Noch 13 Tage bis zur Verhandlung des Gebrothers Herbert Gilbert gegen VW vor dem Bundesgerichtshof - Kläger ist gewappnet
„Schummeldiesel“: Beeinflusst Corona-Krise den Prozessverlauf?
VW-Kläger Herbert Gilbert in seinem heimischen Büro. Der Schriftverkehr mit den Wolfsburgern füllt einige Aktenordner. Foto: Stefan Munzlinger (Archiv)
Stefan Munzlinger

Gebroth/Karlsruhe. Corona – die weltweite Krise setzt auch Herbert Gilbert zu. „Mir ist schon ein wenig mulmig“, sagt der 65-jährige Gebrother, wenn er auf den 5. Mai blickt. Dann geht es vor dem Bundesgerichtshof Karlsruhe in einem deutschlandweit mit Spannung erwarteten Pilotprozess gegen VW um eine Entschädigung für seinen ,Schummeldiesel', einen Sharan 2,0 Liter Bluemotion (Baujahr: 2012).

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„In normalen Zeiten wären meine Chancen besser“, glaubt Gilbert, der auch Richter vom konjunkturellen Niedergang, etwa der Autoindustrie, nicht unbeeindruckt wähnt. Möglich, dass die Juristen die aktuelle wirtschaftliche Lage der Autobauer einfließen lassen in eine Entscheidung, die Strahl- und Grundsatzkraft für knapp 50.000 weitere deutsche Kläger wie Herbert Gilbert entfalten dürfte.

Einen solchen Konzern dieser noch immer stolzen deutschen Schlüsselindustrie mit seinen gut 100.000 Beschäftigten alleine im Stammland zu weiteren abermillionenschweren Zahlungen verdonnern, wenn er ohnehin schon im (angeblichen) virusbedingten Absatztief steckt?

Die Kehrseite: Gerade hat VW mit 200.000 Diesel-Eignern einen Vergleich geschlossen, zahlt an diese Halter zwischen 1350 und 6250 Euro und wendet dafür insgesamt 680 Millionen Euro auf. Die Kriegskasse der Wolfsburger, heißt es, sei prall gefüllt – nach den Rekordverkäufen der Vorjahre. 2019 setzten sie fast 10,71 Millionen Wagen ab, steigerten den Umsatz um 7 Prozent auf 252 Milliarden Euro und sind damit nach Toyota erneut größter Autobauer der Welt. Und das trotz des 2015 von drei US-Studenten enttarnten Motorsoftware-Betrugs.

Also kein Grund zur Sorge für Herbert Gilbert? Doch schon, wendet er ein, VW trete mit „absoluten Profis“ an. Das sei dem aufwendigen juristischen Schriftverkehr immer wieder zu entnehmen. Nein, dass der Konzern noch vor dem 5. Mai auf ihn zukäme und seine finanzielle Forderung begleiche, glaubt der unerschrockene Kläger aus dem Soonwald nicht mehr. Auch er hat sich, mithilfe seines Schwiegersohns Richard Henger, der ihn nach Karlsruhe begleiten wird, gewappnet und eine Potsdamer Kanzlei (Goldenstein & Partner) mit der Wahrung seiner Rechte beauftragt. Ziel: Herbert Gilbert, der von einer Rechtschutzversicherung und einem weiteren Versicherer für die Nutzungsentschädigung begleitet wird, will den Kaufpreis von 31.490 Euro samt Zinsen zurückhaben – ohne Abzug eines Nutzungsabzugs (gefordert: 5600 Euro), weil er mit dem Sharan seit 2014, dem Jahr des Kaufs, mitlerweile 73.900 Kilometer zurückgelegt hat.

Eine Tendenz, wie das Verfahren enden könnte, ist nicht zu erkennen. Sollte er unterliegen, bleibt Herbert Gilbert nur noch eines: Die Batterie des in seiner Garage abgestellten und stark wertgeminderten Sharan-Diesels laden, die Bremsen erneuern, das Fahrzeug zulassen „und es weiterfahren“.

Von unserem Redakteur Stefan Munzlinger

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