Kolumne „Randnotizen“ vom Chef
Priorität war gestern, jetzt wird gerangelt
Marian Ristow ist Leiter des Redaktionsverbundes Nahe, zu dem der Oeffentliche Anzeiger und die Nahe-Zeitung gehören.
Marian Ristow

Jetzt kommt die Straßenfastnacht im Kreis Bad Kreuznach. Da müssen jetzt alle durch. Die, die wollen, und die, die nicht wollen. Der, der nach dem Wahlergebnis immer noch einen Kater hat, kann gleich dafür sorgen, dass dieser nicht nachlässt.

Viele reiben sich verwundert die Augen ob des Ergebnisses der Bundestagswahl. Dabei lief doch alles wie erwartet. Man muss es sich mal mit etwas Abstand in einer stillen Stunde vor Augen führen: Da scheitert eine Regierung (die Ampel) krachend, geht in Neuwahlen, bestreitet diese mit dem exakt gleichen Spitzenpersonal und geht dann sang- und klanglos baden. Selten war mehr „Niederlage mit Ansage“ der Fall. Überraschung? Nicht wirklich. Das Süppchen dürfen sie nun selbst auslöffeln – hoffentlich ist der Löffel groß genug.

Und kaum ist gewählt, wird sich der wirklich entscheidenden Themen sofort angenommen. Wie finanziert sich die mysteriöse Geheimorganisation Foodwatch, die es sich doch tatsächlich herausnimmt, die Lebensmittelindustrie und ihre mitunter fragwürdigen Praktiken zu kritisieren? Woher kommen die Millionen, wenn nicht sogar Milliarden Euro pro Jahr, mit denen die „Omas gegen Rechts“ finanziert und zum militärischen Arm der antifaschistischen Rentnerbewegung ausgebildet werden? Sehen Sie es mir nach, wenn es hier nicht ohne Ironie und Sarkasmus geht. Statt solche Muskelspielchen zum Bestandteil von wirklich wichtigen Verhandlungen zu machen, sollte man die drängenden Probleme dieses Landes lösen – oder es zumindest mal ernst gemeint versuchen. Wenn man sich dann schon mit „Schattenstrukturen“ und irgendwelchen möglichen Finanzierungen beschäftigt, kann man in diesem Zuge sicher auch aufklären, wieso bei den Protesten der Landwirte vor rund einem Jahr gern mal brennende Galgen im Land zu sehen waren. Transparenz ist notwendig, aber bitte nicht teilweise, sondern total.

Viele fragen sich, warum die AfD entlang der Nahe – im Kreis Birkenfeld deutlicher, als im Kreis Bad Kreuznach – so stark geworden ist. Na ganz einfach. Weil sie in ganz Deutschland so stark geworden ist. Nun könnte man sich ja eine Theorie basteln, die wie folgt lautet: Die AfD und ihre Politiker leisten überall – auch im Wahlkreis 200 – solch überragende Arbeit in den Kommunalparlamenten, dass kein Weg daran vorbeiführt, diese Partei mit mehr Stimmen auszustatten. Das mag es geben, bezeugen konnte ich es bislang nicht.

Hier eine andere Idee, wie das passieren konnte: In der Suche nach einer einfachen Antwort auf die Frage, warum in den Kommunen, Verbandsgemeinden, im Land und auch im Bund vieles nicht so ist wie erwartet, greift man zu der einfachsten Antwort und wählt jemanden, der bis dato noch nichts mit Regieren zu tun hatte. Denn allzu häufig liest man von Dingen, die sich nun mal so zutragen, die einfach nicht funktionieren. Jeder, der aber etwas zum Gelingen des Ganzen beitragen möchte, ist eingeladen, mitzumachen. Nicht nur meckern und auf der Couch hängen, sondern sich selbst engagieren, ist die Devise.

So und nun wünsche ich Ihnen viel Spaß auf der Kreiznacher Narrefahrt oder auf einem der anderen Umzüge in der Region. Apropos Fastnacht. Die wird ein Problem kriegen: Wenn die Realität in Sachen Absurdidät Satire und Klamauk überholt, wird es für die Fastnacht auf diesen Bühnen schwer, noch ihre Witze zu machen.

E-Mail: marian.ristow@ rhein-zeitung.net

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