Neben den Herausforderungen, denen sich Kommunen wie Bad Kreuznach im Jahr 2024 stellen müssen (schlechte Finanzlage, Dauerzoff mit der ADD wegen fehlender Formalien, Krankenstände in der Verwaltung, Flüchtlingszuzug, Infrastrukturproblem, Sanierungsstau in öffentlichen Gebäuden), plagt die Bad Kreuznacher Stadtpolitik ein ganzes Sammelsurium an potenziellen Problemen und Eigentümlichkeiten.
Koalitionskoma: Es fühlt sich exakt wie 2019 an. Damals taten alle so, als wolle man koalieren. Mehr als Alibigespräche gab es aber nie.
Großen Bekundungen, es müsse doch nun mal endlich eine Koalition geben, damit man die Dinge in der Stadt voranbringen könne, folgt bislang nichts. Klar ist: Es geht nur mit der CDU. Doch wird man im Lager der Christdemokraten das Gefühl nicht los, Neu-Spitzenkandidat und Galionsfigur Helmut Martin steht mit seinem Wunsch zu koalieren allein da.
Meinungsführer und Fraktionschef Manfred Rapp und Mirko Helmut Kohl, der mit einem starken Ergebnis sein Standing verbessern konnte, stehen nicht im Verdacht, dass ihnen die Lust auf eine Koalition mit SPD, FDP oder Grünen die Sinne vernebelt. Man gefällt sich in der Rolle der stärksten Partei. Mehr will man scheinbar gar nicht.
Die Abstimmung am vergangenen Donnerstag, die die theoretische Möglichkeit für ehrenamtliche Beigeordnete schaffen sollte, ließ die CDU komplett kalt. Man stimmt mit Nein. Beobachter wissen, dass ehrenamtliche Beigeordnete der Kitt sind, der Koalitionen die Stabilität verleiht.
Bei der SPD ist die Lage anders. Man würde gern koalieren, kann aber nicht. Mit acht Sitzen ist man bloß der Juniorpartner und hängt an der Nabelschnur der CDU. Da kann man die Hand noch so weit ausstrecken – jemand muss sie auch greifen.
Die FDP würde „ihrem“ Oberbürgermeister Emanuel Letz gern eine stabile Machtbasis verschaffen. Mit vier eigenen, plus der kooptierten Stimme von Rolf Schneider, ist man aber nicht der Königsmacher, der man gern sein will, sonder nur der Dienstpage, der darauf hofft, dass die CDU koalitionstechnisch in die Gänge kommt.
Blockbildung: Nicht nur räumlich nebeneinandersitzend, sondern auch inhaltlich nah beieinander und praktisch dauerhaft gleich abstimmend präsentierte sich ein Block aus AfD, Freien Wählern, FWG/Büfep und der Liste Faires Bad Kreuznach. Ob Beigeordnetenfrage oder Erhöhung des Sitzungsgeldes: Man ist sich einig am konservativen/rechten Rand. Das könnte ein Modell mit Zukunftscharakter werden.
Ob die offene Zusammenarbeit mit der AfD allen Wählern dieser Listen so unbedingt gefallen dürfte, darf bezweifelt werden. Allerdings: Überraschend kommt das alles nicht. Während man panisch argumentierte, dass allein die Satzungsmöglichkeit, mehrere Beigeordnete zu ernennen, in finanziell schwierigen Zeiten ein fatales Signal sei. Um sich im Anschluss die Sitzungsgelder von 241 auf 300 zu erhöhen. Dass die Aufwandsentschädigung angepasst werden muss, ist überfällig. Verpackt in dieses Narrativ – ohne jegliche innere Logik – ist das schlichtweg ein Fauxpas.
Dezernatsumverteilung: Der Neuzuschnitt der Geschäftsbereiche im Stadtvorstand hat das Potenzial die bereits vorhandenen Gräben zu Erdspalten werden zu lassen. Ginge es hier um meteorologisch Beobachtungen, würde man sagen: Die Gewitterwahrscheinlichkeit beträgt 100 Prozent. Noch will keiner darüber öffentlich reden, aber klar ist: Oberbürgermeister Emanuel Letz wird einen neuen Versuch unternehmen, die Dezernate neu zu verteilen. Kurz nach seinem Amtsantritt im Herbst 2022 scheiterte er daran. Letz sieht seine Stärken in der Wirtschaftsförderung, im Sport und im Bereich Ordnungsamt – alle befinden sich im Dezernat von Markus Schlosser.
Beide haben kein gutes Verhältnis, das macht die Sache nicht leichter. Schlosser soll im Gegenzug das Amt für Kinder und Jugend bekommen. 2022 verhinderte diesen Neuzuschnitt und den Schlosser'schen Machtverlust die CDU – der Schlosser damals noch angehörte. Das hat sich nun geändert: Inzwischen ist er parteilos.