Legt eine Behörde einem Immobilienbesitzer zu viele Steine in den Weg? Das würde Martin Quarz wohl bejahen. Seit drei Jahren läuft der Streit um den Solarzaun. Quarz, ein Orthopäde im Ruhestand, der als junger Assistenzarzt in der Kreuznacher Diakonie arbeitete, inzwischen aber in Köln lebt, hat die Auseinandersetzung mit der Unteren Denkmalschutzbehörde bis zum juristischen Ende geführt – und gewonnen. Das Oberverwaltungsgericht (OVG) Rheinland-Pfalz entschied, dass für den umstrittenen Solarzaun des Hauses eine denkmalrechtliche Genehmigung ausgestellt werden muss.
Häuser sollen aussehen wie im Film
Für Quarz heißt das, dass die Kreisbehörde „eine Klatsche bekommen hat“. Er kritisiert die Verhältnismäßigkeit denkmalrechtlicher Auflagen, insbesondere mit Blick auf den Klimaschutz. „Da wollen Leute, dass Häuser jederzeit als Kulisse in Historienfilmen herhalten können. Aber wenn man mal nach ihren Kriterien fragt, wird es dünn“, findet er.
Was war passiert? Quarz wollte das schiefergedeckte Walmdachhaus, ein sogenanntes Franzosenhaus Baujahr 1921, in der Denkmalzone Kurviertel mit einem Zaun aus Solarmodulen bestücken, doch die Untere Denkmalschutzbehörde des Kreises lehnte das ab. Der Hauseigentümer gab sich damit nicht zufrieden und zog vor den Kreisrechtsausschuss, wo er scheiterte. Dann klagte er vor dem Verwaltungsgericht Koblenz, scheiterte dort aber erneut. Der Zaun, den Quarz auf einem Teil der zwischen 0,90 und 1,40 Meter hohen umlaufenden Mauer bauen wollte, würde die Sicht auf das denkmalgeschützte Gebäude erheblich stören, stellte das Verwaltungsgericht Koblenz fest. Der Immobilienbesitzer solle andere regenerative energetische Möglichkeiten prüfen.
Das Gericht bestätigte damit die Sichtweise des Kreises. Diese wiederum entspricht einem Erlass des rheinland-pfälzischem Innenministeriums, wonach Genehmigungen für Solaranlagen auf denkmalgeschützten Häusern zwar grundsätzlich zu erteilen sind, aber nur, wenn das Erscheinungsbild des Baudenkmals nicht leidet.
Architekt legte Entwurf vor
Quarz beauftragte daraufhin einen Architekten, der einen Entwurf erstellte: Die Solarmodule sollten aufs Dach montiert werden. Doch die Untere Denkmalschutzbehörde habe das abgelehnt. „Man störte sich daran, dass die Solarmodule nicht zusammenhängend waren und sogenannte Modulschollen entstehen würden“, erklärt er. Quarz legte Widerspruch ein. „Darauf wurde mir mitgeteilt, man würde den Entwurf mit der Generaldirektion Kulturelles Erbe abklären, aber dann kam monatelang nichts mehr“, so der Hausbesitzer. Er reichte eine Dienstaufsichtsbeschwerde wegen Untätigkeit ein, was Landrätin Bettina Dickes zurückwies.
Dass Quarz nun vor dem Oberverwaltungsgericht mit seiner Berufung Erfolg hatte, begründet die Instanz unter anderem mit dem Gesetz für den Ausbau Erneuerbarer Energien (EEG) vom 20. Juli 2022. Denn das sei höher zu gewichten als das Denkmalschutzgesetz: Demnach liegen die Errichtung und der Betrieb von Anlagen „im überragenden öffentlichen Interesse“ und dienen der öffentlichen Sicherheit. „Eine besonders hohe Schutzbedürftigkeit des Denkmals“ oder „eine besondere Schwere des Eingriffs“ sind nicht ersichtlich, heißt es im Urteil. Ein Alternativstandort für eine Solaranlage auf dem Grundstück des Klägers komme nicht in Betracht, führt das OVG aus. Gegen das Urteil kann keine Revision eingelegt werden, wohl aber eine Beschwerde gegen das Revisionsverbot. Der Kreis prüft aktuell noch, wie er damit umgeht, teilte Sprecher Benjamin Hilger mit.
Für Martin Quarz sind vor allem zwei Punkte bei dem Urteil wichtig: „Erstens: Es ist eine klare Entscheidung, dass das Erneuerbare Energiengesetz Vorrang hat. Zweitens: Eine Behörde kann nicht einfach einen klimafreundlichen Ausbau verhindern.“
Sanierung durch Auflagen teuer
Für ihn, der noch ein weiteres denkmalgeschütztes Haus besitzt, ist klar, dass die Vorschriften zum Erhalt historischer Bausubstanz allgemein zu eng gefasst sind und die Sanierungskosten nicht nur, aber auch dadurch in die Höhe getrieben werden. „Damit bremst man Veränderungen ganzer Ortschaften aus“, findet er. Wann er mit dem Bau des Solarzauns anfängt, ist noch offen. Auch denkt Qarz über weitere Sanierungsmaßnahmen nach. In zwei Wochen sei ein Treffen mit der Kreisbehörde und ihm selbst avisiert. Dann sehe man weiter.