Doris Helmstädt führte über jüdischen Friedhof
Rundgang über den jüdischen Friedhof in Bad Kreuznach: Einblick in eine verborgene Welt
Doris Helmstädt erläuterte den interessierten Besuchern die Besonderheiten des jüdischen Friedhofs. Foto: Jens Fink
jens fink

Bad Kreuznach. Wie eine verwunschene, grüne Oase inmitten der Stadt wirkt der jüdische Friedhof in der Stromberger Straße. Obwohl inmitten eines Wohngebiets, ist der Gottesacker von außen kaum einsehbar und daher vielen wohl unbekannt. Dabei gehört die parkähnliche Anlage zu den größten und am besten erhaltenen jüdischen Friedhöfen in Rheinland-Pfalz. Jetzt nutzten mehr als 70 Besucher die Gelegenheit, einen Blick in diese verborgene Welt zu erhaschen.

Doris Helmstädt erläuterte den interessierten Besuchern die Besonderheiten des jüdischen Friedhofs. Foto: Jens Fink
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Sie alle waren der Einladung der „Gesundheit und Tourismus für Bad Kreuznach“ zu einem Spaziergang über den Friedhof gefolgt, dessen Besonderheiten Stadtführerin Doris Helmstädt erläuterte. Im Sinne der Totenruhe sind jüdische Friedhöfe für die Ewigkeit angelegt und ermöglichen mit ihren eben nicht abgeräumten Gräbern einen beeindruckenden Einblick in die jüdische Trauerkultur. Rund 1100 Menschen wurden auf der 1661 angelegten Begräbnisstätte bestattet.

Der trichterförmige Friedhof wurde seinerzeit außerhalb der Stadtmauern angelegt. Dies erforderte der jüdische Bestattungsritus, nach dem Begräbnisstätten mindestens 50 Ellen vor der Stadt liegen sollen, also weit weg von „unreinem“ Gelände, erläuterte Helmstädt.

Daher seien einige der heute noch erhaltenen jüdischen Friedhöfe in der Region versteckt in Wäldern zu finden. An der Mitte des 19. Jahrhunderts erbauten und 1987 restaurierten Totenhalle sind auf einer schwarzen Marmortafel die Namen der im Ersten Weltkrieg gefallenen jüdischen Soldaten aufgeführt. Daneben weist eine Gedenktafel auf die in der NS-Zeit deportierten und ermordeten Juden hin. Von den Nazis geschändet wurde dieser Friedhof aber nicht. „Ich denke, die haben den nicht gefunden“, verwies Helmstädt auf die versteckte Lage des Friedhofs.

In dessen ältesten von drei Bereichen bieten zahlreiche, meist schief stehende und oft in den Boden versunkene Grabsteine einen pittoresken Anblick. Der bewusst verwendete Sandstein stehe für die Vergänglichkeit, meinte Helmstädt. Stehen auf diesen alten Grabsteinen die Namen und Jahreszahlen ausschließlich in hebräischer Schrift, so sind im jüngeren Teil des Friedhofs bereits deutsche und hebräische Namensnennungen zu finden; jüngere Gräber weisen fast nur noch die deutschen Bezeichnungen auf.

Im mittleren Teil des Areals fallen aufwendigere Grabstellen ins Auge. Im Laufe der Zeit habe sich die schlichte Grabgestaltung gewandelt. Wohlhabendere Juden hätten sich dann prachtvollere Grabsteine stellen lassen. „Je nach Geldbeutel, wie bei den Christen“, meinte Helmstädt. Gemeinsam mit christlichen Gräbern sei auch die Aufschrift „Hier ruht in Gott“. Im jüngsten Teil des Friedhofs sind die Grabstellen auch optisch mit denen der Christen vergleichbar, obwohl hier der Grabschmuck fehlt und durch Kieselsteine oder Grabplatten ersetzt wird. Die Sitte, Steine statt Blumen auf die Gräber zu legen, sei in der orientalischen Herkunft der Juden begründet.

So müsse nach jüdischem Ritus ein Mensch binnen eines Tages beerdigt werden. Dies geschah früher in der Wüste. Um zu verhindern, dass wilde Tiere den Leichnam ausgraben, hätten die Angehörigen das Grab mit Steinen belegt. „Diese Sitte hat sich bis heute erhalten“, erläuterte Doris Helmstädt.

Von Jens Fink

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