Einsatz Hauptbrandmeister Alexander Jodeleit blickt auf 2017 und auf den Jahreswechsel
Silvesterabend 2017/18: Wie oft rückt die Bad Kreuznacher Feuerwehr diesmal aus?
Ihm und seinen 139 Mitstreitern in vier Löschbezirken ist nicht bange vor Silvester: Hauptbrandmeister Alexander Jodeleit von der Bad Kreuznacher Feuerwehr mit 140 Aktiven und dem Nachwuchs mit den zehn Flämmchen (6 bis 10 Jahre) und 15 Jugendfeuerwehrleuten (10 bis 16 Jahre). Foto: Stefan Munzlinger
Stefan Munzlinge

Bad Kreuznach. 498 Einsätze fuhr die 140 Aktive und vier Löschbezirke starke Bad Kreuznacher Feuerwehr im endenden Jahr 2017. Ob die 500er-Grenze überschritten wird? Ohne Zweifel, denn mit dem Silvestertag und der Neujahrsnacht sind „brandgefährliche“ Aktionen verbunden, sprich: Das Feuerwerk birgt Spaß und Risiko zugleich. Die Krux: Zwar wird beim Verkauf der Feuerwerksartikel Klasse F 2, wozu Raketen und Böllerbatterien gehören, aufs Alter (ab 18 Jahre), aber nicht auf den Intelligenzquotienten geachtet. Und so fackeln auch mal Müll- und Altkleidercontainer ab.

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Wir sprachen mit Hauptbrandmeister Alexander Jodeleit (44), Pressesprecher der Bad Kreuznacher Feuerwehr und echtes Gässje, der mit seiner Frau Anja (42) und seinen Töchtern Larissa (13) und Alisa (16) in der Gustav-Pfarrius-Straße und damit nahe am Löschzug Süd wohnt und den er stellvertretend leitet – mit 45 Aktiven und einem Fuhrpark, zu dem unter anderem die Drehleiter und ein Rüstfahrzeug gehören und von dem aus 2017 rund 400 Einsätze gefahren wurden.

Die Verbindung zur ehrenamtlichen Feuerwehr ist Jodeleit, der von Beruf Gewerbekundenberater der Sparkasse Rhein-Nahe ist, in die Wiege gelegt: Opa Karl und Onkel Peter waren Bad Kreuznacher Wehrleiter. Bei etwa 250 und damit der Hälfte aller Einsätze war Alexander Jodeleit in diesem Jahr dabei – vor allem an den Abenden und an den Wochenenden.

Herr Jodeleit, stehen für die Bad Kreuznacher Aktiven mit dem Silvesterabend und der Neujahrsnacht besondere Einsatzstunden bevor?

Das weiß man im Voraus ja nie, aber die Erfahrung der zurückliegenden Jahreswechsel zeigt: nein, eher nicht. Wir fahren an diesen Tagen keine Sonder-, sondern die normalen Routine-Zufallsbereitschaften. Niemand muss sich sorgen: Wir sind präsent, wenn es gilt. Spätestens acht Minuten nach der Alarmierung, in vielen Fällen früher. Und das an allen Tagen und in allen Nächten eines Jahres, nicht nur an Silvester oder Neujahr.

Sitzt man als Feuerwehrmann nicht auf glühenden Kohlen, wenn man weiß, jeden Moment kann der Rufmelder losgehen?

Nein, ständig in Bereitschaft zu sein, ist unsere ganzjährige Aufgabe, und das immer. Bei Großeinsätzen kann diese Organisation aufgehoben werden, dann, wenn alle gebraucht werden. Es ist so wichtig, dass die Familien, die Partnerinnen und Partner dies akzeptieren, es mittragen. Feuerwehrmann/-frau zu sein heißt auch, die Balance zu halten, für die Familie, etwa, wenn, wie 2017, mehrere Einsätze an Weihnachten anstehen – und für den Arbeitgeber. Laut Gesetz muss ein Aktiver freigestellt werden, wenn er alarmiert wird. Nun ist ein Gesetzestext das eine, der berufliche Alltag das andere. Jeder Feuerwehrmann spürt, wenn der Bogen überdehnt wird.

Unterscheidet sich ein Silvesterabend von anderen Tagen?

Meist ist es an den Silvestertagen und -abenden zunächst ruhig. Die ersten Einsätze setzen zehn Minuten nach Mitternacht ein. Dann brennen die ersten Müllbehälter oder Altkleidercontainer. Warum einer seine Kracher da reinwirft? Das fragen wir uns auch. Ein wenig gesunder Menschenverstand bei manchen Feiernden, und wir müssten nicht zu solchen Einsätzen ausrücken, könnten unsere Zeit und Kraft für die wirklich wichtigen Hilfseinsätze aufsparen. Denn die können ja auch noch kommen.

