Den Umstieg von den einmaligen Straßenausbaubeiträgen darauf hat die Mainzer Ampel-Koalition schon vor dreieinhalb Jahren beschlossen. Dabei hieß es, die Umstellung solle die Bürger entlasten. Es gibt aber auch Stimmen, die das Gegenteil befürchten: So warnte die Verbände-Allianz aus Steuerzahlerbund, Haus & Grund sowie dem Verband Wohneigentum bereits 2022, dass es letztlich für die Bürger teurer werden wird. Ganz ähnliche Befürchtungen äußerte auch das eine oder andere Mitglied im Ausschuss für Stadtplanung, Bauwesen, Umwelt und Verkehr, der sich in einer Sondersitzung jetzt mit dem Thema befasste. Es wurde aber auch allerhöchste Zeit, denn bis zum Jahresende soll die Entscheidung getroffen sein. Bislang hatte die Verwaltung das heiße Eisen noch nicht angepackt. Eine Wahl hat die Stadt aber nicht: Durch die Änderung des Kommunalabgabegesetzes sind alle Gemeinden in Rheinland-Pfalz zur Einführung wiederkehrender Straßenausbaubeiträge verpflichtet. Das betrifft alle Straßenausbaumaßnahmen, die ab dem 1. Januar 2024 begonnen werden.
Betroffen sind nur die innerstädtischen Straßen
Beitragspflichtig sind nur Grundstückseigentümer. Dabei spielt es keine Rolle, ob das Grundstück bebaut ist. Für die Berechnung gilt das, was der Bebauungsplan an Bebauung zulässt. Betroffen sind nur die Gemeindestraßen – nicht die klassifizierten Kreis-, Landes- und Bundesstraßen. Und es gilt auch nur für den Ausbau bestehender, gewidmeter Straßen, nicht für den Neubau: An der Aufteilung der Erschließung ändert sich nichts. Da bleibt es bei 90 Prozent Anlieger, 10 Prozent Stadt.
Grundstücksbesitzer bekommen künftig wohl öfter Bescheide über Ausbaubeiträge. Da aber nicht nur die Anwohner der jeweils betroffenen Straße zu den Kosten herangezogen werden, sondern alle in der Abrechnungseinheit, fallen die Beträge dann deutlich geringer aus, argumentieren die Befürworter der neuen Regelung. Die andere Seite: Dafür zahlen aber auch Anwohner etwa der Dürerstraße im Südosten der Stadt Ausbaubeträge für einen Straßenausbau am anderen Ende der Stadt, etwa der Seitz- oder Franziska-Puricelli-Straße – und natürlich umgekehrt.
Alzeyer Straße keine trennende Wirkung
Mit der Erarbeitung eines Satzungsentwurfes und insbesondere mit der Bildung von Abrechnungseinheiten wurde die Koblenzer Kanzlei CaspersMock beauftragt. Die Rechtsanwälte Carsten Schwenk und Max Harscheidt erläuterten, wie sie zu den insgesamt 14 Abrechnungseinheiten für das Stadtgebiet gekommen sind. Die mit Abstand größte Einheit ist Bad Kreuznach Zentrum Süd. Bei der Überlegung, das Gebiet eventuell noch einmal zu unterteilen, ist die Kanzlei aber zu dem Ergebnis gekommen, dass die klassifizierte L 412 (Alzeyer Straße) im Bereich der Abrechnungseinheit keine trennende Wirkung beizumessen ist, wie etwa bei anderen Einheiten die Bahnlinie oder die Nahe. Denn die Alzeyer Straße könne an mehreren Stellen ohne größere Umstände von Fußgängern gequert werden und ist zudem durch eine Vielzahl von Gemeindestraßen angebunden, begründet Harscheidt.
Die 14 Abrechnungseinheiten für das Stadtgebiet
Ippesheim (1), Bosenheim (2), Winzenheim (3), Bad Münster (4), Ebernburg (5), Bruchwiese (6), Salinental (7), Gewerbegebiet Bosenheim-Planig (8), Planig (9), Bad Kreuznach Nord (10), Gewerbegebiet Zentrum Nord (11), Gewerbegebiet Zentrum Süd (12), Bad Kreuznach Zentrum Nord (13), Bad Kreuznach Zentrum Süd (14).
Die Kanzlei CaspersMock schlägt folgende städtischen Anteile an den Straßenbaubeträgen vor: Für die Zonen 1 bis 7,9,11,13 und 14 20 bis 25 Prozent, für die Zonen 8, 10 und 12 je 25 bis 30 Prozent. hg
Und was sagte der Ausschuss dazu? Für Rainer Wirz (CDU) bedeutet die Neuregelung „nichts anderes als eine zusätzliche Gebührenerhöhung“. Das sei vom Landesgesetzgeber auch so gewollt, kritisierte er. Das Land spare so eine Menge Geld, wälze die Kosten auf die Bürger ab. Denn nur der Gemeindeanteil werde bezuschusst. Deshalb sollte der städtische Anteil so hoch wie möglich sein, fordert er, „um die Bürger nicht unverhältnismäßig weiter zu belasten“.
Kritik an Neuregelung
Jörg Fechner (AfD) stört, dass viele Bürger „Ausbaumaßnahmen bezahlen müssen, von denen sie nichts haben“. Carsten Pörksen (SPD) meinte dagegen, die neue Regelung sei zwar „eine Belastung für die Allgemeinheit, aber für den Einzelnen erträglich.“ Was genau auf die Bürger zukommt, lässt sich heute aber noch nicht sagen. Das wird man wohl erst in ein paar Jahren sehen.
Stadtrat entscheidet über Stadtanteil
Mit großer Mehrheit stimmte der Ausschuss der Einteilung in die 14 Zonen zu, was der Stadtrat noch bestätigen muss. Nur Fechner stimmte mit Nein, Karl-Heinz Delaveaux (FWG) enthielt sich. Über den Anteil der Stadt in den jeweiligen Abrechnungszonen hat das Gremium noch nicht entschieden. Das soll erst noch in den Fraktionen beraten werden, der Stadtrat dann in seiner übernächsten Sitzung direkt darüber entscheiden.
Doch der Spielraum dafür ist eng begrenzt: Der Mindestsatz liegt bei 20 Prozent, der Höchstsatz bei 30 Prozent. Wobei die Fachanwälte klar machten, dass eine Übernahme von 30 Prozent gut begründet sein müsse. Auch rieten sie dringend, die von ihnen vorgeschlagene Abstufung einzuhalten. Bislang lag der Gemeindeanteil bei Einmalausbaubeiträgen zwischen 25 und 70 Prozent, abhängig vom Verhältnis Durchgangs- und Anliegerverkehr.