Mal ganz ehrlich: Durch Martinstein fährt Otto Normalverbraucher auf der B41 eher durch, ohne groß nach links oder rechts zu schauen. Oder man blickt kurz nach rechts und wähnt sich in den 1970er-Jahren, als es solche Läden für Küchenutensilien mitten im Ort noch gab wie Sand am Meer. Man grinst angesichts der altbackenen Geschäftsdeko kurz, und schwupps, ist man schon durch. Doch stopp: Wer hier nicht anhält, verpasst etwas, nämlich einen wunderschönen, versteckten Aussichtspunkt über dem Nahetal.
Ohne Schild bergauf
Es handelt sich um einen Felssporn über dem 250-Seelen-Ort, zu dem ein Pfad führt, der aber leider dort nicht beschildert ist, wo er seinen Anfang nimmt – nämlich eben unten am Elektrogeschäft mit dem „Oranier“-Schild. Steht man vor diesem Laden, lässt man ihn rechts liegen und folgt dem bergauf führenden, gepflasterten Abzweig. Er ist nicht ausgeschildert, weder mit Straßennamen noch mit einem Wegweiser für Wanderer.
Das liegt daran, das macht ein Gespräch mit Ortsbürgermeister Edgar Pütmann deutlich, dass der Einstieg zu diesem Pano-Punkt eigentlich woanders liegt. Nämlich ein paar Meter vor dem Eissalon im Ort. Doch ist dieser Teil des Wanderwegs mittlerweile verwildert und kaum vernünftig zu laufen. Also unser Tipp: Am Elektroladen vorbei den Pflasterweg hinauf, oben nach rechts und dem dann grasigen Pfad bergauf folgen.
Mahnmal nicht drin, sondern drüber
Es kommt zunächst eine Linkskehre, dann nach etwa fünfzig Metern das Mahnmal für die Kriegsopfer des Dorfs. Auch das ist eine Kuriosität: ein Gedenkstein nicht an zentraler Stelle im Ort, sondern über ihm. Es ist aber schon hier eine wunderbare Gelegenheit, durchzuschnaufen und um übers Nahetal zu schauen. Und der Gedenkstein mahnt: „Vergiss deine Toten nicht“. Neun Martinsteiner Männer gaben ihr Leben im Ersten Weltkrieg, 21 Menschen starben im Zweiten Weltkrieg.
Vom Mahnmal führt der Weg noch gut achtzig Meter weiter, dann zweigt links der Pfad auf den Felssporn mit Bänkchen ab. Ein Schild macht klar: Es handelt sich hier um den Martinsteiner „Klotz“, ein Felsungetüm aus dem Perm, mithin über 250 Millionen Jahre alt. Magmagestein (Andesit) mischt sich hier mit dem Rotliegenden. Der Blick ist wunderbar, man schaut auch hinunter auf die fast 700 Jahre alte Kirche St. Martin.
Kapelle, Kreuz und Kirschweg
Das ist aber lange noch nicht alles: Denn von hier führt noch ein Pfad hinauf zu einer kleinen Kapelle mit Holzkreuz und Sitzbänken. Hier oben trifft man auch auf den „Weilerer Kirschweg“, über den man eine schöne Runde über den „Liesenberg“ drehen kann – das ist die offizielle Flurbezeichnung für die Martinsteiner Felsen.
Ortsbürgermeister Pütmann wandert selbst gerne, weiß auch, dass es an der einen oder anderen Stelle mit Beschilderung oder Pflege hapert. Das darf aber Freunde der Natur nicht schocken: Der Klotz über Martinstein ist definitiv ein Tipp!
Die GPS-Daten zum AussichtspunktMartinsteiner Klotz:
49.8041083, 7.5386387856