Bei der Podiumsdiskussion der VHS Soonwald in Münchwald war dazu keine Annäherung zwischen zwei grundsätzlichen Anschauungen möglich
Podiumsdiskussion der VHS Soonwald: Wie viele Windräder sind genug?
Windräder bei Daubach – so sah sie eine am Computer erstellte Animation von 2013. Zwar sind aktuell statt der zehn „nur“ sieben Windräder im vorbereitenden Bau, bei den Bürgern des Soonwaldes sind und bleiben die Räder in Dorfnähe allerdings umstritten.
Animation / privat

Zwei gegensätzliche Strömungen prägten die Podiumsdiskussion der VHS Soonwald in der Hubertushalle in Münchwald zum Thema „Windkraft in der Nahe-Glan-Region“. Eine Annäherung zwischen den beiden grundsätzlichen Haltungen, die wie eine unsichtbare Trennlinie zwischen den rund 130 Besuchern verlief, erwies sich als schwierig.

Windräder bei Daubach – so sah sie eine am Computer erstellte Animation von 2013. Zwar sind aktuell statt der zehn „nur“ sieben Windräder im vorbereitenden Bau, bei den Bürgern des Soonwaldes sind und bleiben die Räder in Dorfnähe allerdings umstritten.
Animation / privat

Auch wenn manche Aussage je nach Sichtweise mit Beifall oder Buhrufen bedacht wurde, verlief die Debatte bis auf wenige Ausnahmen wohltuend sachlich. Die eine Sichtweise repräsentierten die Vertreter der Initiative Soonwald, für die Dr. Michael Altmoos auf dem Podium saß. Man sei nicht gegen Windenergie, „aber es kommt auf das Maß an. Es geht nicht um das Ob, sondern um das Wie“, betonte der Biologe aus Odernheim. Die Region habe die 2-Prozent-Vorgabe längst erfüllt. Jetzt aber sollen in den drei Verbandsgemeinden Nahe-Glan, Rüdesheim und Kirn-Land noch 16 bis 17 Flächen mit mehr als 100 Windrädern dazukommen. „Und das ist noch defensiv gerechnet“, fügte Altmoos hinzu. „Das ist viel zu viel“, bilanzierte er im Namen der Initiative.

Repowering allein reicht nicht

Auf der anderen Seite postulierten Christoph Benze (Winzenheim), Sprecher der Kreis-Grünen, und Sabrina Meuris von der Fridays-for-Future-Bewegung als Vertreterin der jungen Generation, dass der Klimawandel eine riesige Kraftanstrengung erfordere: „Wir müssen raus aus den fossilen Energien Öl und Gas. Dafür brauchen wir deutlich mehr Fotovoltaik – und das so schnell wie möglich.“ Es gebe dazu keine Alternative, um die Erderwärmung zu begrenzen.

Wir müssen weg von den fossilen Energien – und das möglichst schnell.

Es gebe keine Alternative zu mehr Fotovoltaik und Windrädern, betonte Christoph Benze, Sprecher des Kreisverbandes der Grünen.

Diesem höheren Ziel müsse alles andere untergeordnet werden. Es habe absolute Priorität gegenüber jeglichen regionalen Bedenken und Interessen, so der Tenor. Für Einwände und Kompromisse war da kein Platz: „In den vergangenen 20 Jahren ist so gut wie nichts passiert. Wir haben die Verpflichtung, jetzt alles zu tun“, meinte der Vertreter der Grünen. Energieeinsparung, eine echte Verkehrswende, zu der auch ein Tempolimit gehöre: Alles sei willkommen. „Es geht dabei nicht um ein Entweder-Oder, sondern immer um ein Sowohl-als-auch.“

Repowering allein, also die Aufrüstung bereits bestehender Anlagen, reiche in Sachen Windenergie nicht aus. Eine Zuhörerin aus dem Publikum pflichtete dem bei: „Ich freue mich über jedes zusätzliche Windrad, das irgendwo aufgestellt wird.“ Eine andere wies darauf hin, „dass wir die letzte Generation sind, die noch etwas gegen den Klimawandel tun kann“. Sie mokierte sich darüber, „dass jene, die für den Klimawandel verantwortlich sind, jetzt auch noch darüber entscheiden wollen, ob mehr Windräder aufgestellt werden sollen“.

Altmoos: Projektierer ziehen übers Land

Auch für Fauna und Flora gebe es keine größere Bedrohung als den Klimawandel, unterstrich Sabrina Meuris. Sie plädierte dafür, lokale Energiegenossenschaften zu gründen statt gegen Windräder zu kämpfen, damit die Erlöse in der Region bleiben und nicht in die Kassen von Konzernen fließen. Damit könne man beispielsweise auch in den Tourismus investieren, meinte die 24-Jährige aus Guldental, die Mathematik und Chemie in Köln studiert, mit Blick auf die attraktive Geierlay-Hängeseilbrücke bei Mörsdorf. Aber insbesondere der Qualitätstourismus, der an der Nahe eine große Rolle spiele, leide unter einer Ballung an Windrädern, warf Michael Altmoos ein.

Wir müssen uns bewusst machen, was wir damit kaputt machen.

Dr. Michael Altmoos warnte unter anderem vor einer Zerstörung des Landschaftsbildes durch eine Ballung von Windrädern.

Sie sitze als Vertreterin der Genehmigungsbehörde Kreisverwaltung auf dem Podium, verdeutlichte Landrätin Bettina Dickes ihre Rolle an diesem Abend. Sie bekundete aber ihr Verständnis für die Sorgen der Initiative Soonwald. „Auch der Wald ist für das Klima von entscheidender Bedeutung“, gab die Landrätin zu bedenken. Christoph Benze wies postwendend darauf hin, dass eine Windkraftanlage 2500 Tonnen Kohlendioxid einspare, ein Hektar Wald aber nur zehn Tonnen.

