Ab der nächsten Woche soll es nicht mehr möglich sein, von der Panzerstraße kommend nach Bad Kreuznach einzufahren. In diesem Bereich soll die Rheingrafenstraße zu einer „unechten“ Einbahnstraße werden. Das bedeutet, dass Busse und Räder nach wie vor einfahren dürfen, Autos aber nicht. Stadtauswärts soll sich nichts ändern. Das Brisante: Wer das entschieden hat, ist unklar. Ein politisches Gremium war an dieser Entscheidung nicht beteiligt.
Nach Informationen des „Oeffentlichen“ hat Oberbürgermeisterin Heike Kaster-Meurer das Vorhaben auch gegen Einwände von den Ämtern für Stadtplanung und der Verkehrsbehörde durchgesetzt. Wie die Stadtverwaltung in einer Pressemeldung bekannt gab, reagiere man damit auf die „Forderungen der Bürgerinitiative Rheingrafenstraße“. Ein halbes Jahr lang wolle man diese neue Verkehrsführung testen.
Kritik gibt es für dieses Ansinnen und Vorgehen reichlich. Die CDU-Stadtratsfraktion hat einen umfassenden Fragenkatalog vorgelegt und will das Thema in der nächsten Stadtratssitzung besprechen. Im Kern des Interesses: „Warum wurde die Einfahrtsperre mit allem, was daran hängt, nicht im Planungsausschuss vorgestellt?“ Auch will Fraktionschef Manfred Rapp wissen, warum es keine „gemeinsame Verkehrsschau“ gegeben habe. Warum Tierheim und Jugendherberge nicht im Vorfeld in Kenntnis gesetzt wurden, will die CDU auch erfragen. „Ohne jeden Zweifel wird die von der Stadtverwaltung angekündigte Maßnahme zu einer Mehrbelastung in der Alzeyer Straße führen. Deren Aufnahmefähigkeit ist erschöpft, wie im Zusammenhang mit dem Bauprojekt Humperdinckpark hinreichend erörtert wurde. Aus welchen Gründen glaubt die Stadtverwaltung, eine weitere Belastung der Alzeyer Straße verantworten zu können?“, so Rapp weiter.
Auch die SPD sieht den Alleingang in Sachen Verkehr kritisch. „Wir wollen uns mit der Bürgerinitiative vor Ort dazu besprechen“, kündigt der Fraktionschef Holger Grumbach an. Er bemängelt weiter: „Ich hätte das gern mal in einem Ausschuss diskutiert. Es wäre sehr wohl möglich gewesen, das vorher in irgendeiner Form zu thematisieren.“
Mit harten und deutlichen Worten kommentiert Wilhelm Zimmerlin von der Fraktionsgemeinschaft FWG/Büfep die Angelegenheit. „Die Sperrung der Einfahrt in die Rheingrafenstraße ist eine konzeptionslose und undemokratische Hauruckaktion“, erklärt er und fügt hinzu: „Ich fordere seit langem ein Verkehrskonzept für den Kreuznacher Süden, um die zweifellos stark wachsende Verkehrsbelastung zu reduzieren.“ Was die Verwaltung jetzt dort „abziehe“, gehe so nicht. Ein Konzept beinhalte, dass nicht Einzelinteressen bedient, sondern die Interessen des gesamten Stadtviertels einbezogen würden.
„Diese Nacht- und Nebelaktion darf nicht gestartet werden, bevor sich die betroffene Bürgerschaft und die demokratischen Gremien mit dieser Frage eingehend befasst haben. Ich erwarte von der Oberbürgermeisterin, dass sie den Stadtrat und die Öffentlichkeit zunächst umfassend informiert und dann einen demokratisch legitimierten Entscheidungsprozess in die Wege leitet“, so Zimmerlin.
In einem offiziellen Brief an Oberbürgermeisterin Heike Kaster-Meurer übt auch die FDP deutliche Kritik. Wie schon bei den Pop-up-Radwegen in der Gensinger Straße wundere man sich über eine gleich solch gravierende Anordnung. „Gravierend deswegen, weil Sie noch nicht einmal den Anliegerverkehr zulassen. Liegt es wirklich im Sinne der Stadt, dass beispielsweise der landwirtschaftliche Verkehr und andere Anlieger erst durch die Stadt fahren müssen, um an ihre Grundstücke zu gelangen?“, fragt man die OB.
Man habe Rückmeldungen von Anliegern bekommen, die nicht mit dieser Regelung einverstanden seien. Die FDP sieht ein Demokratiedefizit. „Wir sind verwundert, dass beide Maßnahmen ohne Einbindung der politischen Gremien angeordnet wurden und somit die Bürger vor vollendete Tatsachen gestellt wurden.“