Nizza, Hinterland der Côte d´Azur: Rund 650 Kilometer Luftlinie von der Nahe in Richtung Süden findet sich eine der spektakulärsten Straßen Europas – nämlich die Département-Straße Nummer 2202 durch die Schlucht von Daluis in den französischen Seealpen.
Was das mit dem beschaulichen Altenbamberg an der Alsenz zu tun hat? Ganz einfach: Wer die Balkonstraße über der Daluis-Schlucht fährt, stößt auf einen beeindruckenden Felsturm. Er sieht so aus, als ob ihm der Kopf einer Frau aufgesetzt wurde, und deswegen heißt er auch „Tête de Femme“, also zu Deutsch: Frauenkopf.
Und damit wären wir in Altenbamberg. Denn hier thront ein Felsturm, der ebenso genannt wird: Frauenkopf. Wer ihn aus einer bestimmten Perspektive anschaut, der kann die Namensgebung auch nachvollziehen – man erkennt das Relief eines Gesichts. Dieser Fels steht im Hang der Schlucht zum Rödelstein, so heißt die Gemarkung genau gegenüber der Altenbaumburg.
Geschütztes Naturdenkmal
Der Frauenkopf ist ein geschütztes Naturdenkmal. Etwa vor 30 Jahren wurde diese Felsnadel aus brüchigem Vulkangestein (Rhyolith) mit Stahldrähten umschlungen. Diese Fesseln, es sind vier an der Zahl, verhindern, dass der Turm sich in seine Bestandteile auflöst und schlimmstenfalls kippt. Der Felsturm steht im steilen Hang, man gelangt über einen schmalen Grat an ihn heran. Hinaufklettern sollte man nicht, um ihn nicht zu beschädigen – gefährlich ist es natürlich auch, schließlich ist der Turm etwa zehn Meter hoch.
Altenbamberger Herren wie Karl-Otto Behrens, der früher die Gaststätte an der Alsenz führte, erinnern sich aber noch sehr gut daran, dass die Kinder hier oben herrlich spielten und ja, auch auf den Felsturm hinaufkletterten: Dort oben saßen sie und waren die kleinen Götter von Altenbamberg. Wie gelangten die Kinder dorthin?
Das war damals nicht simpel und ist es heute auch nicht. Wer diese Wanderung machen möchte, sollte sehr gut zu Fuß sein. Zunächst geht es von der Bundesstraße an der evangelischen Kirche vorbei und über die Bahngleise den Rödelstein-Weg hinauf. Man folgt der Forstpiste, die als „Verbindungsweg“ der Rheingrafenstein-Wanderroute markiert ist. Bald macht der Weg einen scharfen Linksknick, und kurz darauf, etwa nach 35 Metern, führt ein ungepflegter Forstweg nach rechts ab. Diesem bergauf etwa 50 Meter folgen, dann scharf rechts steil den Hang hinauf.
Es ist hier nur noch eine sehr vage Pfadspur erkennbar, dieser über den krautbewachsenen Felshang folgen. Sie führt rechts am Rödelstein-Hügel entlang bis zu einer ersten Felsformation. Von dort der Spur weiter zum Frauenkopf folgen, der nach einigen Metern erreicht ist. Um zu ihm zu gelangen, muss man den Hang etwas hinabsteigen. Zurück nimmt man denselben Weg, es gibt keinen anderen – außer man rutscht vom Turm steil hinab in die Rödelstein-Schlucht. Keine empfehlenswerte Variante.
Die Villa mit Gaststätte
Der „Rödelstein“-Fels wurde erstmals 1772 als „Rötelstein“ schriftlich fixiert, und das rührte wohl von der rötlichen Farbe des vulkanischen Gesteins. Um die Ecke des Felsmassivs findet sich die nach dem Rödelstein benannte Villa – ein Bauwerk mit Geschichte, über die natürlich niemand besser Bescheid weiß als der Altenbamberger Heimatforscher Karl-Ernst Laubenstein.
Ihm zu Folge wurde die Villa Rödelstein 1875 gebaut, und zwar von der Familie Schitter. Adam Schitter war Schneider, sein wichtigstes Geschäft: Militäruniformen. Hier oben entstand später noch die „Gaststätte Wilhelmshöhe“, die bis nach dem Zweiten Weltkrieg betrieben wurde. Auch Zwangsarbeiter seien hier untergebracht gewesen, so Laubenstein, und zwar im angrenzenden Saal. Die Eigentümer wechselten mehrfach. Heute wohnt dort die Witwe eines bekannten, mittlerweile verstorbenen Kreuznacher Kieferchirurgen.
Sowohl nach dem Ersten als auch nach dem Zweiten Weltkrieg nutzten die Franzosen die Villa als Sitz ihrer Kommandatur. Zuletzt bis 1950. In den 1960er-Jahren wurde die Villa von einem Berliner Oberstudienrat erworben, der hier oben sogar begann, einen Campingplatz anzulegen. Seine Tochter verkaufte das Haus Ende der 1990-er an den erwähnten Kreuznacher Arzt.
Der Altenbamberger Frauenkopf ist ein außergewöhnliches Wanderziel – kein ausgeschilderter Weg führt hin, und es ist für unsportliche Spaziergänger nicht zu empfehlen. Aber für die abenteuerlustigen Kundschafter des Nahelands ist er natürlich eine Pflicht!
Unser (kleines) Paradies
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- Der Altenbamberger Frauenkopf ist ziemlich knifflig zu erreichen. Zunächst wandert man vom Bahnhof die Waldpiste bergauf, dann über eine Felspassage rechts hinauf zum Hügelrücken des Rödelsteins. Hier ist eine kaum sichtbare Pfadspur vorhanden, der man Richtung Altenbamberg folgen kann. Nach etwa 250 Metern erreicht man die Felsen.
- GPS-Daten des Altenbamberger Frauenkopfs: 49.7869; 7.8292