Eine leidige Posse teilte der Erste Stadtbeigeordnete und Vorsitzende des städtischen Bauausschusses, Markus Milferstedt (SPD), dem Gremium in dessen jüngster Sitzung mit. Im Februar beschwerten sich Passanten und Anwohner in der Großstraße ab Höhe der Sparkasse und Schatzkammer, dass die Beleuchtung „schon wieder“ getauscht wurde, obwohl sie zuvor erst durch den beauftragten Meisterbetrieb, Elektrotechnik Will aus Bockenau, auf LED umgerüstet und ertüchtigt wurde. Zudem gab es Kritik, dass die neuen Leuchten zu dunkel seien. Großes Rätselraten – niemandem in der Verwaltung war der Verursacher bekannt.
Am 14. Februar wurde Stadtchef Roland Ruegenberg von der VG-Verwaltung vorsorglich informiert, dass dort die Verkehrssicherheit seitens der Stadt gewährleistet sein muss und die Verwaltung jegliche Haftungs- und Schadensansprüche ablehnt. Elf Tage später teilte Ruegenberg in der städtischen Beigeordnetenrunde mit, dass in der Großstraße eine „Teststrecke für die Straßenbeleuchtung“, teils mit geringer Wattzahl, installiert wurde.
Verkehrssicherheit hat Priorität
Auf Nachfrage von Milferstedt, der alle Vorgänge ausführlich in einem Protokoll dokumentiert hat, berichtete Ruegenberg ihm dann am 4. März, dass er und sein Sohn die Straßenbeleuchtung getauscht hätten, um der Stadt Kosten zu sparen. Ruegenberg übernehme als Stadtchef persönlich die Haftung, sagte er Milferstedt. Nachfragen bei der Firma Will ergaben laut Milferstedt, dass dabei „billige Leuchtmittel aus dem Baumarkt verwendet wurden, die für den öffentlichen Raum nicht zugelassen sind“. Außerdem dürften elektrische Anlagen und Betriebsmittel nur von einer Elektrofachkraft verbaut und gewartet werden – die Verkehrssicherheit habe vor der Kosteneinsparung Priorität.
Milferstedt betonte, er sei für diesen Geschäftsbereich und die Infrastruktur der Stadt zuständig. Über die Verbandsgemeinde beauftragte er daher die Firma Will, den ursprünglichen Zustand wieder herzustellen und die Arbeit dem Stadtbürgermeister privat in Rechnung zu stellen. Quasi über Nacht waren dann die ursprünglichen Leuchtmittel wieder in den Straßenlampen montiert.
Milferstedt ist von Ruegenberg genervt
Der studierte Betriebswirt und gelernte Industriekaufmann Milferstedt verbringt nach eigenen Angaben viel Zeit mit solchen Eskapaden und unsachgemäßen Einwänden des Stadtchefs, wie der 57-Jährige berichtete. „Ich informiere ihn, tausche mich mit ihm aus und stimme mich ab, aber er macht alles umgekehrt“, konkretisierte Milferstedt genervt auf Nachfrage im Gespräch mit dieser Zeitung. In den Amtsstuben im Rathaus sei häufig Kopfschütteln allgemeiner Tenor, und die Feststellung, dass Ruegenberg beratungsresistent sei, berichtete er.
Ruegenberg: Verwaltung und Elektrofirma informiert
Roland Ruegenberg sieht die Dinge anders. Der Stadtbürgermeister bestätigt auf Anfrage dieser Zeitung, dass die Laternen in der Großstraße vorübergehend umgerüstet wurden. Mehrere Bürger seien bereit gewesen, die Leuchtmittel versuchsweise auf eigene Kosten gegen effizientere und weniger helle auszutauschen, teilte er mit. „Nach Information an die Verwaltung und die Elektrofirma, die regelmäßig die Wartung macht, habe ich der versuchsweisen Umrüstung mit der Verpflichtung zum Rückbau zugestimmt“, schilderte er den Ablauf aus seiner Sicht.
Dabei seien drei Lichtstrecken von jeweils zehn Laternen entstanden, die verschiedene Helligkeiten darstellen. Allein in diesem Straßenabschnitt gehe es um mögliche Einsparungen von 3000 Euro pro Jahr. Zudem seien die zuletzt neu installierten LED-Leuchtmittel mit 4000 Lumen Lichtleistung dreimal heller als für die bewährte Lichtstärke erforderlich und einige Bürger hätten sich über deren Blendwirkung beschwert.
„Ehrenamtliche“ Aktion
„Sparsame LEDs brauchen heute etwa 6 Watt/1000 Lumen (Lichtleistung). Es gibt aber auch erheblich weniger effiziente Leuchtmittel. Die Elektriker raten häufig zu Hochleistungs-LED, die zwar heller sind aber auch sehr viel mehr Strom verbrauchen als Hocheffizienz-LED“, so Ruegenberg. Daher habe er als Stadtbürgermeister im September 2024 eine entsprechende Richtlinie für den zukünftigen Ersatz von Leuchtmitteln an die Verwaltung gegeben. „Diese Regeln dienen dazu, wirtschaftlich die Verkehrssicherheit zu gewährleisten.“ Die getesteten Leuchtmittel in der Großstraße entsprächen seiner Richtlinie. Er gibt an, dass die Beigeordneten bei einer Begehung einhellig die mittlere Helligkeit favorisiert hätten, die in etwa der Helligkeit des Originals entspreche. Die fast 50 Jahre alten Laternen der Großstraße waren nach seinen Angaben ursprünglich mit etwa 1500 Lumen Lichtleistung ausgestattet.
„Um eine emotionale Eskalation, insbesondere gegen die engagierten Bürger, zu vermeiden, bat ich um den Rücktausch.“
Stadtbürgermeister Roland Ruegenberg
„Die Verunsicherung aus der vermeintlichen Zulassungspflicht konnte ich, obwohl ich in meinem Berufsleben bereits Leuchten entwickelt und geprüft habe, nicht vollständig ausräumen. Um eine emotionale Eskalation, insbesondere gegen die engagierten Bürger, zu vermeiden, bat ich um den Rücktausch. Ich bedaure, dass in der Stadt nicht möglich ist, wofür sachverständige Bürger in den Nachbardörfern Lob und Anerkennung ernten. Dennoch werde ich mich weiterhin für ehrenamtliche Lösungen einsetzen. An Ideen und Sachkenntnis mangelt es nicht. Nur mit der Beteiligung der Bürger wird es möglich sein, den lebenswerten Charakter der Stadt zu Glanz zu verhelfen.“
Verwaltung: Definitiv vorab nicht informiert
Ruegenbergs Angaben, die Verwaltung über die geplante Umrüstung der Leuchtmittel in der Großstraße informiert zu haben, widerspricht unterdessen die Verbandsgemeinde Nahe-Glan. „Die Verwaltung, und hier speziell die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus Fachbereich 3 (Bauen), wussten vor der Leuchtmittel-Tauschaktion durch Herrn Ruegenberg definitiv im Vorfeld nichts“, sagte Bürgermeister Uwe Engelmann (SPD) auf Anfrage unserer Zeitung.