „Blauen Eisdiele“ in Bad Kreuznach, wo hier Sabrina Carta gerade leckeres Eis ausgibt, könnte man mit dem Fettabscheider als Investition leben. Foto: Josef Nürnberg
Josef Nürnberg

Heinrich droht sogar mit drastischen Bußgeldern. „Denn eigentlich hätten auch Pensionen aufgrund der Satzung den Einbau ohne Aufforderung durchführen müssen.“ Darum empfiehlt der Bürgermeister allen, die noch keinen Bescheid bekommen haben und vom Paragrafen 13 betroffen sind, von sich aus aktiv zu werden und einen Fettabscheider zu installieren. Die Frist von zwei Monaten für den Einbau unter Vorlage des Prüfberichts hält er auch für angemessen.

Dem widerspricht allerdings Stefan Köhl in seiner Funktion als Vorsitzender des Verkehrsvereins Rheingrafenstein. Als Sachwalter seiner Mitglieder hat sich der Leiter der Tourist-Info, Thomas Borchardt, dem Thema angenommen. Köhl sagt: „Wenn es schon so ist, dass der Einbau sein muss, dann sollte es zumindest Übergangszeiten geben. Ansonsten grenzt das schon an Existenzvernichtung.“ Zumal die Investition wahrhaftig kein Pappenstiel ist: Sie kostet gut und gern rund 6000 Euro.

Doch damit nicht genug: Auch die Unterhaltung des Abscheiders, die alle zwei Monate anfällt und bei etwa 130 Euro liegt, kann sich nicht jeder leisten. So fragt sich der Verkehrsvereinschef, was denn in kleinen Pensionen mit nur wenigen Zimmern beim Frühstück an Fett anfällt, das einen teuren Fettabscheider notwendig macht. Köhl geht davon aus, dass das Thema bei der Mitgliederversammlung des Verkehrsvereins am Montag, 26. März, auf den Tisch kommt.

Wie Köhl fragen sich auch viele Zimmervermieter in BME und Bad Kreuznach, wo denn bei ihnen so viel Fett anfällt. Eine davon ist Erna Heinz, die in Bad Münster eine Pension mit ganzen fünf Zimmern führt. Die alleinstehende Frau ist überzeugt, dass in jedem Familienhaushalt mehr Fett anfällt als in ihrer Pension. Sie hat überschlagen, dass sie im Jahr etwa 300 Frühstücksportionen ausgibt. Dennoch steht sie in der teuren Pflicht – und zurzeit ratlos da. Wie viele andere hat sie erst einmal Einspruch gegen den Bescheid erhoben. Wenn sie auf diesem Weg nicht weiterkommt, denkt auch sie daran, sich einer Sammelklage anzuschließen.

Im Übrigen widerspricht sie der Aussage des Bürgermeisters, dass ein Fettabscheider innerhalb von zwei Monaten eingebaut werden kann. „In meinem Fall müssen Wände aufgestemmt werden, sodass der Einbau auch nicht einfach ist.“ Ähnlich sieht es im Bad Münsterer Gästehaus Urschel aus. Auch Marina und Helmut Urschel wissen, dass der Einbau sie vor große finanzielle Herausforderungen stellt und sehr aufwendig ist. „Wir arbeiten gar nicht mit Fetten und wir hoffen, dass die Stadt das überdenkt“, sagen die Urschels. Klar, dass auch sie Einspruch gegen den Bescheid erhoben haben.

Auch die Eisdiele am Kapitän-Lorenz-Ufer soll nach dem Willen des Abwasserbeseitigungsbetriebs einen Fettabscheider bekommen. Der darf weder im Verkaufs- noch im Lagerraum installiert werden. Einen Keller gibt es aber nicht. Wo er dann künftig stehen soll, ist den Betreibern ein Rätsel.

Mit einem Fettabscheider kann hingegen Manuel Costantin, Inhaber der „Blauen Eisdiele” in Bad Kreuznach, leben. Dagegen sind sich die Betroffenen in Bad Münster wie das Ehepaar Urschel oder Erna Heinz sicher, dass mancher seine Pension für immer schließt, sollte Bad Kreuznach am Einbauzwang der Spezialgeräte festhalten. „Ich liebe meine Arbeit in der Pension, aber meine Gäste in eine Bäckerei zum Frühstück zu schicken oder Einweggeschirr zu verwenden, das kann ich nicht machen“, sagt Heinz. bj

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