Für den jüngeren Angeklagten, der geringfügig vorbestraft ist, beantragte die Staatsanwältin eine Jugendstrafe von vier Jahren. Er hatte sich zunächst schweigend verteidigt, im letzten Prozesstermin jedoch, entgegen dem Rat seines Rechtsanwalts, ein Geständnis abgelegt. Der mitangeklagte 19-Jährige hatte die Vorwürfe schon zu einem früheren Zeitpunkt eingeräumt. Für ihn sieht die Staatsanwältin eine Jugendstrafe von drei Jahren und acht Monaten als angemessen an. Die besondere Schwere der Schuld und schädliche Neigungen seien für beide männliche Angeklagte zu bejahen, so Fehling.
Von der Einlassung der 19-Jährigen, die wegen Beihilfe angeklagt ist, zeigte sich die Anklägerin nicht überzeugt. Die junge Frau hatte angegeben, dass sie zwar eine Vorahnung hatte, als sie zu den Angeklagten und dem Geschädigten stieß, sie will aber den Ernst der Lage nicht erkannt haben.
Zweifel an Geständnis
„Es hätte ihr klar sein müssen, dass kriminelle Handlungen laufen, spätestens als sie Angst hatte, dass ihre Großmutter die Waffe zu sehen bekommt“, erläuterte Fehling. Nicht glaubhaft ist aus ihrer Sicht auch, dass sich die 19-Jährige nichts dabei gedacht hat, als ihr einer der männlichen Angeklagten ein Bündel Geldscheine mit der Anweisung übergab, es zu verstecken. Nach Ansicht der Staatsanwältin passt außerdem nicht zusammen, dass sie keinen Argwohn geschöpft haben will, aber trotzdem die 3000 Euro ausgerechnet in ihrem BH deponierte.
Für die 19-Jährige beantragte Staatsanwältin Fehling eine Jugendstrafe nach Paragraf 27 Jugendgerichtsgesetz. Die Regelung kommt zur Anwendung, wenn nicht mit Sicherheit von schädlichen Neigungen auszugehen ist. In diesem Fall können die Richter die Schuld der Angeklagten feststellen. Die Entscheidung, ob eine Jugendstrafe verhängt wird, wird aber für eine vom Gericht zu bestimmende Bewährungszeit ausgesetzt. Lässt sich die Angeklagte in dieser Zeit nichts weiter zuschulden kommen, ist die Sache für sie erledigt.
Fehling beantragte zudem zwei Bewährungsauflagen für die 19-Jährige: Sie soll 600 Euro zahlen sowie vier Nachweise vorlegen, dass sie keine Drogen konsumiert. Dr. Eva Günther setzte in ihrem Plädoyer ein Zeichen für Versöhnung. „Wir haben keine Sekunde versucht, die Taten schlimmer zu machen“, betonte die Rechtsanwältin, die den Geschädigten als Nebenkläger in den Prozess vertritt.
Tiefer Einschnitt für das Opfer
Für den 20-Jährigen und seine Familie sei das die erste Erfahrung mit Gewalt gewesen. „Die Tat war ein tiefer Einschnitt, der sie erschüttert und traumatisiert hat. Die Aufarbeitung wird noch mehrere Jahre in Anspruch nehmen“, so Günther. „Wir wollen keine Rache, wir wollen uns alle in dieser Stadt sicher fühlen“, so die Juristin weiter. Wir haben hier lebendige junge Männer, und wir können sie auch wieder integrieren, wenn sie ihre Strafe verbüßt haben“, sagte sie mit Blick auf die Angeklagten.
Bei der Bemessung der Strafe müsse die Ausführung der Tat in jugendtypischer Manier berücksichtigt werden, betonte Rechtsanwalt Markus Cronjäger, der Wahlverteidiger des 19-Jährigen. Vieles sei planlos und ohne Absprache erfolgt, teils auch deutlich erkennbar unter Einfluss von Drogen und Alkohol. Cronjäger beantragte eine Jugendstrafe von zwei Jahren auf Bewährung. Dem schloss sich Pflichtverteidiger Axel Balzer an, der darauf hinwies, dass der 20-Jährige mehrere Chancen zur Flucht nicht genutzt hatte.
Verteidigung will Bewährungsstrafen
Rechtsanwalt Holger Ebert beantragte für den 18-Jährigen ebenfalls eine Jugendstrafe von zwei Jahren auf Bewährung. Ebert unterstrich, dass sich sein Mandant zwar spät zu einem Geständnis entschlossen hat. Diesen Schritt habe er aber aus eigenem Antrieb und gegen den ausdrücklichen Rat seines früheren Wahlverteidigers gemacht. Rechtsanwältin Vanessa Dargenio-Bennewitz sieht für ihre Mandantin eine Arbeitsauflage von 150 Stunden als angemessen an.
Die Rechtsanwälte hatten am Morgen eine Wiedergutmachungszahlung vereinbart. Insgesamt soll der 20-Jährige 12.000 Euro erhalten. In der Verhandlung wurde bereits ein Teilbetrag in bar zu Händen seiner Rechtsanwältin übergeben. Über die Höhe des Schmerzensgeldes waren sich die Anwälte nicht einig geworden. In ihrem Antrag hatte Günther die Höhe eines Schmerzensgeldes in das Ermessen des Gerichts gestellt. Der Betrag sollte aus Sicht der Nebenklagevertreterin aber 15.000 Euro nicht unterschreiten. Die Verteidiger der Angeklagten sehen dagegen ein Schmerzensgeld von 5000 Euro als angemessen an. Die Urteilsverkündung ist am Freitag, 30 August.