Bad Münster zum Kriegsende
Schwere Panzer im Kurpark und leichte Damen drumherum
Die Bahnbrücke bei Ebernburg weist noch heute die Einschüsse des Zweiten Weltkriegs auf.
Robert Neuber

In Bad Münster am Stein-Ebernburg finden sich noch viele Relikte des Zweiten Weltkriegs – ob der ehemalige Luftschutzbunker oder die Einschüsse an der Bahnbrücke. Oder die Bombentrichter an der Gans.

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Wegen der wichtigen Funktion, die Bad Münster als Schnittpunkt der Bahnlinien Richtung Westfront einnahm, wurde es besonders schwer bombardiert. Die alten Schwarz-Weiß-Bilder des komplett zerstörten Straßenzugs am Bahnhof und an der Bahnbrücke Richtung Bad Kreuznach sind schon oft veröffentlicht worden.

Im Hang zur Gans sind heute noch die Bombentrichter zu sehen, die bei der Bombardierung der Nahebrücke am Felseneck entstanden.
Robert Neuber

Was aber nur wenige wissen: Über den gesamten Hang des Gans-Massivs finden sich heute noch die Bombentrichter. Denn natürlich waren die Bombenabwürfe im Zweiten Weltkrieg beileibe nicht so präzise, wie das die Alliierten (und die Münsterer) gerne gehabt hätten. Und weil es die US-Piloten wegen einiger noch existenter deutscher Flaks auch ziemlich eilig hatten, ihre Bomben loszuwerden, prasselte das TNT nicht nur auf die Bahnbrücke, sondern eben auch weit drumherum. Fast alle Häuser an der Straße Richtung Bad Kreuznach wurden in Steinhaufen verwandelt.

Noch erhaltener Bombentrichter im Hang der Gans über der Bahnbrücke Bad Münster.
Robert Neuber

Die Bahnbrücke war damals übrigens viergleisig, und am 8. Oktober 1944 fand der erste schwere Angriff auf das Bauwerk statt. Zwar wurde die schwerbeschädigte Brücke zügig wieder notdürftig repariert, doch schon am 3. November erfolgte der nächste direkte Angriff auf das Bauwerk, es wurde instandgesetzt, und so warfen die Amerikaner am 26. Dezember wieder Bomben auf die Brücke. Weil die Luftabwehr unterdessen verstärkt worden war, ließen die US-Piloten die Bomben aus größerer Höhe fallen – was für eine weitere Streuung sorgte ... Rolf Schaller, der die Geschichte in seinem Buch „Brücken & Brückelcher“ erzählt, spricht davon, dass alle Gleise zerstört waren, eine Reparatur wurde auf „unbestimmte Zeit“ verschoben.

Blick aus dem Luftschutzbunker bei Ebernburg hinaus. Die vor den Bomben flüchtenden Menschen standen hier im alten Bergwerksstollen oft mit feuchten Füßen...
Robert Neuber

Es machte auch keinen großen Sinn mehr, denn schon im Januar gingen die Bombardierungen weiter, und der Bahnhofschef meldete nur noch: „Brücke nun vollständig zusammengehauen. Instandsetzungsdauer ungewiss.“ Wie Schaller berichtet, gab es dann noch Versuche, die Brücke mit KZ-Zwangsarbeitern, befehligt durch die SS, zu reparieren. 500 Häftlinge und 50 Bahnarbeiter machten sich über vier Wochen an der Brücke zu schaffen, doch die Amerikaner bombten am 21. Februar 1945 wieder alles kaputt. Noch am 13. März gab es einen Bombenabwurf, obwohl es gar nichts mehr zu zerstören gab.

Die aus diesen Bombardements entstandenen vielen Bombentrichter im Wald reihen sich tatsächlich aneinander, aber sie sind nicht das einzige noch sichtbare Relikt der Kriegsschäden. Wer an der Kuna-Aue entlangspaziert und auf die zwei in der Nahe stehenden Pfeiler der Alsenzbahn-Brücke schaut, der sieht: Der ufernahe Pfeiler ist noch übersät mit Einschüssen. Niemand hat nach dem Krieg Lust und Zeit gehabt, hier eine Verschönerungskur anzusetzen – repariert wurde 1947 und 1948, Hauptsache das Ding hielt und Autos wie Züge konnten wieder rollen. Die Brücke war ebenfalls am 26. Dezember 1944 schwer getroffen worden und war zusammengestürzt.

Der Einstieg in den Bergwerksstollen bei Ebernburg wurde zunächst als Bierkeller aufgeweitet - 40 Meter lang, vier Meter breit und 2,5 Meter hoch. Hier suchten die Bürger Schutz vor den Bomben.
Robert Neuber

Ganz in der Nähe der Brücke hinüber ins Alsenztal findet sich auch eine der Fluchtmöglichkeiten für die von den Bombenabwürfen bedrohten Menschen, nämlich der einstige Bergwerksstollen von Ebernburg. Der rund hundert Meter in den Fels führende Gang war Bestandteil der großen Bergwerksanlage rund um das Huttental. Im 19. Jahrhundert wurde der schon verlassene Stollen vom lokalen Bierbrauer Günther als Ort zur Kühlung des produzierten Biers genutzt und ausgebaut. Deswegen finden sich direkt hinter dem Eingang zwei große Räume, bevor der Gang sich in seinem typisch mittelalterlichen Ein-Mann-Format weiter in den Fels schlängelt. Der Zugang zum Stollen ist heute verschlossen, er dient natürlich den Fledermäusen als Refugium. Wir waren vor einiger Zeit mit Erlaubnis der Kreisbehörde drinnen, um einige Fotos zu knipsen.

Der Einstieg in den Bergwerksstollen in Ebernburg diente dem Bierbrauer August Günther ab 1860 als Bierkeller, im Zweiten Weltkrieg diente er als Schutzbunker.
Robert Neuber

Was geschah nun zum Ende des Krieges in Bad Münster? Dazu gibt es natürlich geschichtliche Abhandlungen, in denen vor allem die Schäden an den vielen Häusern und natürlich Hotels und Gastwirtschaften beschrieben werden. Interessant ist aber die Tatsache, dass ausgerechnet das wunderschöne Kurmittelhaus an der Nahe mit seiner großen Halle als Werkstatt diente. Hier reparierten die US-Amerikaner ihre Kettenfahrzeuge, erst 1946 wurde das Gebäude wieder den Münsterern übergeben.

Kaum vorstellbar, aber nach Kriegsende wurde das Kurmittelhaus von den Amerikanern als Werkstatt für Panzer benutzt.
Robert Neuber

Eine aus heutiger Sicht witzige Anekdote, die allerdings damals sehr bittere und grausige Hintergründe hatte: Es gab seitens der Münsterer Bürgerschaft Anfang der 1950er-Jahre massive Beschwerden über eine unerwünschte Zuwanderung, die knappe Hotel- und Wohnräume belegte. Es handelte sich um leichte Damen aus Bad Kreuznach, die in Bad Münster Quartier nahmen, um dort mit den GI-Boys geschäftliche Treffen abzuhalten. Am 13. Januar 1952 wurden bei einer Razzia 18 Frauen festgenommen ...

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