Der Landkreis baue und plane keine Windräder, sondern müsse entscheiden, ob sie nach den gesetzlichen Vorgaben genehmigt werden können, erläuterte Dickes. Die Kernzonen der Naturparke, also auch des Naturparks Soonwald-Nahe, seien nach den aktuellen Richtlinien für Windräder tabu. Die Landrätin machte aber darauf aufmerksam, dass der Entscheidungsprozess auf die Ebene der Struktur- und Genehmigungsdirektion (SGD), die frühere Bezirksregierung, verlagert werden soll, um die Genehmigungsverfahren zu beschleunigen. Sie warf die Frage auf, „wie wir uns die Energiewende in unserer Heimat vorstellen können“.

Die Initiative Soonwald hatte eigens für diesen Abend eine Übersichtskarte mit den bisherigen und den geplanten Windradstandorten erstellt. Diese wurde eingangs per Beamer an die Wand projiziert und zudem als Flyer an alle Besucher verteilt. „Wir müssen uns bewusst machen, was wir damit kaputt machen“, betonte Michael Altmoos. Es könne nicht sein, dass es nur noch darum gehe, möglichst viele Windräder zu platzieren. Zurzeit ziehen nach seinen Worten die Projektierer der Windkraftbetreiber übers Land, um Vertreter der Kommunen und Privatleute zu ködern. „In Waldgebieten darf es keine Windräder geben“, forderte Georg Kiltz, der Vorsitzende der Initiative Soonwald.

Initiative fordert einen Masterplan

Sabrina Meuris warnte davor, Stadt und Land gegeneinander auszuspielen. „Alle müssen ihren Beitrag leisten.“ Nach Meinung von Bettina Dickes wird allerdings der ländliche Raum in vielen Debatten „tatsächlich benachteiligt“. Eine Zuhörerin kritisierte, dass das Land die Steuerung, wo Windräder aufgestellt werden sollen, vor einigen Jahren an die kommunale Ebene delegiert habe. Die aber sei damit meist überfordert, weil für manche finanziell klamme Ortsgemeinde die Pachteinnahmen absoluten Vorrang haben.

Ich glaube nicht, dass Windräder lauter sind als der Verkehrslärm auf der Hauptstraße in Nußbaum.

Elke Kiltz (Nußbaum) von den Grünen zu einem Argument gegen Windräder.

„Wir haben es verdient, dass wir als betroffene Bürger am Entscheidungsprozess beteiligt werden“, forderte Monika Kirschner, Sprecherin der Initiative Soonwald. Sie sprach sich dafür aus, jetzt erst einmal innezuhalten und einen Masterplan für eine Energiewende zu erstellen, der alle Optionen berücksichtige. „Wie kann ich mitreden und mich beteiligen?“, fragte auch eine Besucherin. Über den Windpark, der zurzeit in Alt-Pferdsfeld entsteht, sei sie noch nicht einmal informiert worden, obwohl sie dort ein Grundstück besitze.

Zu kurz kam bei der zweieinhalbstündigen Diskussion mit vielen Beiträgen aus dem Publikum letztlich die Frage, welche Perspektiven sich jetzt konkret für die Region ergeben. „Das kann nur ein Anfang gewesen sein“, meinte Moderator Michael Herrmann-Langhans. Die Initiative will jetzt auf jeden Fall das Gespräch mit Uwe Engelmann, Bürgermeister der VG Nahe-Glan, suchen. Außerdem will sie das Angebot von Landrätin Dickes an die Versammlung, sich in den demnächst anlaufenden Prozess zur Kreisentwicklung einzubringen, annehmen. Dort will sich Monika Kirschner dann dafür einsetzen, dass das Modell Gesundheitsregion weiter entwickelt und geschärft wird.

Mehr als 1350 Unterstützer haben bisher die Petition der Initiative Soonwald unterschrieben

Nach der Podiumsdiskussion sammelte das Ehepaar Langhans von der VHS Soonwald für die Kriegsopfer in der Ukraine: 450 Euro kamen dabei zusammen.

Mehr als 1350 Unterstützer haben inzwischen die Petition der Initiative Soonwald unterschrieben, die sich gegen den „ungezügelten“ Ausbau der Windenergie in der Soonwald-, Nahe- und Glanregion wendet. Der Verein fordert stattdessen eine grundsätzliche, breite Diskussion über die Zukunftsperspektiven, die in einen Masterplan münden müsse. Die Initiative plädiert für eine Bürgerenergiewende, statt einfach nur immer mehr Windräder aufzustellen.

Zudem habe die Region die bundesweite Vorgabe, 2 Prozent der Eignungsflächen für Windräder zur Verfügung zu stellen, längst erfüllt. Würden die Pläne in der Verbandsgemeinde Nahe-Glan umgesetzt, wären dort rund 6 Prozent mit Rotoren belegt. Damit würde das Landschaftsbild erheblich verändert, kritisiert die Initiative Soonwald.

Einen Anlass zum Feiern gibt's für sie am morgigen Dienstag, 22. März: Dann wird um 11 Uhr die neue Rundumbank an der Dorflinde in Alt-Pferdsfeld eingeweiht. Interessierte sind willkommen. Das Datum ist nicht zufällig gewählt: Am 22. März 1897, also vor 125 Jahren, wurde die Linde zu Ehren Kaiser Wilhelms I. gepflanzt. Nähere Informationen gibt es im Internet unter www.soonwald.de. Dort ist auch die Petition zu finden.

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