Vier administrative Kräfte im Beamtenstatus und vier hauptamtliche Gerätewarte – allesamt Feuerwehrleute, die im Ernstfall mit ausrücken – und der Rest?

Von 140 Feuerwehrangehörigen sind 132 im Ehrenamt, also aus Überzeugung und unentgeltlich dabei. Wir alle sind vorbereitet, aber: Keiner ist scharf auf Einsätze, egal welche. Am besten, es passiert nichts und überall wird nur friedlich gefeiert und „gefeuert“.

Sie sind seit 1984 bei der Feuerwehr. Können Sie sich an größere Zwischenfälle an Silvester erinnern?

Nein, es sind die kleineren Routineeinsätze, die uns in diesen Stunden binden. Wenn es zu größeren Verletzungen kommt, alarmiert die Integrierte Leitstelle am Marienwörth-Kreisel – via 112 zu erreichen – die Rettungskräfte. Die Feuerwehren sind dann außen vor.

Geben Sie den Silvesterfeierern einen Tipp: was tun, was lassen?

Ein Klassiker: Raketen nicht in eine Flasche stecken und anzünden. Die Flasche kann durch den Auftrieb der Rakete umfallen und der Feuerwerkskörper schießt horizontal statt vertikal los ... Verletzungen sind dann nicht ausgeschlossen, ja sogar sehr wahrscheinlich. Tipp 2: Die Balkone vorher leer räumen, also dort bloß nichts Brennbares aufbewahren.

Warum denn das nicht?

Weil ein losschießender Feuerwerkskörper oder eine noch glühende herabstürzende Rakete das Lagermaterial in Brand setzen könnte. Klingt nach Theorie, ist aber durchaus schon passiert. Gut, wenn uns das Wetter zur Seite springt, es also regnet oder schneit. Dann werden herabstürzende Kracher und Raketen automatisch abgekühlt und gelöscht. Heute Abend sieht es allerdings nicht danach aus, die Prognosen sprechen von milden und regenlosen 15 Grad.

Rückblick auf 2017: 498 Einsätze waren es bis Freitagmorgen (2016: 493), davon 305 Brandfälle. Die aufwendigsten Einsätze?

Im Juni ein Dachstuhlbrand in Winzenheim mit stundenlangen Nachlöscharbeiten. Im August der Brand in einer Shell-Tankstelle, bei der sich ein Junge am Fuß verletzte und eine Frau eine Rauchvergiftung erlitt; am Jahrmarkt ein Wohnungsbrand in BME mit allen Löschbezirken: An der Berliner Straße mussten mehrere Verletzte gerettet werden. Im September brannte an der Humperdinckstraße eine Messi-Wohnung und brachten sich die Bewohner alle in Sicherheit. Im November wurde ein Geschäftshaus an der Bleichstraße durch ein Wohnungs- und Dachstuhlfeuer unbewohnbar. Und im Dezember löschten wir einen Küchenbrand im Trombacher Hof bei Feilbingert.

Seit 12. Juli 2012 sind in Rheinland-Pfalz Brandmelder Pflicht, beispielsweise in Schlafzimmern, Fluchtwegen und Gewerberäumen. Das heißt für die Feuerwehren?

Dass sie häufig zu Kleinsteinsätzen gerufen werden, wenn es etwa nur darum geht, die Batterien der durchdringend piepsenden Melder zu tauschen. Von den 305 Brandeinsätzen 2017 alarmierten 129 gewerbliche und 18 private Rauchmelder. Gut, dass es diese Melder gibt. Aber hier und da wünschen wir uns schon, dass sich die Eigentümer beizeiten der Wartung der Melder annehmen. Dazu gehört, kontinuierlich den Ladezustand der Batterien zu kontrollieren oder die Lamellen von Staub und Ablagerungen freizusaugen. Wer die Feuerwehren fahrlässig alarmiert, kann dafür schon mal zur Kasse gebeten werden.

Stichwort Schwanenrettung.

Ein altbekanntes Winterthema. Sofort befreien wir Tiere aus misslichen Lagen. Aber die Schwäne in der Nahe oder auf dem Mühlenteich sind nur scheinbar erstarrt. Die Tiere können nicht festfrieren, passen sich laut befragten Tierärzten an die Außentemperatur an.

Die Fragen stellte Stefan Munzlinger

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